Mülheim. Der Aufbau der Ausstellung „Körperwelten“ in Mülheim ist eine Arbeit mit viel Respekt vor den Menschen. Die Ausstellung wird am Freitag eröffnet.
Vorsichtig entfernen Benjamin Heier und Denis Schult mit einem Teppichmesser die Luftpolsterfolie, mit der zwei menschliche Körper umwickelt sind. Sie sind ein eingespieltes Team, die Schritte sind gut aufeinander abgestimmt. Nach und nach legen sie die beiden Körper frei, die die legendäre Titanic-Pose imitieren und so bis in alle Ewigkeit miteinander verbunden sind. Das „Titanic-Paar“ ist eines von 20 Ganzkörperplastinaten und insgesamt 150 Exponaten, die ab Freitag in der Ausstellung „Körperwelten – Eine Herzenssache“ im Technikum auf dem ehemaligen Tengelmann-Gelände zu sehen sein werden.
Noch herrscht in der Veranstaltungshalle an der Wissollstraße in Speldorf emsiges Treiben. Bereits am vergangenen Freitag haben sechs 40-Tonner die Exponate und die Ausstellungstechnik angeliefert. Verstaut sind die Ausstellungsstücke in eigens für die „Körperwelten“ hergestellten Transportboxen. Neben Luftpolsterfolie werden die Exponate in den Boxen mit viel Schaumstoff geschützt, damit sie unterwegs keinen Schaden nehmen.
Die Ausstellung zeigt Ganzkörperexponate, Teilplastinate, Körperscheiben und Organe
Nun liegt der Aufbau in den letzten Zügen. Nicht nur die Ganzkörperexponate, Teilplastinate, transparenten Körperscheiben und einzelne Organe müssen ihren richtigen Platz finden. Allein 180 Scheinwerfer sollen die Ausstellungsstücke ins rechte Licht rücken, 500 Meter an Ausstellungswänden zeigen den Besuchern den richtigen Weg. Auch wenn der Umgang mit den plastischen Ausstellungsstücken für die insgesamt acht Mitarbeiter der „Körperwelten“-Crew mittlerweile alltäglich ist, verrichten sie ihre Arbeit sehr vorsichtig und mit viel Respekt.
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„Es waren mal lebendige Menschen, deshalb sind wir sehr darauf bedacht, die Exponate vorsichtig zu behandeln“, sagt Sven Rosenberg. Der technische Leiter der Ausstellung hat mittlerweile bei über 250 Auf- und Abbauten der weltweit größten Wanderausstellung mitgewirkt, abgestumpft ist er aber nicht. Dadurch, dass den Exponaten das Gesicht und damit ein wichtiger Teil ihrer Persönlichkeit fehle, könne man es schon mit Abstand betrachten. Dennoch sei die Arbeit mit den Plastinaten immer wieder sehr spannend und mache auch nachdenklich. Rosenberg zeigt auf ein Exponat, das hinter einer Plexiglasscheibe liegt. „Das Gehirn finde ich sehr faszinierend und interessant, denn dort war ja mal alles abgespeichert, was einen Menschen ausgemacht hat.“ Sein Wesen, seine Art, die Erinnerung an ein ganzes Leben.
Ausstellung läuft bis August
Für Leser gibt es vergünstigte Tickets im Vorverkauf: 40 Prozent Vorteilsrabatt auf Familien- und Erwachsenenkarten für einen Ausstellungsbesuch bis einschließlich 30. April. Einzulösen sind diese auf www.reservix.de mit dem Aktionscode FUNKE.
Die Ausstellung läuft vom 26. März bis 22. August 2021. Um Einlass und Besucherführung zu optimieren, ist beim Ticketverkauf im Vorverkauf die Buchung eines Zeitfensters erforderlich.
Früher war Sven Rosenberg Physiotherapeut. Zufällig ist er dann am Firmensitz von Plastinator und „Körperwelten“-Erfinder Gunther von Hagens im brandenburgischen Guben gelandet, hat als Plastinationsassistent sogar an einigen Ausstellungsstücken mitgearbeitet. Viele Kollegen aus dem Team, so Rosenberg, hätten eine anatomische Ausbildung. Was bei solch einer speziellen Arbeit natürlich kein Nachteil sei. Denn wenn, bei aller Vorsicht, beim Aufbau dann doch mal etwas verrutsche, sollte man schon wissen, wo es genau wieder hingehöre.
Schwerpunkt der Ausstellung in Mülheim: das Herz und das Gefäßsystem
Thematischer Schwerpunkt der Ausstellung im Mülheimer Technikum ist das Herz und das Gefäßsystem. Direkt am Eingang der Ausstellungshalle verdeutlichen zahlreiche rote, große Fässer eindrucksvoll die 7000 Liter Blut, die unser Herz unter Höchstleistung täglich durch unseren Körper pumpt. Eine gesunde Lunge im Vergleich zu einer Raucherlunge hat aus dem ein oder anderen Besucher mit Sicherheit im Nachhinein einen Nichtraucher gemacht. Auch wenn er selbst auf die Feierabendzigarette noch nicht verzichten möchte, so hat die Arbeit dennoch Einfluss auf das Leben von Sven Rosenberg und seiner Kollegen genommen. „Früher hatten wir in unserer Verpflegungsbox viel Limonade und Süßigkeiten“, erinnert sich Rosenberg. „Wenn man heute reinschaut, findet man Wasser und Obst.“