Mülheim. Die Veranstaltung zum Weltdiabetestag ist storniert. Die lokale Selbsthilfegruppe darf sich nicht treffen. Eine Telefonsprechstunde findet statt.
Zum Weltdiabetestag am 14. November hatte die Diabetes Selbsthilfe Mülheim/Oberhausen ein großes Programm geplant. Ist 2020 doch auch das Jahr, in dem die lokale Selbsthilfe seit 50 Jahren besteht. Doch in Corona-Zeiten verbieten sich unnötige Kontakte, und so hat Maria Forstmann schon frühzeitig die für mehrere hundert Besucher geplante Veranstaltung in der Stadthalle abgesagt. Derzeit treffen sich die Selbsthilfegruppen nicht, es gibt aber eine telefonische Diabetes-Sprechstunde.
„Wir als Hochrisikogruppe werden die letzten sein, die sich wieder in größeren Gruppen treffen können“, sagt Maria Forstmann. Die 68-jährige Mülheimerin ist die erste Vorsitzende der Selbsthilfegruppe „Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes“ (DDH-M), Bezirksverband Mülheim/Oberhausen. Als sie vor über 30 Jahren als junge Mutter erkrankte, musste sie sich selbst Hilfe suchen. Erst über eine Selbsthilfegruppe fand sie einen Arzt außerhalb Mülheims, der die Typ-1-Diabetikerin mit Insulin behandelte. „Ein Segen“, erinnert sie sich. Und engagierte sich fortan in der Selbsthilfe, um Erfahrungen weitergeben zu können.
Diabetiker gehören in Corona-Zeiten zur Hochrisikogruppe
Seit 26 Jahren leitet Maria Forstmann den Ortsverband in Mülheim, ist seit zwölf Jahren auch die Vorsitzende in beiden Städten, Mülheim und Oberhausen. Was sich in den vergangenen 30 Jahren für Diabetes-Patienten geändert hat? „Die ambulante ärztliche Versorgung war in Mülheim damals noch nicht so qualifiziert“, sagt Forstmann. Das sei heute anders, die Wege für Diabetiker zur ärztlichen Hilfe hätten sich deutlich verkürzt. „1989 gab es nur einen Diabetologen“, sagt sie, „der saß in Oberhausen.“ Heute gebe es – neben den Experten in den Krankenhäusern – auch zwei Praxen in Mülheim.
Junge Diabetiker informieren sich meist im Internet
Corona- Inzidenz-Zahl in Mülheim steigt laut RKI auf 44,5Vor rund 30 Jahren war es die Aufgabe der Selbsthilfe wie heute, den Menschen Wege aufzuzeigen, wo und wie sie sich informieren können. Es gab einen Stammtischtermin pro Monat, es gab ab und zu Vorträge in großen Gruppen im Handelshof. „Aber besonders gefragt waren Schulungen, wo man über Diabetes strukturiert informiert wurde“, sagt Forstmann. In den 1990ern wurden Schulungen von der Selbsthilfe organisiert, mit Experten und Fachleuten aus Mülheim, die gut angenommen wurden. „Das Wissen war klein und der Bedarf damals so groß, so dass bis zu 100 Besucher zu den Vorträgen kamen“, erinnert sich Maria Forstmann.
Der Erfahrungsaustausch unter Betroffenen muss in Corona-Zeiten pausieren
Inzwischen hat sich die Zahl der Vortragsbesucher verringert, denn vor allem jüngere Diabetiker informieren sich heute verstärkt über das Internet. Ein wichtiges Thema ist aber nach wie vor die Neueinstellung mit Medikamenten oder Insulin, und ab wann man sich darum kümmern muss. Vielen der neu Erkrankten müsse man auch seelisch beistehen, sagt Maria Forstmann, ihnen „die Last von den Schultern nehmen.“
Das geht am besten im Erfahrungsaustausch, wo man sieht, dass viele Dinge auch mit einer Diabeteserkrankung weiterhin möglich sind, sagt Maria Forstmann, dass man alt werden kann mit Diabetes. Und dass es sich lohnt, sich frühzeitig um die Linderung möglicher Folgeerkrankungen zu kümmern, wie Augenleiden oder Diabetische Neuropathie. Doch der Treff „Diabetes im Alltag“, normalerweise an jedem dritten Montag im Monat, pausiert derzeit wegen Corona, ebenso wie der monatliche Vortragsabend.
Eine telefonische Sprechstunde hilft bei dringenden Fragen
Maria Forstmann bietet stattdessen schon seit März eine telefonische Sprechstunde an, jeweils dienstags von 9 bis 11 und von 16 bis 18 Uhr unter der Rufnummer 47 80 44. Willkommen sind auch Nicht-Mitglieder. „Es gibt ja“, weiß Maria Forstmann, „oft ganz viele Fragen.“ Nach Infos und Adressen, aber auch ganz praktischer Art, zum Beispiel, wie man einen Insulin-Pen richtig benutzt. Das telefonische Beratungsangebot gilt auch für Angehörige.
„Wer dreimal im Jahr in eine Selbsthilfegruppe geht, hat bessere Blutzuckerwerte“, zitiert Maria Forstmann gern die Aussage von einem früheren Diabetologenkongress. „Das macht doch Mut.“ Mut macht sie in diesen Corona-Zeiten den Mitgliedern der Selbsthilfegruppe in regelmäßigen Briefen mit positiven Gedanken. Sie weiß, dass manche Diabetiker derzeit aus Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus lieber nicht zum Arzt gehen. „Man sollte aber“, mahnt sie, „die vierteljährliche Untersuchung beim Arzt machen lassen. Auch deshalb, um frühzeitig gesundheitliche Veränderungen feststellen zu können.“