Mülheim. Groß war der Zorn, als 2020 ein Gewerbegebiet die Wiesen am Mülheimer Aubergweg durchschneiden sollte. Nun aber trennen Zäune die Natur.

Wildromantisch breiten sich die Auen am Aubergweg bis zu den Waldrändern im Osten und Süden aus. Abgeschirmt durch Bäume von der Kölner Straße ist es ein Ort, wo sich Igel und Hase gute Nacht sagen würden – also, wenn sie sich noch begegnen könnten. Denn unlängst haben die Eigentümer der Auen einen engmaschigen Gatterzaun gezogen, der Rehe und Kleintiere nicht nur vom Betreten, sondern auch von lebenswichtigen Wasserstellen abhält. Mitglieder der Initiative „Hände weg vom Auberg“ sind alarmiert, weil damit eine ökologisch zusammenhängende Fläche zerschnitten werde.

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Wo sich Hase und Igel nicht mehr gute Nacht sagen

„Hier kommt kein Igel mehr durch“, zeigen Peter Pankok und Muriel Brockerhoff von der Initiative auf das Knotengeflecht aus Draht, dass sich entlang des Aubergwegs nach Norden zieht und eine Wiese an der Nord- und Ost-Seite umspannt. Seit zwei Wochen, seit etwa Ende Februar, soll – so Pankok – dieser etwa 1,20 Meter hohe Zaun errichtet worden sein. Eigentlich wird er im Forstwesen etwa gegen Rehe und Wildschweine eingesetzt, um zum Beispiel junge Bäume gegen Fraß zu schützen. Hier allerdings schützt er augenscheinlich nur das Gras der Privatgrundstücke.

Auf einer zweiten Wiese südlich davon sind bereits Markierungen für weitere Pflöcke gesetzt. Wenn dann auch diese Wiese von Gatterzäunen eingezäunt wird, würde der direkte Zuweg vom nahen Waldstück nach Norden und Osten für Rehe, Füchse, Hasen und Co. abgeschnitten, befürchtet die Mitglieder der Initiative. Und damit auch ein Stück Naturschutzgebiet, zu dem die Wälder der Thyssen-Krupp-Stiftung und des RVR gehören.

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Zäune schneiden den Zugang zur Mühlenbachquelle ab

Mit dieser Zäsur fielen Flächen weg, die die Tiere zum Äsen oder Jagen nutzten. Möglicherweise würden damit auch die Wälder, die dank der Alternativen bislang nicht so stark vom Verbiss betroffen sind, stärker als Nahrungsquelle heimgesucht. Nähme das aber Überhand, müssten die Tiere dann gejagt werden – so jedenfalls das düstere Szenario von Pankok und Brockerhoff.

Und ein weiterer Aspekt soll laut der beiden Mahner mit hineinspielen: Kurz hinter den Zäunen liege die Mühlenbachquelle, die vor allem im trockenen Sommer aufgesucht worden ist, berichten die Initiativler mit Sorge. Und mit Unverständnis. Denn es ist nicht einmal ein Jahr her, dass die Initiative mit dem damaligen OB-Kandidaten der CDU, Marc Buchholz, und den Grünen an jener Stelle stand.

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Der Gewerbeplan ist Geschichte – wohl aber nicht die Teilung der Landschaft

Thema? Die drohende Durchschneidung der zusammenhängenden Landschaft aus Naturschutzgebiet und Auen durch ein mögliches Gewerbegebiet. „Damals hat Herr Buchholz signalisiert, dass er die hohe ökologische Bedeutung der Flächen und ihren Schutz verstanden hat“, sagt Pankok. Buchholz hatte auch gegenüber der Zeitung betont, dass insbesondere ökologische Gründe gegen eine Gewerbenutzung am Fulerumer Feld, am Auberg und im Winkhauser Tal sprächen. Der Gewerbeplan ist nunmehr Geschichte, doch nun könnte dem Gebiet dennoch eine Teilung drohen.

Dabei gäbe es Alternativen zum Gatterzaun: Auch gegenüber der beiden Wiesen hat der nahe Fichtenhof eine Begrenzung um seine Felder mit Schnüren hochgezogen. Der so genannte Weidezaun soll eventuell durchgehende Pferde davon abhalten, etwa in Panik bis zur Kölner Straße durchzubrechen. Bewusst seien die Litzen nicht unter Strom gesetzt, weil dies Hunde nicht vertragen könnten. So schildern es die Eigentümer auf einem Plakat mit dem Hinweis: noch nicht.

Nicht schön, aber der Weidezaun lasse wenigstens Tiere passieren, meinen die Initiativler. Früher habe es hier freie Flächen gegeben, es sei Raps und ähnliches angebaut worden. Seitdem aber die Landwirte aufs Reiten umgestiegen seien, so Pankok, sollen die Flächen offenbar als Futterquelle dienen. Hunde seien darauf nicht gerngesehen. Würden nun auch andere Tiere als „Fressfeinde“ betrachtet?

Wanderweg mit „Ostblock-Charme“?

Umweltamt spricht sich für Zäune aus

Das Umweltamt – an diese Stelle hat OB Mac Buchholz die Beurteilung delegiert – sieht die „Durchlässigkeit der Flächen nach wie vor gewährleistet“, wie es auf Anfrage der Redaktion mitteilt. Die Zäune seien gesetzt worden, um die Flächen landwirtschaftlich zu nutzen. Dort sollen Nutztiere, möglicherweise Schafe, gehalten werden.

Diese Flächennutzung entspreche den geltenden Bestimmungen und bedürfe keiner weiteren Genehmigung, auch nicht von Seiten der Nachbarn.

Wasser gebe es in dem Bereich des Aubergs an vielfältigen Stellen und nicht einzig an der genannten Stelle, argumentiert das Amt. Zudem sei dieses Reservoir bis vor wenigen Wochen nicht nutzbar gewesen, da dort in dem sogenannten kleinen Wäldchen ein kompletter Verbau zum Teil mit Beton bestand. Dieser wurde auf Betreiben der Unteren Naturschutzbehörde von dem Grundeigentümer zurückgebaut und erst dadurch sei dort der Mühlenbach als Gewässer wieder zugänglich.

„Alle Maßnahmen, die dort stattfinden, entsprechen der Zielsetzung der Entwicklung des Naturraumes und der Verbesserung der Biodiversität. Auch die für eine landwirtschaftliche Nutzung erforderlichen und zulässigen Maßnahmen sind hier aus ökologischer Sicht begleitet worden“, teilt das Umweltamt mit und hält die Maßnahmen deshalb nicht nur für sinnvoll, sondern unterstützt sie ausdrücklich.

So droht dem immer enger umzäunten Aubergweg allmählich ein gewisser Ostblock-Charme bis hin zum Wald. „Die Umzäunung sei Irrsinn“, sollen nicht wenige Spaziergänger bereits geäußert haben, berichten Pankok und Brockerhoff von der Initiative. „Der Eigentümer ist doch ein bekannter Saarner“, wundert sich eine Spaziergängerin auch just am Mittwochmorgen. Und meint, der müsse doch Interesse daran haben, dass die Natur hier erhalten bleibt. Eigentum verpflichte auch.

Die Mitglieder der Auberg-Initiative könnten aber damit leben, „wenn man wenigstens Zäune errichten würde, die durchlässig für Tiere wären“, ergänzen Brockerhoff und Pankok. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister und die politischen Fraktionen erinnern sie diesen an den gemeinsamen Termin. „Wir hoffen, dass der OB weiter zu seinem Wort steht, und in der Sache etwas ändern kann.“