Mülheim. Kurz vor der Mülheimer Haushaltsdebatte am Freitag räumen CDU und Grüne die Kürzungen bei Kita und OGS vom Tisch. Wo stattdessen gespart wird.
Der deutliche Aufschrei gegen die Einsparungspläne des Kämmerers und Oberbürgermeisters im Kita- und OGS-Bereich ist nicht nur gehört worden: CDU und Grüne haben in letzter Minute vor der Haushaltsdebatte am Freitag die Kürzungen bei den Kita-Trägern vom Tisch geräumt. Beim Offenen Ganztag wird nur zur Hälfte gekürzt. Der Preis dafür? Unter anderem Streichungen bei den Stadtteilbibliotheken und eine Mehrbelastung der Verwaltung.
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Plan der Koalition will Perspektiven schaffen für drei Jahre
Doch zunächst das Positive: Die schwarz-grüne Koalition hat diesmal einen Plan für die kommenden drei Jahre aufgestellt. Ihre Vorschläge sollen die Einsparziele von zwei Millionen (2021), vier (2022) und sieben Millionen Euro (ab 2023) erreichen können. „Es war uns wichtig, eine nachhaltige Finanzpolitik mit Perspektive wenigstens bis 2023 aufzustellen, damit wir nicht jedes Jahr dieselben Fragen diskutieren müssen“, erläutert CDU-Fraktionsvorsitzende Christina Küsters.
„Die Härten im Haushaltsplanentwurf können wir so nicht vertreten, der Haushaltplan muss die Lasten auf mehrere Bereiche verteilen“, sagt Grünen-Fraktionschef Tim Giesbert. Denn dies hätte sonst zur Folge haben können, dass etwa Träger von Kitas weniger investiert oder sich sogar zurückgezogen hätten. Diese Ausfälle aber hätte die Stadt mit eigenen Kitas wohl kompensieren müssen.
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Scharfe Einschnitte: Mülheimer Stadtteilbibliotheken werden abgebaut
Die Koalition will deshalb die Kita-Zuschüsse, die in Mülheim auf hohem Niveau liegen, unangetastet lassen und auch die OGS-Träger nur zur Hälfte belasten. Statt einer Millionen Euro in diesem Jahr werden nur 500.000 Euro eingespart. In den Folgejahren sind es nur 1,2 statt 2,4 Millionen Euro. Die Träger könnten dies ausgleichen, indem sie weniger Personal in der Kernschulzeit von 9 bis 12 Uhr einsetzen, schlägt die Koalition vor. Damit liege der Personalschlüssel immer noch über Landesniveau.
Scharfe Einschnitte dürfen hingegen die städtischen Bibliotheken in den Stadtteilen erwarten. Von den vier Einrichtungen soll das Personal peu a peu, aber komplett ins Medienhaus abgezogen und letztlich abgebaut werden. Es geht um 10,7 Stellen, zwei davon, die aktuell ausgeschrieben sind, will die Koalition schon nicht mehr nachbesetzen lassen. Das spart insgesamt ab 2022 rund 200.000 Euro, ab 2023 rechnet man mit 400.000 Euro jährlich.
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Ist das Ende der Stadtteilbibliotheken damit besiegelt? Ja – sofern keine Ehrenamtler etwa aus dem Freundeskreis der Stadtbibliothek, Schulen oder Kirchen einspringen. Schwarz-Grün will prüfen lassen, ob die dann freien Räume nicht für OGS oder schulische Belange genutzt werden können.
Hoffnung auf neuen Nahverkehrsplan mit On-Demand-Dienst
Einen dicken Batzen soll auch der Nahverkehr beitragen – zumindest ab 2023 rechnen CDU und Grüne ihn mit zwei Millionen ein. Erreichen will man das mit der ohnehin geplanten Einstellung von Parallelverkehren, aber auch mit On-Demand-Diensten statt regulärem Busverkehr und Anpassungen von Taktzeiten. Spruchreif ist davon noch nicht viel. Just überarbeitet die Verwaltung den Nahverkehrsplan, mit einem Aufschlag ist frühestens vor den Sommerferien zu rechnen.
Ein On-Demand-Angebot, finanziert über Fördermittel, ist zumindest im Mobilitätsausschuss in Auftrag gegeben. Erreicht der neue Nahverkehrsplan das Sparziel aber nicht, will man Haltestellen bei den Straßenbahnlinien 104, 112 und 901 streichen.
Den Dezernaten und Fachbereichen drohen harte Jahre
Für einige Maßnahmen ist noch Luft
Dem Sparstift zum Trotz, für die ein oder andere freiwillige Maßnahme sehen CDU und Grüne noch Luft: Der Hauptausschuss des Mülheimer Karnevals erhält einmalig 15.000 Euro Unterstützung.
Auch die Sondernutzungsgebühren für die Außengastronomie werden 2021 einmalig erlassen (40.000 Euro).
Der paritätische Wohlfahrtsverband erhält für sein Selbsthilfebüro einmalig 15.000 Euro. Die Lernwerkstatt Natur wird finanziell mit 40.000 Euro jährlich in ihrem Bestand dauerhaft gesichert.
Ein nicht unbeträchtlicher Teil des großen Koalitionssparpakets machen „pauschale Einsparungen“ aus. Die Dezernate und Fachbereiche erwarten magere Zeiten, denn sie müssen ihre Ausgaben bis 2023 jedes Jahr um eine Millionen senken, also eine schon jetzt, 2022 dann zwei und 2023 schließlich drei Millionen.
Mit in die schwarz-grüne Rechnung spielen ebenso mehrere Einzelmaßnahmen. So sollen allein durch die LED-Umrüstung der Stadt bis 2023 gut 375.000 Euro, ab 2024 sogar jährlich 400.000 Euro eingespart werden. Eine satte Million erreicht die Umorganisation des Jobcenters als eigenständiges Amt, weil damit rund 30 Stellen über den Bund mitgefördert werden. Die Auflösung der Wirtschaftsförderung steuert 150.000 Euro bei, im Amt 45 spart man sich zudem eine Hierarchieebene und damit 100.000 Euro im Jahr.
Einen weiteren Vorteil sehen Christina Küsters und Tim Giesbert trotz der Einschnitte: Im Gegensatz zu den Jahren zuvor sind für die kommenden Jahre keine Steuererhöhungen notwendig.