Mülheim. Für die Forderung, das Mülheimer Impfzentrumm absehbar zu schließen, bekommt der Vorsitzende der Ärztekammer mächtig Contra. Auch von hoher Stelle.

Nicht nur Bürger zeigen Unverständnis für die Forderung des örtlichen Ärztekammer-Vorsitzenden Uwe Brock, das Mülheimer Impfzentrum in Speldorf absehbar zu schließen, weil dessen Betrieb zu kostspielig und zu unflexibel sei. Auch der städtische Krisenstabschef sieht darin keinen Sinn.

Brock hatte im Gespräch mit dieser Redaktion jüngst gesagt, dass das Impfzentrum auf dem ehemaligen Tegelmann-Areal sicher schon in einigen Wochen überflüssig sein werde. Zur Begründung verwies Brock nicht nur auf den Fortschritt der Mülheimer Impfkampagne (am Dienstag hatten bereits 88.687 Mülheimer eine Erstimpfung erhalten und damit 52 Prozent der Bürgerschaft), sondern auch auf den Start der Impfungen in der kommenden Woche durch Betriebsärzte.

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Mülheim Ärztekammer-Chef: Impfzentren zu kostspielig und unflexibel

Brock hatte verwiesen auf Zahlen, die die Frankfurter Allgemeine Zeitung für Hessen veröffentlicht hatte. Demnach verursachten die Impfungen in Impfzentren Kosten, die mehr als 16-fach höher lägen als bei denen, die in niedergelassenen Praxen mit bestehendem Personal vorgenommen würden. Angesichts der bevorstehenden Urlaubszeit prophezeite Brock dem starr via Hotline organisierten Buchungssystem der Kassenärztlichen Vereinigung Probleme, weil wohl zunehmend Urlaubsreisende ihre gebuchten Termine doch nicht wahrnehmen würden.

Mit Frank Steinfort zeigt sich der Chef des städtischen Krisenstabs „irritiert“ von der Forderung Brocks. Auch die Mediziner des Krisenstabes hätten in der Sitzung des Gremiums am Montag dieser Woche klar gemacht, dass an der Existenzberechtigung des Impfzentrums aktuell nicht zu rütteln sei, um den Fortschritt bei der Impfkampagne nicht zu gefährden.

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In den letzten drei Mai-Wochen im Schnitt 815 Impfungen pro Tag im Impfzentrum

In den letzten drei Mai-Wochen seien im Impfzentrum jeden Tag durchschnittlich 770 Impfungen vorgenommen worden (Plan: 815 Impfungen/Tag). Das Delta sei entstanden, weil Termine teilweise nicht wahrgenommen worden seien. Das Impfzentrum sei mit drei Impfstraßen grundsätzlich in der Lage, 720 Impfungen durchzuführen; schaffe also mehr, als es der Erlass des Landes vorsehe. „Somit ist das Impfzentrum voll ausgelastet“, heißt es. Das werde auch diese und nächste Woche so bleiben – trotz Lieferengpässen beim Impfstoff rechne man auch für die kommenden drei Wochen damit, im Durchschnitt 692 Impfungen pro Tag (dann aber nur Zweitimpfungen) zu schaffen.

Es sei wichtig, alle Impfkapazitäten in der Stadt aufrecht zu erhalten, so Krisenstabsleiter Steinfort. Es stehe schließlich auch die Urlaubszeit für Arztpraxen an. Feuerwehr-Chef Sven Werner hat die Forderung von Mediziner Brock auch „mit Verwunderung“ wahrgenommen: „Nicht wir entscheiden, ob das Impfzentrum geschlossen wird, sondern das Land.“ Dafür gebe es aktuell aber keinen Anlass bei einer erreichten Impfquote von knapp über 50 Prozent.

„Wo sollen alle Leute hin, die sich schnellstmöglich impfen lassen wollen?“

Werner gibt zu bedenken, dass auch nicht alle Hausärzte bei der Impfkampagne mitmachten. „Wo sollen alle Leute hin, die sich schnellstmöglich impfen lassen wollen?“, fragt Werner. Bis mindestens Ende August, Anfang September ist der Betrieb im Impfzentrum aus seiner Sicht unverzichtbar. Das Vorpreschen von Brock kritisiert der Feuerwehr-Chef: „Das bringt für die Menschen nur Verunsicherung.“