Mülheim. „Minijobs sind alles andere als krisenfest“, kommentiert die Gewerkschaft IG Bau aktuelle Zahlen aus Mülheim. Man hoffe auf die neue Regierung.

In Mülheim sind zwischen Dezember 2019 und Dezember 2020 mehr als 1000 Minijobs weggefallen. Die geringfügig entlohnten Arbeitsverhältnisse haben im ersten Corona-Jahr laut neuer Zahlen der Agentur für Arbeit um siebeneinhalb Prozent auf unter 13.000 abgenommen.

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Auf diesen Missstand macht die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) aufmerksam: Laut Peter Köster, Bezirksvorsitzender für Mülheim, Essen und Oberhausen, zeige der Rückgang, „dass Minijobs alles andere als krisenfest sind“. In unsicheren Zeiten kürzten Firmen zuerst bei den 450-Euro-Kräften, „die weder Anspruch auf Kurzarbeiter- noch auf Arbeitslosengeld haben“. Köster fordert, Lehren aus der Pandemie zu ziehen und Betroffene künftig besser zu schützen. Minijobs müssten ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig werden, so der Gewerkschaftsvertreter.

Das Minus bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt bei gerade 1,1 Prozent

Die Statistik der Arbeitsagentur zeigt deutlich, dass Kösters These stimmt. Zwar ist auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zurückgegangen – von gut 60.000 Ende 2019 auf knapp 59.400 ein Jahr später –, das Minus dort aber liegt gerade bei 1,1 Prozent.

Besonders hart betroffen waren Minijobber im Gastgewerbe; Restaurants und Hotels mussten in der Coronazeit ja über Monate schließen. 31,5 Prozent der dort angestellten Minijobber verloren 2020 ihre Anstellung und damit fast ein Drittel. Auch Minijobber in der Industrie, die häufig als Helfer eingesetzt werden, waren oft von Arbeitsplatzverlust betroffen. Die Statistik weist einen Rückgang von 20 Prozent aus.

Prekäre Arbeitsverhältnisse vor allem in der Gebäudereinigung verbreitet

Die IG Bau betont, dass prekäre Arbeitsverhältnisse auch in der Gebäudereinigung verbreitet sind und daher vor allem Frauen von einem Karriere- und Armutsrisiko bedroht seien. Laut Arbeitsagentur zählten die Reinigungsfirmen in Mülheim Ende 2020 rund 420 Beschäftigte, die einen Minijob als alleiniges Einkommen haben. Das seien 44 Prozent aller Arbeitnehmer in der Branche. Bei diesen Minijobs war ein Rückgang von rund sechseinhalb Prozent zu verzeichnen.

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Die IG Bau rät Beschäftigten, die während der Pandemie ihren Minijob verloren haben, Hilfe bei der Gewerkschaft zu suchen. „Die Politik setzt mit den abgabenfreien Minijobs seit Jahren falsche Anreize“, so Köster. „Die Krise hat klargemacht, dass diese Stellen eine arbeitsmarktpolitische Sackgasse sind.“ Nur wenn für die Beschäftigten künftig Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gezahlt würden, könnten sie wirksam geschützt werden.

IG Bau: „Die nächste Bundesregierung muss das Thema dringend anpacken“

Es sei zu begrüßen, dass sich SPD, Grüne und Linke für eine grundlegende Reform der Minijobs einsetzten. Die nächste Bundesregierung müsse das Thema dringend anpacken. Die von der Union geforderte Anhebung der Verdienstgrenze auf 550 Euro sei der falsche Weg und würde die prekäre Beschäftigung ausbauen, statt sie einzudämmen, so die IG Bau.