Mülheim. Die Ruhrbahn bringt in Mülheim nach dem Wintereinbruch weiterhin kaum eine Straßenbahn auf die Strecke. Der Fahrgastverband Pro Bahn übt Kritik.
Auch nach dem Wochenende blieben am Montag die meisten Mülheimer Straßenbahnen im Ruhrbahn-Depot. Der Nahverkehrsbetrieb tut sich weiter schwerer als ÖPNV-Unternehmen in der Nachbarschaft, in den Normalbetrieb zurückzukehren. Der Fahrgastverband Pro Bahn übt Kritik.
Am Montagmorgen bot sich Ruhrbahn-Kunden beim Blick auf die aktuellen Verkehrsinformationen der Ruhrbahn das gleiche Bild wie am Freitag vergangener Woche: Nur die U18 war im Regelbetrieb auf der Strecke. Die Straßenbahnlinie 102 verkehrte im Wesentlichen nur auf ihrer unterirdischen Strecke, die Bahnen rollten zwischen Schloß Broich und „Auf dem Bruch“ in Dümpten. Bei der 104, der 112 und der 901 hieß es weiterhin: nur Schienenersatzverkehr.
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Pro-Bahn-Sprecher: Ruhrbahn schneidet wieder am schlechtesten ab
Pro-Bahn-Sprecher Lothar Ebbers bilanzierte am Montag zwischen Bochum und Duisburg überall Probleme der Nahverkehrsbetriebe, wieder in Takt zu kommen nach dem Wintereinbruch. Doch die Ruhrbahn schneide (mal wieder) „am schlechtesten“ ab. Nicht mal viel mehr als zwei Kilometer oberirdische Straßenbahn-Strecke der 102 habe die Ruhrbahn in den vergangenen Tagen für den Verkehr freiräumen können. „Das ist schon sehr wenig“, so Ebbers.
Er beklagt, dass die Ruhrbahn zu lange zugewartet habe mit der Instandsetzung von Strecken. Schon am vergangenen Dienstag, als es keinen Neuschnee und auch keine Verwehungen mehr gegeben habe, hätte man seiner Ansicht nach seitens der Ruhrbahn aktiver rangehen können, um Schienenwege abschnittsweise zu räumen. Da sei aber erst einmal gar nicht passiert.
Auch Verständnis für die Ruhrbahn: Niederflurbahnen entgleisen schnell
Verständnis zeigte Ebbers gleichwohl auch. Erstens fehle dem Betrieb wohl Personal, zweitens mache es die neue Niederflurtechnik der Bahnen schwerer, den Fahrbetrieb wieder aufzunehmen. Die Niederflurbahnen drohten schnell zu entgleisen, wenn in den Gleisrillen Eisklumpen seien. Und die Gefahr, dass andere Fahrzeuge, die über die Schienen rollen, diese wieder mit Eisklumpen blockieren, sei groß. Trotzdem bleibt Ebbers bei seiner Kritik, dass insbesondere die Ruhrbahn vergleichsweise wenig unternommen habe, um den Straßenbahnbetrieb wieder zu ermöglichen. „Die warten ab, dass es abtaut“, sagte er am Montag mit einer Prise Süffisanz.
Auch kritisiert Ebbers nicht nur die Ruhrbahn dafür, wie sie den Schienenersatzverkehr organisiert habe. Er beklagte, dass auf viel genutzten Strecken wie der der Linie 102 nach Dümpten zu spät Busse eingesetzt worden seien. Offenbar fehle der Ruhrbahn ein Konzept, das für Schnee-Ereignisse Prioritäten setze. In Duisburg bei der dortigen DVG habe dieses Krisenmanagement deutlich besser funktioniert, auch wenn dazu zu sagen sei, dass es Duisburg aufgrund seiner topografischen und klimatischen Verhältnisse auch leichter habe. „In Duisburg sind schon am vergangenen Montag praktisch alle Busse wieder gefahren“, so Ebbers.
Ruhrbahn betont: Sicherheit der Fahrgäste und des eigenen Personals geht vor
Die Ruhrbahn hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass sie aus Sicherheitsgründen nicht schneller wieder auf Betriebstemperatur kommen könne. Insbesondere der Eisregen habe dem Betrieb eine außergewöhnliche Belastung beschert mit glatten Straßen sowie vereisten Schienen, Weichen und Oberleitungen.
In Handarbeit, so hatte es am vergangenen Freitag eine Sprecherin berichtet, sei die oberirdische Strecke der 102 bis zur Haltestelle „Auf dem Bruch“ fahrtauglich gemacht worden. Während andernorts Straßenbahnen mit einem Schneepflug und und Schienenreinigern ausgestattet worden waren, um Strecken freizuräumen, war die Ruhrbahn dazu offenbar nicht in der Lage. Als großes Problem hatte die Ruhrbahn auch benannt, dass sie im Gegensatz zu anderen Verkehrsbetrieben viele Busse und Bahnen ungeschützt im Freien parke. Es habe sechs Stunden beansprucht, nur ein Fahrzeug von den Eis- und Schneelasten zu befreien.
Ruhrbahn weist Kritik von Pro Bahn zurück
Die aktuelle Kritik von Pro Bahn sei nicht nachvollziehbar, so eine Ruhrbahn-Sprecherin am Montag. Sie zog „jeweils andere Witterungsverhältnisse in Nachbarstädten“ als Entschuldigung heran. In Mülheim seien „mit Ankündigung des Schnees und des Eisregens unsere Schneewachen gefahren – Schienenfahrzeuge, die die Oberleitungen und die Schienen von Schnee für die nach Plan fahrenden Bahnen so freihalten. Diese Schneewachen wurden durch den Eisregen gebremst – hatten sie eine Strecke frei, saßen die Oberleitungen nach zehn Minuten wieder zu – die Bahnen waren ohne Strom.“
Die Schienen seien vollgelaufen und ob der extremen Minustemperaturen binnen kurzer Zeit so zugefroren, dass man betriebssicher nicht habe fahren können. „Entgleisungen wären vorprogrammiert gewesen. Selbst Streusalz hat bei diesen Temperaturen nichts ausrichten können“, so die Ruhrbahn-Sprecherin. Die Gleise habe man mit Spitzhacke und Brenner von Eis befreit.
Für Montagabend kündigte die Ruhrbahn neuerliche Räumversuche mit Hilfe der MEG an. Die Linie 112 sollte möglichst am Dienstag wieder rollen. Ein Lkw hatte am Montag eine Oberleitung auf der Strecke abgerissen. Der Linienweg der 102 bis Oberdümpten sei zurzeit noch wegen vereisten Schneeberge am Gleisrand auf der Straße „Denkhauser Höfe“, der verschneiten und vereisten Wendeanlage Oberdümpten und falschparkender Pkw nicht befahrbar.