Mülheim. Die Mülheimer Firma Schauenburg-Ruhrkunststoff will Tarifbindung und Arbeitgeberverband aufgeben. Die IG Metall hält mit den Kollegen dagegen.

„Es ist ein breit aufgestelltes Unternehmen mit Spitzenprodukten und guter Auftragslage. Darum ist es völlig unverständlich, warum Schauenburg Ruhrkunststoff aus dem einheitlichen Tarifverbund und aus dem Arbeitgeberverband aussteigen will.“ Das sagt Christian Iwanowski von der Bezirksleitung NRW der Industriegewerkschaft Metall. Weil die Schauenburg-Tochtergesellschaft auch einen von der Gewerkschaft angestrebten Haustarifvertrag abgelehnt hat, stehen die Mitarbeiter nun ohne Tarifschutz da. Die IG Metall hat am Donnerstag vor dem Werksgelände die Mitarbeiter befragt, ob sie die Unterstützung der Gewerkschaft weiter wünschen oder lieber allein ihre Löhne aushandeln wollen.

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„Etwa 125 Kolleginnen und Kollegen sind bei Schauenburg-Ruhrkunststoff betroffen“, sagt IG Metall-Sekretär Martin Vahlefeld. „Mit dem Austritt aus der bundesweiten Tarifrunde ist die Sache für die Geschäftsführung ja nicht erledigt. Es gelten weiterhin die Besitzstände des Manteltarifvertrags, der die Rahmenbedingungen regelt.“ Auch die aktuellen Löhne sichere der noch gültige Tarifvertrag.

Gewerkschaft sieht auch den Arbeitgeberverband geschwächt

Die Gewerkschaftssekretäre sind davon überzeugt, dass mit dem Rückzug Schauenburgs aus dem Arbeitgeberverband auch dieser geschwächt wurde. „Dieses Unternehmen hat Gewicht und einen guten Ruf. Vertreter der Geschäftsleitungen saßen bei den Tarifverhandlungen mit am Tisch, konnten mitentscheiden“, sagt Christian Iwanowski.

Bei Schauenburg an der Weseler Straße werden auch Spiralschläuche und Schlauchleitungen für vielfältige Anwendungen produziert. Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs und Lohnverluste.
Bei Schauenburg an der Weseler Straße werden auch Spiralschläuche und Schlauchleitungen für vielfältige Anwendungen produziert. Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs und Lohnverluste. © FFS | Tanja Pickartz

Daher sind Kollegen und Gewerkschafter enttäuscht darüber, dass auch ein angestrebter Haustarifvertrag im September nicht zustande kam. „Wir können über alles reden. Wir haben auch Verständnis für schwierige Situationen und enge Absatzlagen. Wir haben bereits in vielen Unternehmen befristete Regelungen mit den Arbeitgebern hinbekommen, um Arbeitsplätze zu sichern“, beschreibt Martin Vahlefeld.

Weiterhin zu Gesprächen bereit

Darum versuchen die Gewerkschaftler mit Hilfe der Belegschaft nun zu erhalten, was noch haltbar ist. „Dafür brauchen wir die Zustimmung der Kollegen“, betont Iwanowski. Bekomme die IG Metall dieses Mandat, werde es weitere Versuche geben, mit der Schauenburg-Geschäftsleitung eine tarifstrukturierte Vereinbarung für die komplette Belegschaft festzuschreiben.

Bei Schichtwechsel diskutierten am Donnerstagnachmittag zahlreiche Kollegen vor dem Werksgelände, wie es weitergehen könnte. „Ich möchte einen sicheren Job und ein dazu passendes, gesichertes Einkommen“, sagte einer, der für das Hilfsangebot der Gewerkschaft stimmte. Passiere nichts, „stehen wir vielleicht bald auf der Straße“.

Viele Abnehmer für Mülheimer Spezialprodukte

Die Unternehmensleitung schweigt weiterhin zu diesem Thema. Zum Jahresende will „Ruhrkunststoff“ wie angekündigt den Industrieverband Technische Textilien-Rollladen-Sonnenschutz (ITRS) verlassen, wissen die Gewerkschaftssekretäre. 125 Mitarbeiter produzieren bei der Schauenburg-Tochter flexible Spiralschläuche und Schlauchleitungen für vielfältige Anwendungen in Industrie und Handwerk.

Kein Sanierungsfall

Bei Schauenburg und dem Tochterunternehmen Ruhrkunststoff handle es sich um keinen notwendigen Sanierungsfall. Die Firma sei eher profitabel, sei aus den Gesprächen mit der Geschäftsleitung hervorgegangen.

Weil die Geschäftsführer am 15. September der IG Metall mitgeteilt haben, dass sie „keine kollektiven Regelungen mehr haben wollen“, will die Gewerkschaft weitere Arbeitsplätze an der Weseler Straße sichern. Ob es Warnstreiks geben wird, ist noch offen.

Abnehmer seien die Möbelindustrie, die Medizin- und Agrartechnik. „Die Kontakte sind international“, sagt Christian Iwanowski. Die Schauenburg-Geschäftsführung will die Firma profitabler aufstellen und Kosten senken. „Das sollen, wie so oft, offenbar die Personalkosten sein“, vermuten Belegschaft und IG Metall.

Die Belegschaft müsse daher fürchten, „dass bald Leiharbeitnehmer eingesetzt würden und die Altersteilzeit sowie vor allem der Lohn- und Gehaltstarifvertrag auslaufen“. Die IG Metall möchte die Gespräche mit der Schauenburg-Geschäftsleitung fortführen. Am Freitag entschieden sich viele der Beschäftigten für dieses Hilfsangebot. Einige traten auch in die Gewerkschaft ein.