Allein die Dunkelziffer der Menschen, die in Mülheim an Diabetes leiden, wird auf mehrere tausend geschätzt. Überhaupt nimmt die Zahl der Diabetiker weiter zu. Etwa 20 Prozent der über 55-Jährigen haben die Krankheit, die längst nicht mehr nur im Alter um sich greift, wie Dr. Dieter Neusüß sagt, der in Mülheim eine Schwerpunktpraxis betreibt und zum Ärzte-Netzwerk Doc-Net gehört. Es treffe auch immer öfter jüngere Menschen. „Ziel ist es, vor allem die schwerwiegenden Folgeerkrankungen zu verhindern.“
Erblindung, Amputationen, Nierenversagen – Diabetes kann grausam enden. Neue Technologien, so Neusüß, helfen in immer besserem Maße, die Gefahr zu reduzieren. Das Mülheimer Hausärzte- und Fachärztenetz, Doc-Net, macht die neuen Diabetes-Technologien zum Thema eines Patientenforums.
Nicht nur zu hohe Blutzuckerwerte sind ein Risiko, sondern auch die Unterzuckerung, und die, so Neusüß, trete oft nachts auf. Und oft werde sie nicht bemerkt. Aus Sicht des Facharztes eine echte Gefahr: „Wir wissen heute, dass mit der Unterzuckerung das Risiko für einen Infarkt, einen Schlaganfall sich deutlich erhöht, dass sich das Risiko für eine Demenz verdoppelt.“ Punktuelle Messungen böten keine ausreichende Sicherheit.
Eine neue Sensortechnik soll helfen, das Risiko zu minimieren. Dabei wird ein etwa zwei Euro großer Sensor mit einer feinen Nadel am Körper befestigt – ein Einstich für zwei Wochen. Von dem Sensor können in der Zeit über ein Messgerät nicht nur die Blutzuckerwerte, sondern auch deren Verläufe über jeweils acht Stunden kontrolliert werden. Ein sogenannter Trendpfeil zeigt zudem an, in welche Richtung sich der Wert entwickelt. „Es lässt sich so frühzeitig gegensteuern“, so der Mediziner. Auf dem Markt ist der Sensor bereits. Als noch sicherer gilt die Insulinpumpe, die mit dem Mess-Sensor verknüpft ist. In naher Zukunft rechnen die Mediziner damit, dass Sensoren, die den Blutzucker messen, Tag und Nacht automatisch die Insulinzufuhr über eine handygroße Pumpe steuern, ein geschlossenes System. „Das ist“, sagt Neusüß, „im Grunde die künstliche Bauspeicheldrüse.“
Das Ärztenetzwerk will durch Aufklärung helfen, Krankheiten gemeinsam mit den Patienten besser und sicherer zu meistern.