Mülheim. Gleich drei Abiturienten der Gesamtschule Saarn in Mülheim landen bei 1,0. Einer von ihnen musste mit der berüchtigten Matheklausur kämpfen.

Viel wurde über das Corona-Abitur – das zweite schon – geschimpft und geklagt. Doch bei Seyma, Hagen und Ilias von der Gesamtschule Saarn lief es letztlich perfekt. Alle Drei haben die Traumnote 1,0 geschafft, mussten aber auch einige Hürden überwinden.

„Das Abitur war allen Dreien keineswegs in die Wiege gelegt“, meint Schulleiterin Claudia Büllesbach. Typische Gesamtschulkarrieren habe man hier vor sich, Jugendliche, die erst später ihr Potenzial entdeckt haben.

Mülheimer Top-Abiturientin: „Perfekt geklappt hat es erst ab der Oberstufe“

Die 19-jährige Seyma Nur Cal sagt kritisch über sich selber: „Perfekt geklappt hat es erst ab der Oberstufe.“ Auf die Gesamtschule kam sie mit einer eingeschränkten Realschul-Empfehlung und startete schwach. „Ich musste mich anstrengen, um es überhaupt in die Oberstufe zu schaffen.“

Gezogen hat ihr Wunsch, Medizin zu studieren und Kinderärztin zu werden. Den will sie jetzt umsetzen, vorher vielleicht ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Rettungsdienst des DRK in Mülheim machen. Die Abi-Vorbereitung hätte sich Seyma stressiger vorgestellt. „Ich habe versucht, auf Lücke zu lernen.“ Es hat gepasst.

Mitschüler musste in die mündliche Mathe-Nachprüfung

Von der Realschule Broich ist ihr Mitschüler Hagen Feldmann vor drei Jahren an die Gesamtschule Saarn gewechselt und massiv durchgestartet. Auch als Schülervertreter war er dort engagiert. Das Lernen sei ihm schon immer sehr leicht gefallen, berichtet der 19-Jährige.

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Größtes Ärgernis auf seinem Weg zum Top-Abitur wurde die höchst umstrittene Mathematikklausur, gegen die sich eine Mülheimer Waldorfschülerin sogar mit einer Petition beim NRW-Landtag zu wehren versuchte – letztlich erfolglos. Hagen Feldmann hat den Protest online unterstützt, wie er berichtet. „Die Klausur war, wenn ich das so sagen darf, scheiße.“ Mit einer Vornote von 14,5 Punkten rutschte er auf 10 Punkte ab und musste in die mündliche Nachprüfung, bei der er dann aber die volle Punktzahl abräumen konnte.

Ilias Khammous dagegen umschiffte das Fach Mathematik im Abitur. Er verbrachte seine ersten fünf Gesamtschuljahre in der Musikklasse („Sie war wie eine Familie“) und lernte Gitarrespielen. Ähnlich wie bei Seyma waren auch bei ihm die Zensuren anfangs nicht überragend. „Ab der achten Klasse habe ich mich kontinuierlich gesteigert“, erklärt der 19-Jährige.

Schulleiterin: „Das ist ein ganz besonderer Jahrgang“

Die Gesamtschule Saarn ist natürlich stolz auf das Trio. So etwas habe es in der fast vierzigjährigen Schulgeschichte noch nicht gegeben. Claudia Büllesbach, seit vier Jahren Schulleiterin, kann sich an eine einzige 1,0 im Abijahrgang 2019 erinnern. „Das hier ist ein ganz besonderer Jahrgang“, meint sie.

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Mit ihrem Top-Schnitt stehen den Dreien alle Wege offen. Die ungefähre Richtung kennen sie auch schon. Außer Seyma möchte auch Ilias Medizin studieren, anschließend Internist oder Radiologe werden und bei “Ärzte ohne Grenzen“ einsteigen. Statt sich erst einmal Ferien zu gönnen, beginnt er – „weil mich der Ehrgeiz manchmal packt“ – sofort am 1. Juli mit einem Krankenpflegepraktikum am St. Marien-Hospital. Danach kann er sich ein Studium in Frankfurt oder Marburg vorstellen.

Hagen Feldmann zieht es in die Psychologie. Er möchte in Mülheim wohnen bleiben, in Bochum oder Duisburg/Essen studieren und später gerne in die Hirnforschung gehen.

Zeugnisübergabe

Insgesamt haben in diesem Jahr 77 Jugendliche ihr Abitur an der Gesamtschule Saarn geschafft.

Ihnen wurden die Zeugnisse am Samstag, 26. Juni, coronakonform in der Sporthalle überreicht.

Für sechs junge Leute aus dem Jahrgang reichte es nicht. Sie müssen sich mit der Fachhochschulreife zufriedengeben.

Ehemalige Klassenlehrerin stand mit Blumen vor der Tür

Am Samstag haben die Jugendlichen ihre Zeugnisse bekommen, die ihnen die Supernoten schwarz auf weiß bestätigen. Seyma hatte schon vor einigen Tagen ein bewegendes Erlebnis, als ihre ehemalige Klassenlehrerin aus der Unter- und Mittelstufe plötzlich mit Blumen vor der Tür stand und herzlich gratulierte. „Sie musste sich erst einmal setzen.“ Direkt nach der Zeugnisübergabe wird die 19-Jährige in die Türkei fliegen. Auch die Großeltern, die sie dort besucht, dürften sehr stolz sein.