Mülheim. Mülheims Impfzentrum muss passen: Erstimpfungen sind aktuell kaum zu buchen, die Impfkampagne ist ausgebremst. So bewerten Mediziner die Lage.
Lieferengpässe für den Biontech-Impfstoff bremsen die Mülheimer Impfkampagne aktuell aus. Freie Termine für Erstimpfungen kann das städtische Impfzentrum wie Einrichtungen landauf, landab nun schon länger nicht mehr ins Buchungssystem einstellen. Der Leiter des Impfzentrums, der Sprecher der örtlichen Ärztekammer und die Stadtverwaltung bewerteten am Freitag die Lage.
Am Donnerstag hatte die Stadtverwaltung öffentlich gemacht, dass derzeit im Speldorfer Impfzentrum neue Termine für Erstimpfungen nur zu buchen seien, wenn andere ihre Termine absagen würden. Als Grund machte die Stadt Lieferengpässe geltend. Das Gesundheitsministerium habe noch kein Impfstoffkontingent für Erstimpfungen in den kommenden Wochen bekannt gegeben.
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Termine aktuell nur dann zu vergeben, wenn andere auf sie verzichten
So könne das Impfzentrum keine weiteren Termine einstellen, hieß es. In der ersten Junihälfte sei das Impfzentrum im Wesentlichen darauf beschränkt, Zweitimpfungen sicherzustellen. Termine für Erstimpfungen gebe es wohl nur, wenn andere Bürger ihren Impftermin absagen.
Mülheims Leitender Impfarzt Stephan von Lackum sagte am Freitag, dass man mit dieser unbefriedigenden Situation bereits seit gut zwei Wochen konfrontiert sei – kurz nachdem die Priogruppe 3 geöffnet worden sei. Eine Begründung des Lieferengpasses seitens des Bundes sei ihm nicht bekannt. Impfstoff-Hersteller Biontech habe aber darauf verwiesen, dass die Inbetriebnahme seines Marburger Werkes noch mit Problemen behaftet sei.
Annähernd die Hälfte der Mülheimer ist zumindest einmal geimpft
Von Lackum zeigt sich aber zuversichtlich, ab der dritten Juniwoche wieder Fahrt aufnehmen zu können. Er rät zu Gelassenheit, auch wenn das ständige Auf und Ab bei den Impfstoff-Lieferungen a) dem Impfzentrum Mehraufwand abverlange und b) für Impfwillige schwer nachzuvollziehen sei.
Mahnung zur Vorsicht bleibt
„Wir haben bereits viel erreicht. Ich appelliere aber trotzdem weiterhin an die Vernunft der Mülheimerinnen und Mülheimer, durch ihr Corona-konformes Verhalten die gewonnenen Lockerungen nicht aufs Spiel zu setzten. Schützen Sie weiterhin sich und Ihre Mitmenschen“, sagte OB Marc Buchholz am Freitag.
Auch Uwe Brock von der Ärztekammer mahnte: „Wir haben einen guten Teil der Impfkampagne hinter uns, aber wir sollten nicht leichtsinnig werden.“ Gleichwohl sei den Mülheimern an diesem Wochenende zu gönnen, „sich des guten Wetters zu erfreuen“.
Von Lackum blickt lieber auf die aktuelle Impfstatistik, die für Mülheim ausweist, dass – Stand Freitagmorgen – mit 85.117 Bürgern bereits annähernd die Hälfte der Mülheimer mindestens einmal geimpft sei (49,9 Prozent). Mit anderen Impfstoffen laufe die Impfkampagne in den Praxen ja auch in den nächsten zwei Wochen weiter. Das Impfzentrum konzentriere sich, so lange wie nötig, auf die Zweitimpfungen.
Uwe Brock, Sprecher der Mülheimer Ärztekammer, beschrieb die Impf-Situation bei den niedergelassenen Ärzten am Freitag nicht mit dramatischen Einschnitten. Erstimpfungen mit Astrazeneca und Johnson & Johnson seien weiter in etwa dem Umfang möglich wie zuvor. In Brocks Praxis werden pro Woche weiterhin rund 300 Impfdosen verabreicht.
Sprecher der Ärztekammer: „Wir sind mit einer hohen Schlagfrequenz dabei“
Die Nachfrage nach Astrazeneca-Impfungen übersteigt seiner Feststellung nach auch das Angebot; die Skepsis gegenüber dem Impfstoff sei nicht so weit ausgeprägt, dass man nicht jede Dosis auch an Mann oder Frau bekomme. Für viele sei auch die Einmalimpfung von Johnson & Johnson höchst attraktiv: ein Piks – und alles sei erledigt.
„Wir sind mit einer hohen Schlagfrequenz dabei“, sagt Brock mit Verweis etwa auf den vergangenen Mittwoch, als deutschlandweit 1,1 Impfungen durchgeführt worden sind. „Das sind Riesenfortschritte“, sagt der Allgemeinmediziner, der zusätzliche Impulse erwartet, wenn ab dem 7. Juni auch Betriebsärzte impfen werden.