Mülheim. Franziska und Fabian sind mitten in der Pandemie losgeradelt, um die Welt zu entdecken. Was die Mülheimer in vier Wochen Radreise erlebt haben.

Der Popo schmerzt, die Knie tun weh, und die Hände glühen vom Sonnenbrand. Trotzdem sagen Franziska Kinscheck und Fabian Harting: „Wir lieben es.“ Vor rund einem Monat schwangen sich die Mülheimer auf ihre Räder und strampelten drauf los, um die Welt zu umrunden. Nun, nach vier Wochen und rund 800 Kilometern, sind sie um ein paar Kilo Gepäck leichter und um zahlreiche Erfahrungen reicher.

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Von Franzis Elternhaus in Lotte/Osnabrück aus ging es am 10. April für Fabian und Franziska (beide 30) los. Ihre Jobs und ihre Wohnung in Mülheim hatten sie wenige Wochen zuvor bereits gekündigt, ihren kompletten Hausstand verkauft und nur einen kleinen Teil davon eingelagert. „Erst einmal ging es einen Stichkanal entlang Richtung Recke“, berichtet Fabian.

Nachts im Museum: Schlafen zwischen ausgestopften Enten

Hochmotiviert radelten sie rein ins Naturschutzgebiet „Heiliges Meer“, „was wir aber erst bemerkten, als wir abends einen Standort für unser Zelt suchten“, lacht Franzi. Da in Naturschutzgebieten nicht gecampt werden darf, suchten die Beiden nach einer Schutz- und Wanderhütte. „Da kamen wir an ein kleines LWL-Museum, in dem wir einen Mann trafen.“ Kurzerhand erkundigten sie sich bei ihm, ob sie im Museumsgarten ihr Zelt aufschlagen könnten. Doch der bot ihnen die Museumsräume für die Nacht an. „Wir waren super happy und verbrachten unsere erste Nacht im Ausstellungsraum zwischen Infotafeln und ausgestopften Enten.“

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Auch die zweite Nacht werden sie wohl nie vergessen: „Ein Efeuhändler hatte uns eingeladen, in seinem Gewächshaus zu übernachten“, berichtet Franziska. „Dort konnten wir uns waschen und sind dann im 18 Grad warmen Gewächshaus zwischen Efeuranken eingeschlafen.“

Dankbar für die Begegnungen mit so vielen lieben Menschen

Ihre Devise „Wer fragt, gewinnt“ sollte sich weitere Male bewähren. „Überhaupt waren die Begegnungen mit den Menschen grundlegend positiv“, sagt Fabian. „Wir haben so viel Zuspruch erfahren, so viele Einladungen bekommen.“ Dabei habe man durch Corona bislang den Eindruck gehabt, dass sich die Leute zunehmend verschließen. „Im Gegenteil“, meinen Franziska und Fabian. „Wir haben so viele liebe Menschen getroffen – dafür sind wir sehr dankbar.“ Denn: „Wenn man einen schlechten Tag hatte, es viel geregnet hat, sich kalt und müde fühlt, baut einen das wieder richtig auf“, findet die 30-Jährige.

Die Reiseroute nachverfolgen

Wer die Radreise von Franziska und Fabian verfolgen möchte, kann dies über Youtube, Instagram oder Facebook unter dem Hashtag #quitandgo.

In den Sozialen Medien führen die Mülheimer ein Reisetagebuch und posten regelmäßig Fotos, auf Youtube ist schon das erste Video zu sehen. www.youtube.com/c/QuitandGo

Auf der Plattform www.polarsteps.com/QuitandGo lässt sich zudem die Route der beiden Reisenden nachverfolgen.

Diese Gastfreundschaft habe die beiden bis zur Grenze der ehemaligen DDR getragen. Mittlerweile sind sie kurz vor Gartow in Niedersachsen. „Danach geht es weiter bis Havelberg, dann gibt es zwei Optionen: Entweder weiter nach Polen oder nach Tschechien. „In Polen sieht es ganz gut aus, da ist vieles geöffnet“, sagt Franziska. Ein Traum sei es, wenn sie es bis zum Sommer bis nach Kroatien schafften.

Größte Herausforderung ist die Witterung

Atmosphärisch: Fabian bereitet das Abendessen auf dem Campingkocher zu. „Oft gibt es Nudeln mit Gemüse und Tofu.“
Atmosphärisch: Fabian bereitet das Abendessen auf dem Campingkocher zu. „Oft gibt es Nudeln mit Gemüse und Tofu.“ © Franziska Kinscheck

Um schneller voran zu kommen, sortieren Franziska und Fabian bereits nach einer Woche ihr Gepäck aus: „Zehn Kilo haben wir wieder nach Hause mitgegeben.“ Weitere Erkenntnisse? „Nicht nur das Gesicht, sondern auch die Hände mit Sonnencreme eincremen. Und immer ein Halstuch tragen.“ Ansonsten hielten sich die „Wehwehchen“ bislang in Grenzen. Die größte Herausforderung sei vielmehr die Witterung, Minusgrade, Regen und Wind. „Der ist erbarmungslos.“ Drei Tage auf dem Nordseeküstenradweg mit 30 km/h Gegenwind: „Das war so heftig, dass wir lieber weiter ins Land hinein gefahren sind.“

Dann geht es eben etwas langsamer über Umwege weiter – da wollen sie sich keinen Stress machen. 40 bis 50 Kilometer radeln Fabian und Franziska durchschnittlich am Tag. Gefällt ihnen ein Fleckchen, machen sie auch mal länger Halt. „Wir sind schließlich auf einer Reise der Entschleunigung“, sagt Franziska.