Mülheim. Was in Duisburg und vielerorts für das Mikroklima getan wird, kommt in Mülheim kaum voran. Warum die Verwaltung grüne Wartehäuschen blockiert.

Im niederländischen Utrecht ist der „Klimaschutz im Kleinen“ längst „gewoon“, also üblich. Auch Duisburg hat 10 Quadratmeter „Großstadtdschungel“ auf einem Wartehäuschen. In der Ruhrstadt wird man auf begrünte Dächer von Bus- und Bahnhaltestellen, die als kleine Inseln für Insekten und Feinstaubfänger gelten, hingegen lange warten müssen. Nicht, weil die Politik sie nicht wollte. Im Gegenteil: Sie hat sie vor anderthalb Jahren beschlossen.

Doch umgesetzt wird dieser Beschluss nicht, weil Verwaltung und Ruhrbahn sich offenbar gegen die Maßnahme sperren. Trotz mehrfachen Nachhakens in den Ausschüssen hat die Stadt bislang kein Konzept vorgelegt, wie eine horizontale und vertikale Dachbegrünung umgesetzt werden könnte.

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SPD: „Stellungnahme der Verwaltung missachtet die Beschlusslage“

Im vergangenen Mobilitätsausschuss riss zumindest den Genossen der Geduldsfaden. „Die Stellungnahme der Verwaltung missachtet die Beschlusslage“, wetterte SPD-Sprecher Daniel Mühlenfeld, nachdem Planungsdezernent Peter Vermeulen knapp lediglich die möglichen Kosten vortrug und resümierte: „Bestehende funktionierende Dächer abzunehmen und auszutauschen, ist nicht darstellbar“.

Auf den ersten Blick erscheinen die Zahlen für die gut 500 Schutzdächer in der Stadt hoch: Die Verwaltung geht von einer Million Euro aus, plus 200.000 Euro jährliche Pflegekosten. Damit „würde eine Fläche von rund 3750 Quadratmetern begrünt werden, das entspricht etwas mehr als einem halben Fußballfeld“, wies Vermeulen die Idee zurück. Sie habe nur eine „eher geringe Bedeutung für den Klima- und Insektenschutz“.

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Mühlenfeld sauer: „So rechnet man ein Projekt kaputt“

Aus Sicht der Genossen geht Vermeulens Antwort im Ausschuss völlig am Beschluss vorbei, denn dieser fordert ein Konzept, „wie die Dächer von Bus- und Straßenbahnhaltestellen begrünt werden können, um insbesondere Bienen und andere Insektenarten zu schützen.“ Für Mühlenfeld hat auch die hohe Kostenrechnung der Verwaltung Methode: „Zum einen geht es uns darum, neue – und nicht alle – Häuschen zu begrünen. Zum anderen sollen sie auch nicht auf einmal, sondern stückweise begrünt werden. So aber rechnet man ein Projekt kaputt“, vermisst der SPD-Sprecher auch ein proaktives Handeln bei der Ruhrbahn.

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Das Verkehrsunternehmen stellt sich auf einen einfachen Standpunkt: „Natürlich ist die Ruhrbahn bereit, bei entsprechender Beauftragung und Bereitstellung der nötigen finanziellen Mittel, dem Wunsch der Dachbegrünung an Haltestellendächern nachzukommen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Utrecht hat 300 Dächer begrünt und über Werbung finanziert

Wie aber schafft es dann Utrecht? Dort wurden schon vor einem Jahr mehr als 300 grüne Dächer umgesetzt – rund die Hälfte aller Bushaltestellen der Stadt. Der Pflegeaufwand für die robusten, winterharten Pflanzen sei gering, heißt es seitens der von der Stadt beauftragten Firma.

Über Werbung finanzierten sich die Häuschen inzwischen selbst. „Grün, gesund und intelligent“ lautet der Stadtslogan Utrechts – vielleicht ein Vorbild für die Ruhrstadt.