Mülheim. Mülheims OB Scholten steht wegen der verspäteten Abtretung seiner Nebeneinkünfte in der Kritik. Die politische Aufklärung scheiterte jetzt.

Die Ermüdungserscheinungen in Mülheims Politik, den angeschlagenen Oberbürgermeister Ulrich Scholten in die Mangel zu nehmen, nehmen offenbar zu: Dass die Stadtverwaltung ihren OB in diesem Jahr gar zwei Mal anmahnen musste, bis dieser seine Einkünfte aus Nebentätigkeiten an die Stadtkasse abführte, zog jetzt trotz bissiger Anfrage der BAMH-Fraktion keine Debatte nach sich. Das hatte seine Gründe.

Ende August, Anfang September war an die Öffentlichkeit gelangt, dass Scholten seine Zahlungen nicht zur gesetzten Frist geleistet hatte. Es geht dabei um 9550 Euro, die Scholten für seine Teilnahme an Aufsichts- und Beiratssitzungen im Jahr 2018 erhalten hat und die laut NRW-Nebentätigkeitsverordnung an die Stadtkasse abzuführen sind.

Stadtverwaltung mahnte Scholten zweimal an

Nach einer ersten Mahnung ließ Scholten, offenbar über einen Mitarbeiter seines Referates, bei der städtischen Buchhaltung erfolgreich eine Mahnsperre einfordern. Sie wurde später wieder aufgehoben, der OB zum zweiten Mal, mit Androhung der Zwangsvollstreckung, angemahnt.

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Scholten zahlte und drückte in einer kryptischen Stellungnahme für die Ratspolitik und die Mülheimer Medien Ende August sein Unverständnis aus, dass die Sache so Wellen schlug. Bisher habe ihm die städtische Buchhaltung für die Weiterleitung seiner Nebeneinkünfte stets Zeit bis zum Jahresende eingeräumt. Die NRW-Verordnung ist aber eigentlich eindeutig: Die Gelder sollen bis zum 31. März eines Folgejahres fließen.

BAMH-Fraktion: Gewährte die Stadt ihrem OB ein zinsloses Darlehen?

Das brachte die Fraktion des Bürgerlichen Aufbruchs auf den Plan. Deren Fraktionschef Jochen Hartmann war den OB seit Bekanntwerden der OB-Affäre schon mehrfach hart angegangen. Auch jetzt wählte er harsche Worte zu einem Antrag, den er mit zahlreichen Fragen zur Sache im Hauptausschuss des Rates platziert hatte.

Habe die Stadt dem OB ein zinsloses Darlehen gewährt?, wollte Hartmann wissen und: Wer denn in der Verwaltung dafür verantwortlich sei, dem OB in den Vorjahren mehr Zeit zur Begleichung der Forderungen eingeräumt zu haben, als es rechtlich vorgesehen sei. Der Kämmerer oder der Stadtdirektor?

Rechtsamt: Stadtrat steht in der Sache keine Kontrolle zu

Jochen Hartmann, Franktionsvorsitzender des Bürgerlichen Aufbruchs.
Jochen Hartmann, Franktionsvorsitzender des Bürgerlichen Aufbruchs. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Für einen Oberbürgermeister als Schuldner gegenüber seiner Stadt darf es keine Sonderbedingungen geben. Wenn jedes Knöllchen gegenüber den Bürgern gnadenlos vollstreckt wird, dann wäre die behauptete Veranlassung einer Mahnsperre ein offensichtlicher Machtmissbrauch“, polterte Hartmann, der es bekanntlich gern auf die Spitze treibt.

Antworten bekamen Hartmann und die Mitglieder des Hauptausschusses nun nicht präsentiert. Scholten ließ Oberrechtsrätin Annette Altenbach zu Beginn der Sitzung erläutern, warum man den Tagesordnungspunkt nicht zulassen werde. Für dienstrechtliche oder private Angelegenheiten des Oberbürgermeisters dürften Ratsmitglieder keine Auskunft verlangen. Festzustellen sei, dass der Stadtrat nicht Dienstvorgesetzter des OB sei und ihm diesbezüglich auch keine Kontrollkompetenz zugebilligt werde.

Hartmann: Ein Stück weit der Versuch, uns kaltzustellen

Die um die OB-Nebeneinkünfte gekürzte Tagesordnung ging mit Stimmen von SPD und Grünen durch, bei einigen Enthaltungen verweigerten nur CDU, BAMH und FDP ihre Zustimmung.

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BAMH-Fraktionschef Jochen Hartmann zeigte sich „überrascht“, dass ihm die Verwaltung erst in der Sitzung zuteil werden ließ, dass sie seine Fragen nicht beantworten wird. Es handele sich hierbei nicht nur um private und dienstrechtliche Verfahren, „sondern auch um das Verhalten von OB und Verwaltungsvorstand“, so Hartmann.

Es gehe darum, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu überprüfen, wenn der OB behaupte, ihm sei in den Vorjahren gewährt worden, das Geld später als rechtlich vorgesehen zu überweisen. Dass dem Ausschuss die Möglichkeit genommen werde, die Vorgänge zu beleuchten, sei „ein Stück weit der Versuch, uns kaltzustellen“.