Mülheim. Gemeinsam mit Essen und Ratingen beantragt Mülheim einen Radweg auf der Ruhrtalbrücke. Warum das ein großer Sprung für den Verkehr wäre.
Man stelle sich das vor: In 65 Meter Höhe folgt der Blick der schlängelnden Ruhr über die Wiesen des Ruhrtals, bis sie sich in den Auen verliert und das Auge auf die Mülheimer Skyline fällt. Kilometerweit könnte man diese pittoreske Kulisse genießen, die schon Gerhard Richter in Pinselstrichen einfing. Wenn, ja wenn die just geplante neue Ruhrtalbrücke auch dieses kleine Extra erhielte: einen Radweg.
Fast zwei Kilometer lang spannt sich die Stahlbrücke über das Tal und eröffnet ihren sagenhaften Weitblick für diejenigen, die Muße und Möglichkeit haben, dort zu verweilen. Also eben nicht der rasende Autoverkehr, der lediglich im Sinn hat, von B wie Breitscheid nach A wie Haarzopf zu kommen. Sondern der entschleunigte Fahrradfahrer.
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Mülheim, Essen und Ratingen bereiten den Antrag vor
Die Politik jedenfalls zeigt ihn, diesen Weitblick, bereits sprichwörtlich: Derzeit bereiten die drei Kommunen Mülheim, Essen und Ratingen einen Antrag vor, der einen solchen Radweg gemeinsam mit den Autobahnspuren über das Ruhrtal in Auftrag geben soll. Die seit Januar für die Brückenplanung und -durchführung zuständige Bundeseinrichtung Autobahn GmbH soll das Konzept dann in Absprache mit den Kommunen und Straßen NRW umsetzen.
Der Zeitpunkt ist gerade noch richtig gewählt, denn schon 2024 soll der Neubau starten. Noch aber ist das sogenannte Planfeststellungsverfahren nicht abgeschlossen, das die Dimension und Ausführung für die Baugenehmigung definiert. Und längst sind auch nicht alle dafür notwendigen Gutachten etwa zur Umweltverträglichkeit beendet, wie ein Sprecher der Autobahn GmbH mitteilt.
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Grünen debattierten Idee schon im Mai 2020
Natürlich hat ein solcher Radweg auch verkehrliche Vorteile. Im Mai 2020 brachten die Grünen einen Radschnellweg übers Tal ins Spiel, um das Rad als Alternative zum Auto zu stärken. Allein zwischen Mülheim und Düsseldorf seien täglich gut 20.000 Pendler unterwegs, so die Kalkulation. Auch zwischen Ratingen und Mülheim sowie Essen pendeln fast 7000 Menschen mit dem Auto. Von diesem gewichtigen Kuchen könnte ein Viertel aufs Rad umsteigen, wenn es denn schnell und bequem möglich wäre, sprich gut 6000 Pendler.
Knackpunkt an der Sache: Wegen der zusätzlichen Radspur müssten womöglich Autospuren eingespart werden, wollte man mit dem Neubau nicht unnötig in die Breite gehen. Aktuell ist die Brücke sechsspurig allein für den Autoverkehr angedacht.
Anschlüsse im Mülheimer Stadtteil Selbeck und am Flughafen angedacht
Fertigstellung wohl erst nach 2030
Nicht viel Neues gibt es zur Planung selbst zu berichten: Geplant ist der sechsspurige Ausbau für den Autoverkehr zwischen Autobahnkreuz Breitscheid und der Anschlussstelle Essen-Kettwig, der auch die Ruhrtalbrücke umfasst.
Zwei Varianten werden dabei bedacht: die eine soll mit drei Spuren nördlich zum Bestand verlaufen, die andere Variante südlich. Ist diese fertig, wird das Original von 1966 (Fertigstellung) anschließend saniert oder gar neu gebaut.
Für den Bau plus Sanierung rechnet man weiterhin mit 300 Millionen Euro. Als Baubeginn gilt weiterhin frühestens 2024, mit der Fertigstellung rechnet man etwa fünf Jahre nach Baubeginn. Die Brücke soll dann für 80.000 Fahrzeuge pro Tag ausgelegt sein.
Doch auch das weiter gelegene Essen begrüßte die Idee einer „qualitativ hochwertigen regionalen Radverkehrsverbindung“, äußerte sich Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen. Was die Kommunen gerade festzurren, sind die Anschlüsse dieses regionalen Radweges an die kommunalen. Es böten sich für Mülheim etwa Zufahrten im Südwesten an der Stooter Straße und Kahlenbergsweg an. Von dort aus sind weitere Radwege gut zu erreichen, erläutert Mülheims Fahrradbeauftragter Helmut Voss die Perspektiven.
Im Nordosten hingegen wäre ein Anschluss am Flughafen, an der Meisenburgstraße denkbar. Von dort aus käme man über die Lilienthal- und Zeppelinstraße in Richtung Mülheim-Innenstadt. Die City allerdings würde von dem Weg mit malerischem Ausblick allerdings kaum profitieren, vermutet Voss. Und auch die Bewohner des Ruhrtals selbst wie auch der beliebte Ruhrtalradweg kämen ohne weiteres kaum in den Genuss – „der Charme liegt neben dem Erlebniswert ganz klar in dem Nutzen für den großräumigen Verkehr, etwa in die Essener Stadtmitte.“
Es sei denn, man würde dort auch einen Aufzug errichten. Damit, so Voss mit Augenzwinkern, habe Mülheim in der Vergangenheit allerdings nur wenig gute Erfahrungen gesammelt.