Mülheim. Seit einem Jahr muss sich Mülheim mit der OB-Affäre rumschlagen, obwohl genug andere Probleme zu lösen wären. Herr Scholten, treten Sie zurück!
Nun also doch: Mit einem Abwahlverfahren soll Oberbürgermeister Ulrich Scholten aus dem Rathaus gejagt werden.
Die Zeit, zu gehen, war längst reif. Spätestens Spätsommer 2018 hätte Scholten erkennen müssen, dass es mit ihm auf dem Chefsessel im Rathaus nicht mehr weitergehen konnte. Schon damals war klar: Der OB ist ohne jegliche politische Unterstützung. Selbst wenn Scholten das Format haben würde, die überschuldete Stadt mit ihren gewaltigen Problemen durch schwere See zu steuern – er war seit dem Spätsommer schon derart politisch isoliert, dass er mit den besten Ideen nicht mehr hätte punkten können.
Ein bisschen Show mit Bürgersprechstunden und Beiträgen in sozialen Medien
Wenn Scholten für sich erkannt hätte, dass das Wohl der Stadt das höchste Anliegen eines Oberbürgermeisters zu sein hat, hätte er schon damals seinen Stuhl räumen müssen. Er blieb stur, ließ alle Kritik an sich abperlen. Machte ein bisschen Show mit Bürgersprechstunden und Beiträgen in sozialen Medien, die aber kaum über das Niveau einer unverbindlichen Plauderei hinauszukommen vermochten.
Zuletzt übertrieb es Scholten gar damit, sich öffentlich gegen Ratsbeschlüsse zu stellen, die mit seiner eigenen Stimme zustande gekommen waren. Sei es, als er in einem Interview Anfang des Jahres sagte, die Zukunft der VHS sei in der Müga zu sehen. Sei es, dass er in dieser Woche seine SPD, aber auch CDU und Grüne in den Rücken fiel mit der Aussage, im ÖPNV sei weder an Qualität noch Leistung einzusparen.
Von einem hauptamtlichen OB ist mehr zu erwarten als Bürgernähe
Scholten hatte im Dezember den Etatbeschluss selbst mitgetragen, sieben Millionen Euro im Nahverkehrsangebot einzusparen. Soll er nun mal sagen, woher er die nehmen will! Als Aufsichtsrat der Ruhrbahn sollte er gewusst haben, dass die Millionensumme nur mit kräftigen Einschnitten reinzuholen sein würde.
Der OB ist im Umgang ein feiner Kerl, seine Bürgernähe kommt bei vielen gut an. Scholten ist aber hauptamtlicher Oberbürgermeister – und von einem solchen ist mehr zu erwarten.