Mülheim. Alleinerziehende Eltern in Pflegeberufen könnten bald Hilfe von „Feen“ oder „Kobolden“ bekommen. Kein Traum, sondern ein Modell auch für Mülheim.
„Sonne, Mond und Sterne“: Der Name des Projektes klingt so niedlich-harmonisch wie ein Schlaflied, dabei kommt es gerade in stressigen, in schwierigen Lagen zum Tragen. Es ist ein Angebot, bei dem Ehrenamtliche Kinder daheim betreuen, wenn alle Kitas geschlossen haben. Es ist eine Initiative des Landesverbandes alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) in Essen. Auch in Mülheim wird darüber nachgedacht.
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Zielgruppe sind Alleinerziehende, die ohne ergänzende Kinderbetreuung gar nicht arbeiten oder eine Ausbildung abschließen könnten. Die vielleicht Schichtdienst haben und zu nachtschlafender Stunde aus dem Haus müssen oder zurück kommen. Darum heißt das Projekt „Sonne, Mond und Sterne“: Qualifizierte Ehrenamtliche betreuen die Kinder zu den Randzeiten, am Wochenende, an Feiertagen, bei Bedarf auch über Nacht. Das Angebot gilt für Drei- bis 14-Jährige.
„Wir sind keine Konkurrenz zu Kindertagesstätten oder zur OGS“, betont Anja Stahl, Fachreferentin beim VAMV. Die Betreuung findet im eigenen Haushalt statt, damit alle Beteiligten „entspannte Tagesverläufe auch bei ungewöhnlichen Arbeitszeiten erleben“. Auch für diejenigen, die ins Haus kommen, hat man sich putzige Bezeichnungen überlegt: „Kinderfeen“, wenn sie weiblich, „Kobolde“, wenn sie männlich sind. Für die Eltern ist dieser Service komplett kostenlos.
In Essen läuft „Sonne, Mond und Sterne“ seit 2015, zunächst als befristetes Modellprojekt. Vor rund zwei Jahren hat das dortige Jugendamt in Kooperation mit dem Jobcenter die Finanzierung übernommen, denn obwohl die „Kinderfeen“ und „Kobolde“ nur eine Aufwandsentschädigung bekommen, fallen Kosten an für ihre Qualifizierung, Vermittlung und Begleitung. In Essen kalkuliert man mit 150.000 Euro im Jahr. Eine Finanzierung sei aber auch über Projekt- oder Stiftungsgelder denkbar, so der VAMV, der das Modell gerne in weitere Städte tragen möchte.
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Allerdings kann nur ein überschaubarer Kreis von Alleinerziehenden profitieren, maximal 20 Familien zugleich. In Essen gibt es laut VAMV ständig eine Warteliste. Andererseits hätten bereits einige Mütter mit Hilfe von „Sonne, Mond und Sterne“ den Weg aus der Sozialhilfe geschafft: „So konnten sich schon zwölf Alleinerziehende von Hartz-IV-Empfängerinnen zu gesuchten Fachkräften im Pflegebereich qualifizieren“, berichtet eine Sprecherin des VAMV.
Mehr als 3100 Haushalte von Alleinerziehenden in Mülheim
Auch in Mülheim steht der Verband in Kontakt mit dem Jugendamt. Am 14. Dezember wird „Sonne, Mond und Sterne“ im Jugendhilfeausschuss vorgestellt. Von einem Bedarf an ergänzender Kinderbetreuung darf man ausgehen. Laut städtischer Statistik gab es zum Stichtag, dem 31. Dezember 2019, insgesamt 3104 Haushalte von Alleinerziehenden in Mülheim, also Erwachsene, die ausschließlich mit minderjährigen Kindern zusammenleben. Das sind knapp vier Prozent aller Haushalte, wobei die Spanne zwischen zwei Prozent in Menden-Holthausen und fünf Prozent in Styrum liegt. Fast 60 Prozent der Alleinerziehenden betreuen nur ein Kind, zwölf Prozent von ihnen müssen sich aber um drei oder mehr Kinder kümmern.
Kinder können zu Hause und im gewohnten Rhythmus bleiben
In solchen Konstellationen ist Berufstätigkeit ohne Unterstützung kaum möglich. Als Vorteile von „Sonne, Mond und Sterne“ werden in der Ausschussvorlage des Jugendamtes hervorgehoben: „Die Kinder können in ihrer gewohnten Umgebung und im eigenen Haushalt bleiben“, in ihrem normalen Tagesrhythmus leben. Offenbar ist auch ein Weg gefunden, die Ehrenamtlichen schon am Dezember zu qualifizieren, nämlich durch das Evangelische Familien- und Erwachsenen-Bildungswerk. Ab Mai 2021 könnten dann zwei bis drei alleinerziehende Eltern aus Mülheim unterstützt werden, die in einem Pflegeberuf arbeiten.
Über diese Schiene will die Stadt auch die finanzielle Last abwälzen: Die „Kobolde“ und „Feen“ sollen durch Zuwendungen aus dem Pflegestärkungsgesetz bezahlt werden, die Eltern müssten dies bei ihrer Krankenkasse beantragen. „Das Projekt ist somit für den Haushalt kostenneutral“, betont die Verwaltung.