Mülheim. DLRG und Mülheimer Vereine arbeiten am Limit, doch die Wartelisten für Schwimmkurse werden immer länger. Wie versucht wird, gegenzusteuern.

Die Mülheimer Schwimmvereine arbeiten am Limit, um eine Generation von Nichtschwimmern zu verhindern, doch die Wartelisten für Schwimmkurse werden immer länger. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) appelliert auch an die Eltern. Derweil gibt es neue Unterstützung für die Grundschulen.

„Unserer Ansicht nach ist die Situation immer noch dramatisch“, sagt Frauke Jerabeck, Bezirksleiterin bei der DLRG. 500 Kinder stehen aktuell bei ihr auf der Warteliste. Eine solche Warteliste gab es schon immer, seit der Pandemie hat sich die Zahl der Wartenden aber fast verdoppelt.

Mülheimer DLRG appelliert an die Eltern

Statistik: Mindestens 245 Menschen ertrunken

In Deutschlands Gewässern sind bis zum Ende des Sommers laut DLRG mindestens 245 Menschen ertrunken. Zwischen Jahresbeginn und Ende August kamen 82 Menschen weniger im Wasser ums Leben als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das sei vor allem auf den sonnenarmen und kühleren August zurückzuführen.

Die meisten Unfälle ereigneten sich an ungesicherten Gewässern. 183 Menschen starben allein in Seen und Flüssen. Gestiegen ist die Zahl der Todesfälle auch in den deutschen Küstengewässern: 18 Menschen verloren in der Ostsee ihr Leben, sieben in der Nordsee. Ferner ertranken Menschen in Schwimmbädern (4), Kanälen (11), Teichen (9), Bächen (4), privaten Pools (2), Gräben (2), Hafenbecken (1) und sonstigen Gewässern wie zum Beispiel Rückhaltebecken (4).

Aktuell führt die DLRG drei Kurse parallel mit jeweils fünf bis acht Kindern im Lehrschwimmbecken des Südbads oder im Teil des Nordbads, der mit einem Hubboden ausgestattet ist, durch.

Dass ein so großer Teil des Nachwuchses noch nicht schwimmen kann, führt die DLRG-Leiterin auch auf veränderte Gepflogenheiten in der Gesellschaft zurück. „Früher sind die Eltern oft mit den Kindern ins Schwimmbad oder an den See gegangen. Heute überlassen uns und den Vereinen viele die Schwimmausbildung. Dafür sind wir ja auch da und wir machen es gerne, aber man darf eben keine Wunder erwarten“, sagt Jerabeck.

Kinder sollen sich früh an das Wasser gewöhnen

Sie wünscht sich, dass Eltern mit ihren Kindern wieder viel öfter gemeinsam ins Wasser gehen. „Anfängerschwimmen beginnt mit der Wassergewöhnung. Wir haben in unseren Kursen viele Kinder, die zum ersten Mal ein Schwimmbad von innen sehen", erklärt Jerabeck.

Die Expertin rät darüber hinaus, sich möglichst früh mit der Schwimmausbildung zu befassen: „Will man sicher sein, dass das Kind zu Schulbeginn schwimmen kann, sollte man sich frühzeitig um einen Platz kümmern.“ Für Eltern, die sich drei Monate vor Schuljahresbeginn mit einer falschen Erwartungshaltung melden, hat Jerabeck kein Verständnis.

Kürzerer Rhythmus der Schwimmkurse, um mehr Kinder aufzunehmen

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Auch die Mülheimer Schwimmvereine ASC, TSV Viktoria und Wassersportfreunde arbeiten am Limit. „Ohne die Vereine geht es nicht. Alle haben sich auf die Fahne geschrieben, die zur Verfügung stehenden Zeiten für die Schwimmausbildung zu nutzen“, sagt Andreas Wildoer, Geschäftsführer der SWiMH. Beim ASC wurde extra die Zeit von 45 auf 30 Minuten verkürzt, um mehr Nichtschwimmer unterzukriegen.

Als wirklich sichere Schwimmerin oder sicherer Schwimmer gilt bisher nur, wer das Bronze-Abzeichen abgelegt hat. Das Seepferdchen reicht nicht aus. Der Mülheimer Sportservice hat daher zum Schuljahr 2014/2015 das „Flotte Flosse“-Abzeichen eingeführt, um die Lücke zwischen dem vergleichsweise leicht zu erringenden Seepferdchen und dem deutlich anspruchsvolleren Bronzeabzeichen zu schließen. Zum neuen Lernjahr wird in NRW flächendeckend ein vierstufiger Schwimmpass mit dem gleichen Ziel eingeführt. Die vierte Stufe entspricht dabei dem bronzenen Abzeichen.

17 neue Schwimmassistenten unterstützen die Schulen

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Mit Hilfe des Projekts „Flotte Flosse“ wird der Schwimmunterricht an den 22 Mülheimer Grundschulen durch bis zu zwei Übungsleiterinnen oder Übungsleiter aus den Vereinen bereichert, die sich um die Nichtschwimmerkinder kümmern. Seit 2018 wurde das Projekt „Schwimm mit!“ auch für die weiterführenden Schulen eingeführt. „In diesem Jahr hatten wir auch Anfragen von Gymnasien, wo es sonst nur Haupt- und Realschulen waren“, sagt Annette Michels vom MSS. Vor dem Schulwechsel sei offenbar die Schwimmausbildung auf der Strecke geblieben.

Um die Vereine zu entlasten, wurden am Ende der Herbstferien 17 neue Schwimmassistentinnen und -assistenten ausgebildet, die künftig beim Schulunterricht mit ins Wasser gehen sollen. „Sie haben auch eine Rettungsprüfung bei der DLRG absolviert“, erläutert Michels. Bei genügend Interessenten ist eine Wiederholung im Frühjahr angedacht. Ein ähnliches Projekt hat nun auch der Essener Sportbund ins Leben gerufen.

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