Mülheim. Die Sorgen um 750 Arbeitsplätze bei Stahlrohr-Produzent Vallourec in Mülheim sind groß. Nun zeigte sich die Belegschaft bereit zum Arbeitskampf.

Die Mülheimer Belegschaft des Stahlrohr-Produzenten Vallourec demonstrierte am Montag Kampfbereitschaft für den Erhalt von 750 Arbeitsplätzen am Werksstandort Mülheim. IG Metall und Arbeitnehmerschaft wollen die Konzerngeschäftsführung zwingen, in Verhandlungen für einen Zukunftstarifvertrag einzusteigen. Bei einer Informationsveranstaltung wurden schwere Vorwürfe gegen das Management laut.

In der vergangenen Woche hatte es schon eine Flugblatt-Aktion der IG Metall im Dümptener Werk gegeben, am Montagmittag versammelten sich Beschäftigte direkt hinter Werkstor 2, um sich von Betriebsrat und IG Metall informieren zu lassen. Gekommen war auch eine Delegation der SPD mit dem Bundestagsabgeordneten Sebastian Fiedler und Parteichef Rodion Bakum an der Spitze, um wie die MLPD Solidarität mit der Belegschaft zu zeigen.

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Bangen um Mülheims zweitgrößten Industrie-Arbeitgeber

Die Vallourec-Beschäftigten bangen nach etlichen Restrukturierungsmaßnahmen in der jüngeren Vergangenheit aktuell, ob die traditionsreiche Stahlrohr-Produktionsstätte in Mülheim nicht gar gänzlich zur Disposition steht. Läuft Mülheim Gefahr, seinen aktuell zweitgrößten Industriearbeitgeber nach Siemens zu verlieren? Mit dem Schlimmsten wird offenbar gerechnet nach sechs verlustreichen Geschäftsjahren in Folge.

Der Betriebsratsvorsitzende Andreas Peters verdeutlichte den Beschäftigten am Montag den Ernst der Lage. Auch in diesem Jahr stehe für Vallourec Deutschland bislang ein Verlust vor Steuern und anderem von 70 Millionen Euro zu Buche, der „Cash-Verbrauch“ summiere sich auf 122 Millionen Euro. Das Management zeige sich ideenlos, es fehle ein industrielles Konzept für die Zukunft.

Es droht ein Arbeitskampf um einen Zukunftstarifvertrag

Es kursieren laut Betriebsrat bereits Gerüchte, dass der Verkauf der zwei verbliebenen Vallourec-Standorte in Mülheim und Düsseldorf-Rath ein Szenario sei, das die Unternehmensleitung hinter verschlossenen Türen diskutiere. Sorgen macht dem Betriebsrat zudem, dass Vallourec offenbar den Plan verfolge, in Brasilien Produktionskapazitäten zu schaffen, die in Konkurrenz zu denen in Deutschland stünden.

Die Arbeitnehmerseite wappnet sich für die schlimmsten Szenarien, eine Unternehmensberatung ist eingeschaltet. In einer emotional aufgeladenen Ansprache an die Belegschaft machte der örtliche IG Metall-Sekretär Dirk Horstkamp deutlich, dass er nicht im Ansatz den Eindruck habe, dass der Arbeitgeber die Mitbestimmung ernst nehme. So sehe man sich nun genötigt, in der nächsten Woche eine Tarifkommission zu bilden und das Vallourec-Management zu Verhandlungen über einen Zukunftstarifvertrag für die deutschen Standorte und ihre Belegschaften via Arbeitskampf zu zwingen.

Einstieg von Finanzinvestoren bei Vallourec lässt die Sorgen wachsen

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Horstkamp sprach davon, dass das Management Vallourec Deutschland heruntergewirtschaftet habe. 25 Jahre, nachdem man durch ein Joint Venture mit den Mannesmannröhren Werken zum Weltmarktführer für nahtlose Stahlrohre emporgestiegen sei, bleibe die Unternehmensführung weiter eine Vision zur Transformation des Unternehmens in Zeiten der Klimawende schuldig. „Schämen sollt ihr euch!“, rief Horstkamp am Montag den Konzernlenkern zu. Als Ausdruck der „Hilflosigkeit“ brandmarkte der Gewerkschafter den Schritt von Vallourec, in diesem Jahr die Finanzinvestoren Apollo und SVP Global ins Boot geholt zu haben. Ihnen warf er Heuschrecken-Mentalität vor.

„Wir überlassen unsere Arbeitsplätze und unsere Familien nicht allein der Kapitalseite“, erntete Horstkamp schließlich viel Beifall für seine zum Ausdruck gebrachte Hoffnung, dass sich die Vallourec-Beschäftigten wie in der Vergangenheit mit aller Kraft gegen negative Entwicklungen stemmen werden. Betriebsrats-Vize Ousama Bouarous bemühte Platon: „Wenn die Guten nicht aufgeben, werden die Schlechten nicht siegen.“