Mülheim. Das neue Jugendgremium in Mülheim wurde abgesegnet. Was fehlt, ist eine zusätzliche Stelle im Jugendamt. Ohne die wird es nicht funktionieren.

Der Nachfolger des Mülheimer Jugendstadtrates soll niederschwelliger werden, jugendgerechter, näher an die Leute rücken. Doch auf dem Weg dorthin war erst einmal ein sperriges, bürokratisches Brett zu bohren.

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Bevor das neue Gremium starten kann, musste ein Konzept erarbeitet, eine Änderungssatzung zur Hauptsatzung der Stadt Mülheim formuliert und eine Geschäftsordnung entworfen werden. Auf dem politischen Wege vom Jugendhilfe- in den Hauptausschuss, respektive Stadtrat, kam dann noch ein Änderungsantrag der SPD in die Quere und sorgte für temporäre Verstimmung: Der noch amtierende Jugendstadt wollte auf keinen Fall zulassen, dass man erneut bei einer allgemeinen Wahl für alle 14- bis 21-Jährigen landet, die erfahrungsgemäß auf frustrierend wenig Resonanz stößt.

Breite Zustimmung für das neue Modell im Mülheimer Stadtrat

Nun hat der Hauptausschuss eine leicht veränderte Vorlage einstimmig und mit vielen lobenden Worten angenommen. Die wichtigsten Punkte: Die - immer noch namenlose - Jugendvertretung gründet sich alle zwei Jahre in einer öffentlichen Auftaktveranstaltung. Wer schriftlich Interesse bekundet, vielleicht auch erst später, vielleicht nur an einer Projektgruppe, gehört dazu. Ist Mitglied. Und darf ein vier- bis achtköpfiges Leitungsgremium wählen, das an Sitzungen des Rates, der Ausschüsse und Bezirksvertretungen teilnehmen kann.

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Überall dort können die Jugendvertreter auch eine Redemöglichkeit bekommen, sofern die „erwachsenen“ Gremien ihnen das erlauben. Ein verbrieftes Mitwirkungsrecht haben sie allerdings nicht. Dabei hatte gerade die Erfahrung, von der etablierten Politik übergangen zu werden, nicht gehört zu werden, viele Mitglieder des jetzigen Jugendstadtrates frustriert. Aus diesem Grund haben sie selber das neue Modell maßgeblich mit entwickelt.

Jugendstadtratsmitglied: „Gute Lösung, die von allen getragen wird“

Gleichwohl zeigt sich Jugendstadtratsmitglied Moritz Kösters jetzt mit dem, was der Hauptausschuss anstelle des Rates beschlossen hat, „sehr zufrieden“. Nach der Sitzung des Jugendhilfeausschusses habe es noch mal „ein Treffen in freundschaftlicher Atmosphäre“ gegeben. „Wir sind zu einer guten Lösung gekommen, die von Politik, Verwaltung und allen beteiligten Akteuren getragen wird“, sagt der 18-Jährige, der gerade mitten in den Abiturprüfungen steht. Ein Jugendgremium, das gleich wieder gespalten ist, sei sicher kein guter Ansatz, so Moritz Kösters.

Jusos: Jetzt ist der OB in der Pflicht

Nach Ansicht der Mülheimer Jusos bringt die Reform „viel Licht und etwas Schatten“.

Sie begrüßen, „dass der Hauptausschuss der Initiative des Jugendstadtrates folgt und auf die Mängel reagiert, die das alte System der Jugendbeteiligung in Mülheim über die Jahre gezeigt hat“, sagt Juso-Vorsitzende Isabel Felix, die früher selber dem Jugendstadtrat angehörte.

Das neue Konzept räume mehrere Kritikpunkte aus: zu bürokratische Strukturen, unflexible Amtszeiten, zu wenig Offenheit für spontanes Engagement.

Zugleich hätten Jusos und SPD gefordert, dass alle Mülheimer Jugendlichen ohne Anmeldepflicht berechtigt sind, das Leitungsgremium zu wählen. „Das war mit der Verwaltung und der schwarz-grünen Ratsmehrheit aber nicht zu machen“, bedauert Isabel Felix.

Die Jusos sehen nun Oberbürgermeister Marc Buchholz in der Pflicht, die von ihm in Aussicht gestellte Vollzeitstelle in der Verwaltung zu schaffen. „Wir nehmen ihn beim Wort.“

Bei diesem Thema engagiert in die Bresche geworfen hat sich der SPD-Stadtverordnete Filip Fischer, früher selber Vorsitzender des Jugendstadtrates. Er zeigt sich nun überzeugt von dem neuen Modell, sieht aber noch ein großes Manko. Zur Begleitung der Jugendvertretung steht derzeit nur eine Fünftel-Stelle im Mülheimer Jugendamt zur Verfügung. Aber im Grunde sind sich alle einig: Es müsste eine zusätzliche Fachkraft her.

„Wir wollen unbedingt, dass eine Vollzeitstelle eingerichtet wird, die alles begleitet“, sagt Fischer. „Sonst ist es nur ein Papiertiger.“ Auch Oberbürgermeister Marc Buchholz hat diesen Ruf vernommen. Im Hauptausschuss versprach er, alle Mögliche zu unternehmen, damit diese Stelle eingerichtet werden kann, zu prüfen, was machbar ist. Die SPD kündigt an, hier mit Vorschlägen beizuspringen.