Mülheim. Mülheims Stadtrat wird OB Buchholz am Mittwoch ins Amt einführen. Es geht auch um lukrative Ehrenämter und die Frage: Regiert bald Schwarz-Grün?

Während Mülheims neuer OB Marc Buchholz (CDU) die Amtsgeschäfte seines skandalumwitterten Vorgängers Ulrich Scholten (SPD) schon vorzeitig übernommen hat, steht dem Stadtrat am Mittwoch eine Marathonsitzung bevor, bei der auch die lukrativen Posten in Aufsichtsräten und anderen Kontrollgremien verteilt werden. Es geht um Macht und Einfluss.

Auch interessant

Klar ist nach ihrer herben Wahlniederlage, dass die auf zwölf Ratsmitglieder geschrumpfte SPD an Einfluss verlieren wird. Das fängt schon an bei der Wahl neuer ehrenamtlicher Bürgermeister. In der vergangenen Wahlperiode hatten traditionell die beiden größten Fraktionen die Bürgermeisterinnen gestellt: die SPD mit Margarete Wietelmann die erste, die CDU mit Ursula Schröder die zweite Stellvertreterin des OB.

Neben Markus Püll (CDU) soll junge Grüne Bürgermeisterin werden

Dass es auch diesmal so sein wird, nur bei verschobenen Machtstrukturen im Stadtrat, haben CDU und Grüne dem Vernehmen nach schon unter sich ausgemacht. Die CDU schickt dabei Markus Püll ins Rennen. Für ihn wird das ein besonderer Moment sein. Püll war schon einmal ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt, seine eigene Fraktion hatte ihm im Sommer 2014 allerdings das Vertrauen entzogen und stattdessen Ursula Schröder nominiert. Püll hatte damals gar „Mobbing“ innerhalb der Fraktion beklagt.

Mit 29 Jahren Bürgermeisterin in Mülheim zu werden, ist ein Novum: Grünen-Politikerin Ann-Kathrin Allekotte steht am Mittwoch zur Wahl.
Mit 29 Jahren Bürgermeisterin in Mülheim zu werden, ist ein Novum: Grünen-Politikerin Ann-Kathrin Allekotte steht am Mittwoch zur Wahl. © Bündnis’90/Die Grünen

Nun soll Püll wieder Bürgermeister werden, gar als erster Stellvertreter des neuen CDU-OB Buchholz. Zweite Stellvertreterin soll wieder eine Frau werden, und diesmal eine junge Grüne. Die Fraktion nominiert die 29-jährige Ann-Kathrin Allekotte aus Holthausen. Allekotte ist erstmals in den Stadtrat gewählt, hat in ihrem Saarner Wahlbezirk nur knapp das Direktmandat verpasst. Die Grüne arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medien- und Kulturwissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.

SPD wird auch in Aufsichtsräten und Kontrollgremien weniger Macht haben

Die SPD versucht erst gar nicht, einen eigenen Kandidaten ins Spiel zu bringen. Auch in Aufsichtsräten und Kontrollgremien wird die SPD sicher Einfluss einbüßen. Am Mittwoch werden auch diese zahlreichen Posten verteilt, die einzelnen Ratsmitgliedern durchaus jährliche Aufwandsentschädigungen in Höhe beträchtlicher fünfstelliger Euro-Summen einbringen können.

Am meisten kassierte im Vorjahr etwa der aus dem Stadtrat ausgeschiedene, ehemalige SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff. Für seine Rolle in der Fraktion, aber auch seine zahlreichen Mandate in Kontrollgremien – etwa in denen der Beteiligungsholding, der Medl, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft oder der Theater-Gesellschaft – erhielt er 2019 in der Summe eine Aufwandsentschädigung in Höhe von gut 28.600 Euro zusätzlich zu Sitzungsgeldern (rund 2400 Euro).

Auch interessant

Lukrative Posten sind am Mittwoch neu zu vergeben

Weitere Spitzenverdiener waren 2019 CDU-Fraktionschefin Christina Küsters und Margarete Wietelmann (SPD), beide bekamen 22.660 Euro, daneben Grünen-Fraktionssprecher Tim Giesbert, FDP-Fraktionschef Peter Beitz, MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard, Norbert Mölders (SPD) und der Ex-Fraktionschef des BAMH, Jochen Hartmann (alle jeweils mehr als 16.000 Euro)

Lukrative Posten sind am Mittwoch neu zu vergeben. Es darf davon ausgegangen werden, dass CDU und Grüne auch hier ihr Fraktionspersonal in Position bringen werden. So etwa für den Verwaltungsrat der Sparkasse, dessen bisheriger Vorsitzender Dieter Wiechering (SPD) im Vorjahr dafür immerhin 7400 Euro Sitzungsgeld kassierte.

Arbeitsgruppen bereiten schwarz-grüne Ratskoalition vor

Auch interessant

Was machen die Verhandlungen zur möglichen schwarz-grünen Ratskoalition? Für eine Vollzugs-, sogar für eine Zwischenmeldung sei es zu früh, heißt es unisono aus beiden Lagern. Aktuell sitzen, orientiert an Fachthemen, verschiedene Arbeitsgruppen zusammen, mit Vertretern aus beiden Fraktionen. Zunächst bis zum 13. November sind Termine für diese Runden angesetzt, um bei strittigen Themen Kompromisse zu finden.

„Wir sind auf einem guten Weg, aber wir sind noch nicht durch“, sagt Grünen-Fraktionssprecher Tim Giesbert. Richtung Ende des Monats werde noch eine Mitgliederversammlung zu entscheiden haben, ob und welche Kooperation die Grünen mit der CDU eingehen würden.

Neuer Ausschuss für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung

Der Stadtrat soll am Mittwoch auch eine neue Ausschuss-Struktur beschließen. So soll es künftig den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Digitalisierung geben, separat davon einen Mobilitätsausschuss, der neben ÖPNV-Angelegenheiten auch die Verkehrsplanung (bisher Planungsausschuss) behandelt.

Der Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität soll dafür aufgegeben werden. Das bislang hier angesiedelte Thema Tourismus soll künftig im Kulturausschuss stattfinden, die Themenkomplexe „Stadtentwicklung“ und „Regionale Flächennutzungsplanung“ im Planungsausschuss.

CDU-Fraktionsgeschäftsführer: „Es wächst und gedeiht“

Wie Giesbert will auch CDU-Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer keine Wasserstandsmeldung zu möglichen Einigungen zu einzelnen Themenbereichen verkünden. Es seien „noch viele Zwischenschritte“ zu gehen. Aber auch Schiemer deutet an, dass Schwarz-Grün in Aussicht steht: „Es wächst und gedeiht“, sagt er.

https://www.waz.de/staedte/muelheim/iframe-newsletter-waz-muelheim-anmeldemaske-id227813543.html