Mülheim. Einen wichtigen Beitrag fürs Stadtklima könnte ein neues Projekt an der Mülheimer Hochschule Ruhr-West leisten: Was verbirgt sich hinter BoRSiS?

Das Problem ist nicht nur in Mülheim seit langem klar: Starkregen kann in Minuten das Kanalsystem überfordern und hochversiegelte Stadtteile und Straßen unter Wasser setzen. In den vergangenen oft extrem trockenen Sommern aber fehlte das Wasser für Stadtbäume. Ohne sie aber heizen Innenstädte weiter auf. An der Mülheimer Hochschule Ruhr-West will man einen ausgleichenden Bogen schlagen zwischen beiden Extremen. Oder besser: eine Verbindung.

Warum flexible Rohre und Steinwolle etwas für Stadtbäume tun können

Der Schlüssel dazu könnte „BoRSiS“ lauten. Das sind Boden-Rohr-Systeme, wie sie aktuell an der HRW entwickelt werden. Hinter dem Kürzel verbirgt sich eine Kombination aus duktilen - sprich verformbaren – Gussrohren und wasserspeichernder Steinwolle. Beide sollen etwa unter Wegen und Straßen, zum Beispiel in den Leitungsgräben, verlegt werden und dort das Regenwasser aufnehmen. Zeitverzögert kann das Wasser wieder an die Straßenbäume abgegeben werden.

Gemeinhin werden Leitungsgräben bislang stark verdichtet, so dass Rohre und Leitungen vor Wurzeln geschützt und stabil liegen. Damit aber kann dieser Teil der Straße kein Wasser speichern. Die Verbindung aus verformbaren Gussrohren und Steinwolle hingegen soll einerseits die Leitungen vor Wurzeln schützen, ohne den Boden andererseits wie bisher verdichten zu müssen.

Den Bäumen stünde nicht nur mehr Fläche bereit, um Wasser aufnehmen zu können, die Steinwolle wäre zusätzlich vorteilhaft, weil sie gegenüber dem konventionellen Kies bis zu 95 Prozent mehr Speichervermögen besitzt. Auf zusätzliche Rigolen oder Wassersäcke für Straßenbäume könnte außerdem verzichtet werden.

Bundesministerium und die Industrie fördern das praxisnahe Projekt

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und hat den Anspruch, ein marktfähiges und praxisnahes Speicherkonzept zu entwickeln. Beteiligt an diesem Verbundprojekt sind neben den HRW-Instituten Bauingenieurwesen und Wirtschaft auch die Hochschule Bochum (Wasserbau und Hydromechanik). Sie arbeiten mit zwei Industrievertretern, einem Baumökologen sowie der Stadt Detmold zusammen.

Neben wasserwirtschaftlichen Fragestellungen werden auch geotechnische (Lastabtrag der Verkehrslasten, Kontakterosion), ökonomische (Kosten-Nutzen-Analysen, Fragestellungen zur Abwassergebühr bei gemeinsamer öffentlicher und privater Nutzung) und ökologische (Anforderungen durch die Bäume, Analyse der Wirksamkeit) Aspekte berücksichtigt. Das Projekt ist geplant bis September 2024, dann wird sich zeigen, ob ein solches System auch wirksam in Mülheim eingesetzt werden kann.