Mülheim. Weil sich Bürger von alkoholisierten Menschen am Hauptbahnhof belästigt fühlen sollen, ließ die SPD ein Verbot prüfen. Das antwortet die Stadt.

Ein Alkoholverbot im Umfeld des Mülheimer Hauptbahnhofs wird es aller Voraussicht nach nicht geben. Ein solches hatte jüngst die SPD zur Prüfung bei der Stadtverwaltung angefragt. Denn im Umfeld des Nordausgangs sollen sich Bürgerinnen und Bürger von alkoholisierten Menschen „belästigt“ fühlen. Die Verwaltung begründete in der Bezirksvertretung 1 ihre ablehnende Haltung.

Während der starken Corona-Beschränkungen im Herbst 2020 bis zum Jahresbeginn 2021 war es noch kein Problem, das Bierchen in aller Öffentlichkeit zusammen mit Verweilen an öffentlichen Plätzen zu verbieten. Auch in Mülheim galt ein Alkoholverbot in der Öffentlichkeit von 22 bis 6 Uhr. Vorübergehend, denn bald schon war das Verbot zum Infektionsschutz aus der Liste der Landesmaßnahmen gestrichen. Ebenso hoben verschiedene Städte wie Düsseldorf Verweil- und Alkoholverbote wieder auf, sobald die Inzidenzen und die Gefahrenlage es zuließen.

Warum Alkoholtrinken in der Öffentlichkeit kaum zu verbieten ist

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Doch grundsätzlich kann die Stadt ein Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen nur aus triftigen Gründen verordnen, machte Petra Hasenjäger vom Ordnungsamt unmissverständlich deutlich. Und zwar nur dann, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Gefahr sind. „Der Alkoholgenuss an sich stellt jedoch keine abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar“, beurteilte Hasenjäger.

Zumindest seien bislang am Hauptbahnhof kaum Straftaten bekannt, die im Zusammenhang mit Alkohol stünden. So können das Ordnungsamt und die Polizei nur in konkreten Einzelfällen einschreiten, wenn Bürger von alkoholisierten Mitbürgern angepöbelt und belästigt würden. Oder wenn sie in der Öffentlichkeit urinierten.

Wie Herzogenrath es dennoch geschafft hat, ein Alkoholverbot durchzusetzen

SPD reagiert auf Kritik

SPD-Fraktionssprecherin Laura Libera widerspricht der Kritik der Partei: „Wir wollten ein generelles Alkoholverbot nicht aktiv durchsetzen, sondern die Voraussetzungen konkret abstecken.“ Dabei sei es wichtig „zu verifizieren, ob die an uns herangetragenen Verstöße am Bahnhof Einzelfälle sind oder dies ein allgemeines Bild ist“.

Fazit der Genossen: „Es sind Einzelfälle, weshalb es natürlich weiterhin wichtig ist, die Angelegenheit zu beobachten.“ Definitiv seien keine Voraussetzungen für ein allgemeines Alkoholverbot um den Hauptbahnhof gegeben.

Libera merkt aber zur geäußerten Kritik an: „Es ist interessant, wie Menschen, die nicht davon betroffen sind, mir beziehungsweise anderen jungen Frauen erklären wollen, ob wir uns sicher bzw. gefährdet im Bereich des Hauptbahnhofs fühlen. Wir, beziehungsweise viele junge Frauen, fühlen uns nicht sicher in diesem Bereich; und über dieses Gefühl lässt sich nicht diskutieren, denn es ist schlicht ein Fakt. Es wäre erfreulich, wenn dies ernst genommen und respektiert wird, anstatt es immer wieder in Frage zu stellen.“

In Herzogenrath nahe Aachen – so die SPD in ihrer Anfrage – hat man auf unbestimmte Zeit den Alkoholkonsum verbieten können. Man begründet dies mit der „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ und dem „Schutz der Verkehrsflächen und Anlagen“: „Der Bereich am Bahnhof wurde seit geraumer Zeit von Gruppen – bestehend aus fünf bis 15 Männern – intensiv zu jeder Tag- und Nachtzeit für Treffen zum gemeinschaftlichen Trinken genutzt“, teilt eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage der Redaktion mit. Ausgenommen sind Bereiche, die nach Gaststättenrecht konzessioniert sind sowie öffentliche Veranstaltungen und Feste.

Dort sei es sogar verboten, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese innerhalb des Geltungsbereiches konsumieren zu wollen“. Griffen die Ordnungskräfte jemanden mit Alkohol auf, könne der eingezogen und vernichtet werden. Die Störungen seien nur durch ein Alkoholkonsumverbot in geeigneter Art und Weise zu verhindern gewesen, begründet die Stadtsprecherin die strikte Maßnahme.

Seit Oktober 2021 wurden 31 Platzverweise ausgesprochen. Gefruchtet hat das offenbar: „Die Anzahl der Trinkenden in dem Bahnhofsbereich konnte signifikant reduziert werden“, so die Sprecherin. Die Resonanz aus der Bürgerschaft sei uneingeschränkt positiv.

Verwaltung: Nicht vom Alkohol geht Gefahr aus, sondern vom anschließenden Verhalten

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In Mülheim jedoch sieht die Verwaltung keine Chancen, den Alkohol etwa am Nordeingang zu verbieten. Das öffentliche Trinken sei nicht „unzumutbar“, sondern „für sich genommen eine gesellschaftlich akzeptierte Verhaltensweise“, differenzierte Hasenjäger in der Bezirksvertretung. Denn nicht der Alkohol, sondern nur das anschließende Verhalten könne zur Gefahr werden.

Bei regelmäßigen Kontrollen hätten die anwesenden Personen zwar Bier getrunken, aber sich unauffällig verhalten: „Es konnte weder eine Vermüllung noch eine Lärmbelästigung festgestellt werden.“

Wohl nicht ohne Grund hatten die Genossen in der Bezirksvertretung deshalb keinen Beschluss-Antrag auf ein Alkoholverbot, sondern nur eine Anfrage gestellt, in der sie die rechtlichen Möglichkeiten abklopfen wollten. Andreas Preker-Frank (Die Partei) zeigte sich dennoch über die Sache empört: „Ich bin sehr verwundert über den Antrag einer ,sozialen’ Partei. Ich finde, das ist eine ziemliche Diskriminierung.“ Seiner Meinung nach „sollte man den Bahnhofsplatz lieber so schön machen, damit er von verschiedenen Gruppen genutzt wird“. Und nicht offenbar nur mit Alkohol zu ertragen sei.