Mülheim. Die meisten Mülheimer Hausärzte würden in den Praxen impfen, wenn Impfstoff zur Verfügung stünde. AstraZeneca wird im Impfzentrum gut angenommen.
Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) stellt schon die Weichen für eine ambulante Versorgung mit dem Corona-Impfstoff, so er denn irgendwann ausreichend zu Verfügung steht. Derzeit impft nur das Impfzentrum. In Mülheim wird aber auch das Vakzin von AstraZeneca recht gut angenommen.
Noch bis Mittwoch läuft eine KVNO-Abfrage in den Praxen der niedergelassenen Mülheimer Haus- und Fachärzte, ob sich die Ärztinnen und Ärzte eine Impfsprechstunde vorstellen können, und wie viele Patienten sie wohl pro Woche in den Praxen immunisieren würden, berichtet Dr. Stephan von Lackum. „Wir haben eine Rückmeldung mit großer Akzeptanz unter den Hausärzten“, so von Lackum, Vorsitzender der KV in Mülheim. Auch viele niedergelassene Fachärzte hätten ihre Impf-Bereitschaft signalisiert.
Ohne niedergelassene Ärzte sei das Impfen in absehbarer Zeit nicht zu schaffen
Schwerpunktpraxen nur zum Impfen sind laut von Lackum in Mülheim nicht geplant. Alle, die impfen wollen, sollen das wohl auch tun können. Rund 240 Arztpraxen gibt es in Mülheim. Stephan von Lackum, der mit seinen angestellten Ärzten eine Praxis in Speldorf und eine in Selbeck betreibt, erwägt, tageweise in jeweils einer Praxis zu impfen und in der anderen die normale Sprechstunde abzuhalten. Ab wann? „Das hängt allein vom Impfstoff ab - ohne kann man ja nicht planen“, sagt er. Auch das Unternehmen Johnson & Johnson habe ja inzwischen die Zulassung für seinen Impfstoff beantragt, so Dr. von Lackum. Dieser Impfstoff müsse nur einmalig injiziert werden - „das wäre doch ideal für Hausarztpraxen“.
Ohne die niedergelassenen Ärzte, so Stephan von Lackum, der auch einer der leitenden Impfärzte im Mülheimer Impfzentrum ist, sei die Impfung der Mülheimer Bevölkerung kaum in absehbarer Zeit zu schaffen. Das wollen auch die KV und das NRW-Gesundheitsministerium. „Es sollen ja alle bis zum Herbst ein Impfangebot bekommen“, erinnert er, nämlich die erwachsenen Mülheimer und die Jugendlichen ab 16 Jahre. Für die 16- bis 18-Jährigen ist derzeit nur Biontech zugelassen, so von Lackum, für Kinder noch kein Impfstoff. Dr. von Lackum hofft, dass sich das bis spätestens zum Jahresende geändert hat, wenn die laufenden Studien ausgewertet sind.
Wer die Impfung mit AstraZeneca abgesagt hat, kann nicht auf Biontech hoffen
Der Impfstoff von AstraZeneca ist in Mülheim offenbar besser akzeptiert als anderswo. Das Vakzin wird derzeit montags im Impfzentrum an die Priorisierungsgruppe zwei verimpft, an Menschen aus zum Beispiel den Berufsgruppen Rettungsdienste, ambulante Pflege, Zahnärzte, niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie das Praxispersonal. Rund 5 Prozent Absagen habe es bisher gegeben, schätzt von Lackum. Am Montag wurden in Mülheim wieder 352 Impfdosen verabreicht. Ob es bei den Absagegründen immer die Sorge vor möglichen Nebenwirkungen gewesen sei, kann von Lackum nicht sagen. Er weiß aber von Kommunen, wo weitaus mehr Berechtigte auf die Impfung mit dem AstraZeneca-Wirkstoff verzichtet hätten, sogar bis zu 20 Prozent, hat er gehört.
Zehn Fälle mit der englischen Mutante
Die Mülheimer Inzidenzzahl lag am Mittwochmorgen bei 34,6. „Ein Wert, wo andere erst noch hinwollen“, sagt Impfarzt Dr. von Lackum. Mülheim hat nach Münster die zweitniedrigste Inzidenz in Nordrhein-Westfalen.
Am Dienstagnachmittag galten in Mülheim insgesamt noch 95 Menschen als positiv, zehn davon hatten sich laut Mülheimer Gesundheitsamt mit der englischen Corona-Mutante infiziert.
„Wer die Impfung mit AstraZeneca abgesagt hat, kann aber nun nicht auf Biontech hoffen“, betont Stephan von Lackum. „Der NRW-Ministererlass verbietet das.“ Der Biontech-Impstoff würde derzeit an über 65-Jährige verimpft, erinnert von Lackum. Wer zwischen 19 und 64 Jahre alt ist, kann sich aktuell nur mit AstraZeneca impfen lassen, sofern man schon dazu berechtigt ist.
Wer auf der „B-Liste“ steht, muss zur Impfung auch berechtigt sein
Was die Berechtigung angeht, so bekommt das Mülheimer Gesundheitsamt zunehmend Anrufe von Menschen, die sich gern auf die „B-Liste“ setzen lassen wollen, berichtet Amtsleiter Dr. Frank Pisani. Manche gebärdeten sich dabei auch recht ungehalten bis aggressiv, wenn sie erfahren, dass das nicht möglich ist. „Diese B-Liste entstand als Notbehelf, um dafür zu sorgen, dass im Impfzentrum keine einzige Impfdosis weggeworfen werden muss“, erklärt Feuerwehrchef Sven Werner. Die Menschen auf der Liste müssten nicht nur derzeit zur Impfung berechtigt, sondern auch ganz kurzfristig verfügbar sein. So stünden derzeit zum Beispiel unter anderem Arztpraxen auf der Liste, die angerufen werden möchten, wenn plötzlich und ungeplant wenige Impfstoffdosen übrig sein sollten.