Mülheim. In Mülheim waren in den sechziger Jahren 450 maltesische Soldaten als Teil der Rheinarmee stationiert. Nun wird ihre Geschichte erforscht.
Joachim Speck ist einem weithin unbekannten Stück Stadtgeschichte auf der Spur. Der Reserveoffizier und bekennende Malta-Fan erforscht die Geschichte der 450 maltesischen Soldaten, die als Teil der britischen Rheinarmee von 1962 bis 1970 in den damaligen Wrexham-Barracks an der Ecke Zeppelinstraße/Steinknappen stationiert waren.
Pensionierter Geschichtslehrer forscht in Mülheim
„Die Mittelmeer-Insel Malta war bis 1964 eine britische Kolonie und erklärte sich 1971 als selbstständige Republik im damaligen Ost-West-Konflikt zwischen den Nato-Staaten und den Staaten des Warschauer Paktes für neutral. Seit 2004 sind die rund 520.000 Malteser Bürger der Europäischen Union“, erklärt der pensionierte Geschichts- und Englischlehrer Joachim Speck. Der heute 73-Jährige entdeckte „den vielseitigen und spannenden Mikrokosmos Malta“ Ende der 1970er Jahre als Tourist und flog bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2011 regelmäßig mit seinen Englisch-Kursen nach Malta.
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Auch als rühriger Rentner ist Speck, der aus dem rheinischen Erkrath stammt, in Freiburg gearbeitet hat und heute in Leipzig lebt, Malta treu geblieben. Als er 2019 im Auftrag des maltesischen Kirchenmuseums und mit Unterstützung durch die deutsche Botschaft einen Reiseführer in deutscher Sprache herausgab, kam der heute 84-jährige John Spiterri auf ihn zu und erzählte ihm von seiner Zeit als maltesischer Soldat des Königlich-Maltesischen-Artillerie-Regiment in Mülheim an der Ruhr.
„Ich fand seine Geschichte spannend und begann zu recherchieren. Doch weder die maltesische Armee noch ein befreundeter maltesischer Historiker kannten die Geschichte ihrer Landsleute in Mülheim.“ So lernte Speck Mülheim im Allgemeinen und das Stadtarchiv im Besonderen kennen.
Maltesische Soldaten dienten als Fahrer in der britischen Rheinarmee
Mit Hilfe des Stadtarchivars Jens Roepstorff fand er in der Lokalpresse vereinzelte Artikel, die in den 1960er und frühen 1970er Jahren über die Malteser in Mülheim berichteten, die damals als Fahrer in einem Transportregiment der britischen Rheinarmee dienten. Nach Kriegsende war Mülheim ab Juni 1945 Teil der britischen Besatzungszone und damit auch ein Standort der Britischen Rheinarmee geworden. Sie war zwischen 1945 und 1994 in der 1939 von der Wehrmacht errichteten Kaserne am Steinknappen/Ecke Zeppelinstraße stationiert, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Wrexham Barracks umbenannt wurde. Auf dem ehemaligen Kasernengelände erstreckt sich heute der Wohnpark Witthausbusch.
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Die historische Zeitungslektüre zeigte Speck, dass das maltesische Artillerieregiment in britischen Diensten 1962 von Dortmund nach Mülheim verlegt wurde und die Wrexham Barracks am 18. März 1970 verlassen hat. Als Kommandeure des maltesischen Regiments werden in den Zeitungsberichten die Obersten G.V. Micaleff und A. Samut-Tagliaferro genannt. In den Presseberichten ist auch von einer Parade der maltesischen Soldaten (am 22. Juli 1967) und von einem Besuch des maltesischen Premierministers Georgio Borg Olivier am 14. Mai 1968 die Rede.
Freundschaften und sogar deutsch-maltesische Hochzeiten
Mithilfe dieser Redaktion und ihrer Leserinnen und Leser hofft Speck jetzt auf Zeitzeugen, die zwischen 1962 und 1970 Kontakt mit den Maltesern in Mülheim hatten und mit ihren Erinnerungen Licht ins historische Dunkel bringen könnten. Speck weiß von Freundschaften und sogar von der einen oder anderen deutsch-maltesischen Hochzeit in Mülheim.
Zeitzeugen gesucht
Wer Joachim Speck als Zeitzeugin oder Zeitzeuge mit persönlichen Erinnerungen, Dokumenten und Fotos oder auch mit der Vermittlung anderer Personen helfen kann, erreicht ihn per E-Mail an: rowjoe@posteo.de.
Stadtarchivar Jens Roepstorff hofft auch deshalb auf einen Recherche-Erfolg Specks, „weil wir dann davon mit einem Vortrag in unserer Reihe zur Mülheimer Geschichte und vielleicht auch mit einem Beitrag im Mülheimer Jahrbuch profitieren könnten“.
Außerdem geht er davon aus, dass die traditionell katholischen Malteser in Mülheim auch den Kontakt zu katholischen Kirchengemeinden gesucht haben. Die Heilig-Geist-Kirche an der Ecke Zeppelinstraße/Dinnendahls Höhe ist nur wenige Gehminuten vom damaligen Kasernengelände der Wrexham Barracks entfernt. Zudem gab es bis 1994 einen Anglo-German-Club, der Kontakte zu den Soldaten der Britischen Rheinarmee pflegte, und etwa 50 zivile Angestellte, die unter anderem auch aus Mülheim kamen.