Mülheim. Jammern kann jeder: Diese Menschen aus Mülheim blicken positiv, sogar dankbar auf 2020 zurück. Dabei hatten sie es nicht leicht. Im Gegenteil.
"Was habt ihr 2020 Schönes erlebt?" Unser Facebook-Aufruf hat lebhafte Reaktionen ausgelöst. Denn natürlich: Auch im Corona-Jahr wurden Babys geboren, Ringe getauscht oder Fesseln gelöst.
So freut sich Domenico, offenbar schwer gebeutelt vom früheren Chef, dass er einen neuen Job gefunden hat: "Wo einfach alles top ist. Wo die Arbeit Spaß macht. Wo man Mensch ist und kein Sklave und Fußabtreter." Mit drei Menschen aus Mülheim haben wir ausführlicher über ihre Glücksmomente 2020 gesprochen.
Mülheimer Krankenpfleger: Optimismus fördert den Heilungsprozess
Bei Steve Kretschmann klingt es zunächst, als sei er mit sehr wenig zufrieden: Für ihn war das Gute am alten Jahr, dass er sich bisher nicht mit Covid-19 infiziert hat. Wenn man jedoch weiß, dass der 32-Jährige als Gesundheits- und Krankenpfleger arbeitet, ist das tatsächlich eine Menge wert. Alle Abstriche waren bislang negativ - allerdings liegen auf seiner Station im Evangelischen Krankenhaus Mülheim auch keine Corona-Patienten.
Noch etwas fand Kretschmann gut: "Dass 2020 hin und wieder über die unerträglichen Arbeitsbedingungen in der Pflege gesprochen wurde. Unser Beruf wurde deutlich mehr wahrgenommen als in den vergangenen Jahren. Auch wenn es noch nicht die Konsequenzen hat, die wir uns wünschen: mehr Personal, mehr junge Leute, die dann auch in der Pflege bleiben."
Der Krankenpfleger freut sich auch über die Corona-Impfungen, die jetzt endlich begonnen haben. Er sei froh, dass es so schnell geklappt hat, hält Impfstoffe dieser Art auch bereits für gründlich erforscht und möchte sich auf jeden Fall impfen lassen, so bald wie möglich: "Wenn es bei uns im Krankenhaus los geht, bin ich der Erste, der ,Hier' schreit."
Positives Denken sei grundsätzlich hilfreich in seinem Beruf, meint Steve Kretschmann: "Ich versuche, den Optimismus, den ich habe, auch an meine Patienten weiterzugeben, um ihren Heilungsprozess zu befördern."
Andrea Mobini: Krebstherapie mit Hilfe guter Freunde durchgestanden
Heilung, oder zumindest Erholung, ist im abgelaufenen Jahr auch für Andrea Mobini das wichtigste Thema gewesen, die viele in der Stadt als engagierte Politikerin (Die Linke) kennen. Nach einer Brustkrebsdiagnose und anschließender Operation Ende 2019 musste sie sich einer langwierigen Strahlentherapie unterziehen. Und dies in der Zeit des ersten Lockdowns.
Das Gute: Sie habe "wahnsinnig tolle Menschen" gefunden, die ihr trotz der Distanz immer wieder Mut zugesprochen haben. "Sie haben mich beschützt", sagt Andrea Mobini über ihre besten Freunde, "sie haben mich getragen", als sie einen ihrer schwersten Kämpfe bestehen musste, durch eine ganz schwere Phase ging. "Darum kann ich das Jahr, trotz ganz vieler negativer Sachen, positiv sehen." Inzwischen gehe es ihr körperlich und psychisch schon wieder deutlich besser.
Alleinerziehende Mutter lobt ihre vier Kinder
Wer meint, jede alleinerziehende Mutter von vier Kindern wurde in den vergangenen Monaten zu Boden gerungen, sollte einmal mit Marina Jennen sprechen, die 2014 aus Mönchengladbach nach Mülheim gezogen ist. Einer Liebe wegen, die leider nicht gehalten hat. Die 32-Jährige lobt ihre Freundin, die sie bei allen Schwierigkeiten "super unterstützt" habe, und ist dankbar für die Kooperationsbereitschaft ihrer Kinder im Alter zwischen vier und 13 Jahren. "Ich ziehe den Hut vor ihnen", sagt Marina Jennen, "das Homeschooling hat toll funktioniert."
Auch auf sich selber kann die junge Frau stolz sein: "Ich habe von alten Dingen, die mir nicht gut taten, los gelassen, mein Gewicht reduziert und neue Energie gefunden mein Leben zu ordnen." Trotz Corona habe sie 2020 nette Leute kennen gelernt und auch einen neuen Partner gefunden. "Man muss immer optimistisch bleiben", meint Marina Jennen. "Es geht ja gar nicht anders."