Mülheim. Die weltweit einzigartige Mülheimer Sammlung optischer Geräte, Grafiken und Bücher zur Geschichte des Sehens geht an drei Hochschulen/Museen.

Die Phänomene des Optischen haben Werner Nekes sein Leben lang fasziniert . Die Sammlung des 2017 verstorbenen Filmemachers und Medienforschers ist weltweit einzigartig, doch eine dauerhafte Ausstellung der vielen zusammengetragenen Schätze – etwa in einem eigenen Museum – gab es bislang nicht. In Mülheim wurde einst heftig darüber diskutiert, ob und wo die optischen Geräte sowie die Grafiken und Bücher zur Vorgeschichte von Film und Fernsehen ausgestellt werden könnten. Zu einer Einigung kamen die Stadt und der Künstler damals nicht.

2400 optische Apparate und 5550 Bücher

Nun ist die Sammlung von Ursula Richert-Nekes, der Witwe Nekes’, verkauft worden. Sie wird auf drei Standorte aufgeteilt. 50 Prozent der Exponate gehen an die Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität Köln, 29 Prozent an das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt und 21 Prozent an die Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam/Babelsberg. „Das ist die einmalige Chance, einem möglichst großen Publikum Zugang zur Sammlung zu ermöglichen – aus den drei verschiedenen Perspektiven der drei Institute“, heißt es seitens des Filmmuseums Frankfurt, in dem Werner Nekes übrigens 1984 die Eröffnungsausstellung kuratierte.

Zwei Modelle einer Laterna Magica von Werner Nekes aus Mülheim in einer Ausstellung in Siegen (2009).
Zwei Modelle einer Laterna Magica von Werner Nekes aus Mülheim in einer Ausstellung in Siegen (2009). © WR | Horstgünter Siemon

Die Größe von Nekes’ Kollektion ist beträchtlich . Sie umfasst etwa 2400 optische Apparate, 15.500 Grafiken und 5550 Fachbücher. Jeder der drei Standorte erhält eine Auswahl an Ausstellungsstücken, die die gesamte Sammlung im Sinne des Künstlers repräsentieren. „Das gegenseitige Ausleihen von Exponaten beziehungsweise das Verleihen an andere Museen bleibt weiterhin möglich“, erklärt Ursula Richert-Nekes. Zudem werde in den kommenden Monaten eine gemeinsame Datenbank zum Gesamtwerk erstellt.

Vom Kassenberg zum Schloß Wahn

Vom Mülheimer Kassenberg wurde die Sammlung schon im August/September zum Schloß Wahn in Köln gebracht. Dort wird sie von den Fachleuten derzeit erschlossen und neu inventarisiert. Erst in zwei Jahren wird sie auf die drei Institutionen aufgeteilt. „Die meisten Exponate sind gut erhalten, aber es muss trotzdem geprüft werden, was restauriert werden muss“, so Richert-Nekes. Bei der Sichtung und Dokumentation stoßen die Wissenschaftler öfter auf ganz überraschende Dinge. Andere Geräte sind ihnen bekannt, weil Werner Nekes sie immer mal wieder öffentlich präsentiert hat. Es gab auch viele Ausstellungen im Ausland – in Los Angeles, Melbourne, Kairo, Athen oder Tokio beispielsweise.

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Zu den Raritäten, die der Experimentalkünstler und Medientheoretiker gesammelt hat, zählen unter anderem der erste Cinematograph von Lumière, einer der ersten Farbprojektoren aus England (um 1908), der erste in Serie hergestellte Fernseher (1926), eine Scopitone Filmbox (Frankreich, 1958), verschiedene Modelle einer Laterna Magica, einer Camera Obscura, eines Guckkastens. „Unzählige wissenschaftliche Bücher und historische Veröffentlichungen gehören ebenso zum Inventar“, berichtet Robert Hahn, Sprecher der Theaterwissenschaftlichen Sammlung (Köln). Darunter ist sogar Wissenschaftsliteratur aus dem 15. Jahrhundert.

Zur Person

Werner Nekes wurde 1944 in Erfurt geboren. Er lebte rund 40 Jahre lang in Mülheim , hatte gute Kontakte zu vielen Mülheimer Künstlern. Nekes war Hochschulprofessor in Hamburg und Köln. Seine Filmographie ist lang, er hat viele Preise erhalten, war unter anderem auch Ruhrpreisträger .

Für seine Sammlung suchte er lange einen Ort, das „Iris-Museum“ wollte er selbst gerne als Kurator betreuen. Doch weder andernorts noch in Mülheim klappte es. 2004 scheiterten die Gespräche mit der Stadt, die um die Ausstellung der Sammlung in der heutigen Camera Obscura kreisten.

Wanderausstellung soll um die Welt touren

In den Genuss, die interessanten Sammelobjekte zu betrachten, werden immer mehr Menschen kommen. Im Frankfurter Filmmuseum sollen sie die Dauerausstellungen ergänzen, in Potsdam in einem Depotneubau gezeigt werden. Die Universität Köln lotet mit verschiedenen Museen in NRW aus, ob es dort Ausstellungen geben kann – unter anderem mit dem Wallraf-Richartz-Museum in Köln. Sicher ist: „Es wird eine große Ausstellung in NRW geben, die dann als Wanderausstellung um die ganze Welt geschickt wird“, kündigt Ursula Richert-Nekes an.

Ein Guckkasten aus der Sammlung Werner Nekes’ (Mülheim/Ruhr).
Ein Guckkasten aus der Sammlung Werner Nekes’ (Mülheim/Ruhr). © WR | Horstgünter Siemon

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Über die Konditionen des Verkaufs ist nichts bekannt. Die Sammlung soll aber millionenschwer sein. Acht Förderer – darunter der Bund, das Land und mehrere Stiftungen – haben Geld für den Ankauf der Sammlung gegeben. Einigen Kritikern, die das Auseinanderreißen der Sammlung nicht gutheißen, widerspricht die Witwe und Erbschaftsverwalterin. „Ich empfinde es als eine Ehre, dass diese drei Institutionen sich um die Sammlung bemüht haben. Es wäre im Sinne meines Mannes, dass sie so für die breite Öffentlichkeit sichtbar bleibt, aber auch der Wissenschaft dient“, so Ursula Richert-Nekes. Sie freue sich außerdem darüber, dass die Sammlung in Deutschland bleibe – der überwiegende Teil der 25.000 Objekte sogar in NRW.