Mülheim. Gerhard Schröder hat mit einem Besuch OB-Kandidatin Monika Griefahn unterstützt. Im Gespräch ging es mehr um Europa, weniger um Mülheim.

Sich vor starken Frauen zu fürchten, sei noch nie seine Art gewesen, und so folgte Gerhard Schröder sichtlich gut gelaunt der Einladung von SPD-OB-Kandidatin Monika Griefahn nach Mülheim. Die SPD lud am Donnerstagmittag zum Wahlkampftermin mit dem Altkanzler ins Haus der Wirtschaft, so recht kommunalpolitisch wollte es aber nicht werden.

Griefahn und Schröder kennen sich schon seit Jahrzehnten. Nachdem Gerhard Schröder 1990 zum Ministerpräsidenten in Niedersachsen gewählt worden war, berief er die damals 36-Jährige als Umweltministerin in sein Kabinett. Griefahn war zu der Zeit noch parteilos, aktiv im Greenpeace-Vorstand, erst 1992 trat sie in die SPD ein. „Auch wenn die Zusammenarbeit nicht immer einfach war“, sagte Schröder schmunzelnd, „wenn sie Oberbürgermeisterin wird, habt ihr eine gute Frau“.

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Wenige Mülheimer Themen beim Besuch Gerhard Schröders

Weil Griefahn zwar „einen eigenen Kopf“ habe, aber immer „sehr loyal“ gewesen sei, mache er eine Ausnahme und unterstütze in Mülheim den Kommunalwahlkampf. Mülheimer Themen fehlten allerdings weitestgehend bei der Diskussionsrunde zwischen Schröder und Griefahn, die moderiert wurde von dem Bundestagsabgeordneten Arno Klare, unterbrochen durch die drei Gänge des Mittagessens.

Der Altkanzler kennt die Stadt aus der Wirtschaftsperspektive, hat hier noch vor vier Jahren – zusammen mit Noch-OB Ulrich Scholten – die Firma Europipe besucht, die Rohre lieferte für eine Erdgas-Pipeline durch die Ostsee, gebaut von der Nord Stream 2 AG. Schröder ist Aufsichtsratsvorsitzender der Gazprom-Tochter. Und so ging es zumindest kurz, weil Monika Griefahn sich bemühte, lokale Themen einzustreuen, um den „Industriestandort Mülheim“, wie ihn Schröder nannte. „Wer hier OB werden will, muss altes Gewerbe schützen“, sagte der 76-Jährige, im Gespräch mit überschlagenem Bein locker an den Stehtisch gelehnt, die linke Hand in der Hosentasche, die rechte am Mikrofon.

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Schröder: „Du darfst in dem Job nicht geliebt werden wollen“

Doch schnell führte das Gespräch über Duisburg – die Vorteile des Innenhafens, die Bedeutung der Stahlindustrie für das Ruhrgebiet – weiter zu Angela Merkel („Die Bundeskanzlerin macht einen guten Job, es macht keinen Sinn, darüber hinwegzusehen“) bis in die Türkei und nach Russland. Russland müsse an die EU gebunden werden, über den möglichen Anschlag auf Oppositionspolitikers Alexei Nawalny dürfe nicht spekuliert werden, die EU brauche auch die Türkei als Partner.

Zum Abschluss seines fünfstündigen Mülheim-Besuchs ließ sich Schröder den Flughafen zeigen, Luftschiff Theo flog passenderweise über das Areal. Und auch wenn er inhaltlich zum Kommunalwahlkampf wenig beitragen konnte, gab der 76-Jährige seiner gut zehn Jahre jüngeren Parteikollegin noch einen Satz mit auf den Weg, während er seine Kanzleramtszeit Revue passieren ließ: „Du darfst in dem Job nicht geliebt werden wollen. Das hält den Kopf nicht frei für gute Entscheidungen.“