Mülheim. Nach einer optimistischen Prognose hätte Mülheim an Pfingsten die 35er-Inzidenz knacken können. Warum dieses Ziel weit verfehlt wurde.

Dieses Szenario hätte wohl jedem in Mülheim gefallen: Laut Modellrechnung eines renommierten Forschungsinstitutes unterschreitet die Stadt am Pfingstwochenende den Inzidenzwert von 35 und qualifiziert sich für weitgehende Öffnungen. Zwölf Tage vor Pfingsten war dies tatsächlich im Bereich des rechnerisch Möglichen. Inzwischen wissen wir alle: Es hat nicht geklappt. Die Inzidenz lag mehr als doppelt so hoch.

Inzidenz in Mülheim lag Pfingstsonntag bei 71,5 statt der erhofften 35

Am frühen Pfingstsonntag, 23. Mai, erwachte Mülheim mit einer Inzidenz laut RKI von 71,5 - das war sogar wieder eine Erhöhung um 5 gegenüber dem Samstag. Bis Donnerstag, 27. Mai, hatte man sich dann heruntergearbeitet auf 50,4. Immer noch ein Stück entfernt vom 35er-Ziel.

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Dabei steht hinter der erwähnten Prognose eine anerkannte Institution: das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI). Dessen Modellrechnungen, mit denen im Mai 2020 begonnen wurde, dienen als Warnsystem. Es soll frühzeitig auf eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems durch Corona-Patienten hinweisen. Die Daten werden täglich aktuell fortgeschrieben: für jedes Bundesland, jeden einzelnen Kreis, jede Stadt.

Die Leitfrage lautet: Wie lange dauert es, bis die Infektionslage auf ein bestimmtes Niveau gesunken ist? Die Modellrechnungen des ZI arbeiten mit der momentanen Sieben-Tage-Inzidenz, kombiniert mit dem Reproduktionswert (R-Wert), der angibt, wie viele andere Personen ein Infizierter im Schnitt ansteckt.

Reproduktionswert ist wieder deutlich angestiegen

Genau hier liegt der größte Unsicherheitsfaktor, der Hauptgrund für verfehlte Prognosen. Die Modellrechnung, die Mitte Mai für Mülheim erstellt wurde, beruhte auf einem R-Wert von 0,65. Leider hat dieser sich wieder deutlich verschlechtert auf 0,97. „Liegt der R-Wert nur knapp unter 1, ergeben sich sehr lange Zeiträume, bis die Inzidenz deutlich sinkt“, schreiben auch die ZI-Experten. Ohnehin sei ihre Berechnung keine exakte Prognose.

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Riskieren wir dennoch einen Blick auf die neuesten Zahlen? Danach dürfte Mülheim am 23. Juli - mitten in den Sommerferien - die 35er-Inzidenz knacken. Sollte der R-Wert auf 0,7 sinken, fällt diese Marke schon am kommenden Montag. Das klingt alles kompliziert und ist es auch. Die Pandemie - letztlich unberechenbar.