Mülheim. Seit Jahren stehen hunderte Mülheimer Kinder auf Wartelisten für Schwimmkurse. Corona verschärft das Problem – auch wenn bald Kurse starten.
Es sind Schreckensnachrichten, die immer wieder erschüttern: wenn Kinder ertrinken. Ein Fünfjähriger im südhessischen Rhein, eine Vierjährige in einem Bach in Oberbayern, eine Elfjährige im Kreis Heinsberg – sie starben in den vergangenen Wochen im Wasser. Immer weniger Kinder können schwimmen, ein Problem, das überall herrscht, aber in Mülheim wegen der geringen Wasserfläche besonders brisant ist. Corona verschärft diesen Notstand noch einmal immens.
Auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) erleben an der Ruhr immer wieder Situationen, in denen Kleinkinder zu nah am Wasser spielen, die Eltern weit entfernt sind auf der Wiese. Ohnehin ist das Baden in der Ruhr nicht erlaubt, aber für Kinder, die nicht schwimmen können, kann das Spielen am Uferrand zur Lebensgefahr werden.
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Hunderte Mülheimer Kinder auf Warteliste für Schwimmkurse
Bezirksleiterin Frauke Jerabeck sieht die Entwicklung sich dramatisch verschlechtern. Schon vor knapp einem Jahr haben Eltern bis zu zwei Jahre auf einen Schwimmkurs gewartet, nun werden die Listen immer länger. „Die Anfragen sind weiter reingekommen, aber keine Kinder sind runter von den Listen.“ 275 Kinder warten derzeit auf einen Schwimmkurs der DLRG, hinzu kommen 25 erwachsene Nichtschwimmer sowie zehn, die einen Kurs zwar vor Corona begonnen haben, aber noch lange nicht fertig sind.
Überhaupt ist das ein Problem: All diejenigen, die vor Corona im Schwimmkurs waren, sind nun meist monatelang nicht im Wasser gewesen. Selbst Kinder, die das Seepferdchen haben, müssen eventuell noch einmal neu herangeführt werden.
Martina Grees, die die Ausbildung beim Amateur Sport Club (ASC), dem größten Mülheimer Schwimmverein, koordiniert, sagt: „Das ist eine Katastrophe. Seit März ist Stillstand.“ Im Herbst 2019 standen 235 Kinder auf der Warteliste, nun sind es rund 250. Die Zahl sei deshalb nicht noch mehr in die Höhe geschnellt, weil der Verein im Dezember/Januar sehr viele Kinder annehmen konnte.
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Corona-Verordnung: Kleinere Gruppen in den Schwimmkursen
Doch nun werde es noch lange dauern, bis überhaupt neue Kinder aufgenommen werden können. „Wir fangen wieder von vorne an“, sagt Martina Grees. Sobald der Unterricht wieder starten kann, müssen erst die Kinder wieder versorgt werden, die bereits vor März im Kurs waren. „Und ich weiß nicht mal, ob ich alle unterkriege.“
Noch ist nicht klar, wie genau der Schwimmunterricht laufen kann. Sicher aber ist, dass es kleinere Gruppen geben wird als zuvor. Ebenfalls fest steht: Ohne Körperkontakt kann kein Nichtschwimmer unterrichtet werden. Da ohnehin in Mülheim die Wasserfläche knapp ist, noch dazu immer wieder Übungsleiter fehlen, spitzt sich die Situation immer weiter zu. Die DLRG setzt sich deshalb für den Bau eines neuen Schwimmbades links der Ruhr ein, der immer wieder verschoben wurde. Das baufällige Friedrich-Wennmann-Bad, das Süd- und das Rembergbad reichen nicht aus, um dem Bedarf gerecht zu werden.
Mülheimer Bäderchef entwickelt Konzept für Schwimmunterricht
Das sagt auch Andreas Wildoer, Geschäftsführer der Schwimm- und Wassersport in Mülheim GmbH (SwiMH). „Mir blutet als Betreiber das Herz.“ Noch dazu ist das Nordbad seit März geschlossen. Anhand der neuesten Coronaschutzverordnung, laut der Schwimmunterricht theoretisch wieder möglich ist, wird Wildoer nun ein Konzept erarbeiten, wie die Kurse wieder starten können. Das muss dann vom Gesundheitsamt abgenommen werden.
Martina Grees darf, so kalkuliert sie es nach den aktuellen Regeln, zwölf Personen inklusive Übungsleiter ins Südbad lassen, 20 Kinder plus Betreuer ins Rembergbad – das ist nur die Hälfte von dem, was sonst möglich ist. Neue Interessierte wird sie noch eine Weile vertrösten müssen: „Es bringt nichts, 300 Kinder auf die Warteliste zu nehmen.“