Mülheim. Keine Auftragnehmer in Sicht, explodierende Kosten, selbst zu wenig Personal: Mülheims Schulsanierungen verzögern sich weiter. Ein Zwischenstand.
Das Klagelied hat der Chef vom städtischen Immobilienservice, Frank Buchwald, schon häufig in der Vergangenheit anstimmen müssen – eine Aussicht auf Besserung ist aber nicht gegeben: Die Stadt bekommt ihre Schulbaustellen nicht abgearbeitet. Dafür gibt es einige Gründe.
Auch interessant
In dieser Woche berichteten Buchwald und sein Vorgesetzter, Kämmerer Frank Mendack, im Finanzausschuss zur Lage. „Projektrisiken bei Baumaßnahmen“ war der Tagesordnungspunkt sperrig überschrieben, es hätte auch heißen können: Warum Schüler und Lehrer immer länger darauf warten müssen, dass ihre Schule endlich saniert oder erweitert wird. . .
Baupreise sind explodiert, Ausschreibungen bleiben nicht selten ohne Angebot
Es liegt nicht mal zuvorderst am knappen Geld, das die Stadt für Investitionen zur Verfügung hat. Selbst dieses Geld ist kaum an die Baubranche zu verausgaben. Siehe Styrumer Gemeinschaftsgrundschule an der Zastrowstraße. Hier hatte die Stadt den Rohbau für eine neue Turnhalle ausgeschrieben. Es wurden ihr schließlich die Arbeiten für einen Preis angeboten, der 40 Prozent über der Kalkulation lag. Alles ab 20 Prozent sei als kritisch zu betrachten, sagt Buchwald. Die Stadt wird noch mal ausschreiben.
Die Baupreisexplosion, auch die fortwährend gute Konjunktur und der Fachkräftemangel im (Bau-)Handwerk machen es der Stadt schwer, ihre Aufträge an den Mann zu bekommen. Auf manch eine Ausschreibung bekommt die Stadt nicht ein einziges Angebot. Etwa musste sie für die Sanierung an der Gesamtschule Saarn dreimal die Arbeiten an der Sanitärtechnik ausschreiben, bis endlich ein Betrieb anbiss.
Grundschule in Styrum: Erweiterung und Sanierung verzögert sich um ein weiteres Jahr
Viele kleine Mängel in schulfreier Zeit behoben
Lob erntete der Immobilienservice von Kämmerer Frank Mendack. Es sei „eine große Leistung“, nach ergebnislosen Ausschreibungen immer wieder umzudisponieren, um den Zeitplan der Baumaßnahmen möglichst halten zu können.
Das Coronavirus hat im Übrigen laut Immobilien-Manager Frank Buchwald bisher kaum Auswirkungen auf den städtischen Baustellen gehabt. Zwei Wochen lang habe es wohl einige Irritationen gegeben, „dann ist es einfach weitergelaufen“.
Man habe die schulfreie Zeit zudem genutzt, viele kleine Arbeiten in den Schulen zu erledigen, die man ansonsten nur in Ferien hätte anpacken können.
Buchwald berichtete im Finanzausschuss, dass seine Mitarbeiter mitunter Aufträge noch kleinteilig zerlegen würden, um sie besser am Markt platzieren zu können. Wochenlang zerpflückten seine Mitarbeiter dafür noch mal die Leistungsverzeichnisse. Aufwändig sei das – dabei habe sein Team selbst mit fortwährender Personalnot zu kämpfen. 19 Vollzeit-Stellen sind dem Immobilienservice zugebilligt. Tatsächlich aber seien aktuell nur 13,5 besetzt, weist Buchwald auf Probleme bei der Stellenbesetzung hin. Entweder sei die Qualifikation der Bewerber nicht ausreichend oder aber ziehe die Stadt insbesondere im Wettbewerb mit Arbeitgebern in der freien Wirtschaft den Kürzeren, weil dort mehr zu verdienen sei.
Die Folgen sind gravierend. Beispiel Gemeinschaftsgrundschule an der Augustastraße in Styrum. Der Neubau sollte eigentlich schon Ende 2019 bezogen werden können. Nun soll es erst im nächsten Quartal geschehen. Die gesamte Baumaßnahme samt Sanierung des alten Gebäudebestandes wird sich nach aktuellem Stand bis ins zweite Quartal 2022 hinziehen. In der Prioritätenliste zu den städtischen Investitionen war mit einem Abräumen der Baustelle noch ein Jahr früher gerechnet worden.
Auch interessant
Verzögerungen auch beim Kunstmuseum und im Schulzentrum Broich
Die Verzögerungen an der Augustastraße sind aber nicht nur mit den beschriebenen Problemen begründet. Auch die Verzögerungen beim Pavillonbau für die benachbarte Willy-Brandt-Gesamtschule spielen hier mit hinein. Dieser soll erst mit bis zu neun Monaten Verspätung Anfang 2021 als Interimsfläche für die Grundschule genutzt werden können, wenn sie den Altbau auf Zeit räumen muss. Weil alte Schulcontainer vom Wenderfeld wegen eines Schimmelschadens nicht mehr für Styrum genutzt werden konnten, musste hier umgeplant werden.
Auch für andere Baustellen ist laut aktueller Zusammenschau des Immobilienservice schon jetzt klar, dass es länger dauern wird als geplant. So soll das Kunstmuseum Alte Post erst im Herbst 2021 saniert sein, die Fassadensanierung im Schulzentrum Broich wird erst ein halbes Jahr später, Ende des nächsten Jahres, abgeschlossen sein.
Auch an der Zastrowstraße werden sich die Arbeiten wohl hinziehen
Gefährdet sieht Buchwald den Zeitplan für die Sanierung und den Ausbau der Gemeinschaftsgrundschule Zastrowstraße. Aus Ende 2022 könnten die Sommerferien 2023 werden, prognostiziert er. Noch im Zeitplan seien aktuell der Ausbau der Gemeinschaftsgrundschule Heinrichstraße (geplante Fertigstellung Anfang 2021) und die vormals schon mal in Zeitverzug geratene Sanierung des Hauptgebäudes der Gesamtschule Saarn (zweites Quartal 2021).