Mülheim. Für HNO-Notfallpatienten startet ab 1. Oktober eine Praxis in Essen. Der augenärztliche Notdienst ist schon seit Juli in der Nachbarstadt.
Eine HNO-ärztliche Notfallpraxis startet am 1. Oktober am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen. Bereits im Juli war der augenärztliche Notdienst nach Essen gezogen worden, der kinderärztliche Notdienst wird schon seit einem Jahr in Oberhausen betrieben. Damit schrumpft die fachärztliche Notdienst-Versorgung in Mülheim weiter.
Einen HNO-Notdienst gibt es derzeit in Mülheim nicht. Somit dürfte die Etablierung des Notdienstes am Essener Krupp-Krankenhaus im Oktober für Patienten eher von Vorteil sein. Anders beim augenärztlichen Notdienst: Da müssen Patienten im Notfall nun einen weiteren Weg in Kauf nehmen.
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Mülheimer HNO-Ärzte werden aus allgemeinem Notdienst herausgezogen
Aus Sicht von Uwe Brock, Vorsitzender der Mülheimer Kreisstelle der Ärztekammer, gibt es aber noch ein weiteres Problem: Die HNO- und Augenärzte werden aus dem allgemeinen Notdienst, heißt: aus den Fahrdiensten und den Schichten in der Notfallpraxis, herausgezogen. „Wir müssen die Arbeit auf weniger Schultern verteilen“, sagt Brock.
Zwölf Augen- und neun HNO-Ärzte gibt es laut KV in Mülheim. Die zwölf Augenärzte betreiben noch bis Juli einen eigenen Notdienst, die HNO-Ärzte waren eingebunden in den allgemeinen. Jeder Arzt leistet zwischen fünf und sieben Notdienste im Jahr – ab Oktober sind es rund 55 Schichten, die von den etwa 250 anderen Kollegen übernommen werden sollen. „Einen Notfall sollte in der Regel jeder Arzt in den Griff kriegen“, sagt Uwe Brock. „Die Frage ist, wie dringend und häufig man da einen Facharzt braucht.“
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Mülheimer Arzt: „Wir werden sozialmedizinisch ausgedünnt“
Für Dr. Stephan von Lackum, Mülheimer Vertreter der KV, ist die Ausdünnung des Notdienst-Pools „kein Tragikum“. Er sieht primär ein anderes Problem: „Wir werden sozialmedizinisch ausgedünnt.“ Für viel Aufsehen gesorgt hatte die Entscheidung der KV im vergangenen Jahr, den kinderärztlichen Notdienst in Oberhausen zu bündeln.
„Da steht eine Mutter abends in der Notfallpraxis im St.-Marien-Hospital und muss um 20 Uhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Oberhausen fahren“, schildert von Lackum eine Situation, die er erlebt hat. „Für die Patienten bedeutet die Verlagerung nach Oberhausen eine enorm weite Anfahrt.“
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Allerdings gab es vorher nur einen pädiatrischen Notdienst in geringem Umfang, sechs Stunden verteilt auf vier Tage. Die Notfallpraxis am Evangelischen Krankenhaus in Oberhausen (EKO) ist außerhalb der Sprechzeiten 30 Stunden wöchentlich geöffnet. Zwölf Oberhausener und zehn Mülheimer Kinderärzte leisten dort ihre Dienste.
Sorge vor ausgelagertem Gynäkologen-Notdienst
Augenklinik im EKM nicht betroffen
Von dem neuen ambulanten Augen-Notdienst in Essen wird der stationäre Betrieb der Augenklinik im Evangelischen Krankenhaus nicht berührt.
Hintergrund der Zusammenlegung von Notdiensten sind die Vorgaben der Landes- und Bundespolitik, die eine enge Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken fordert. Aus diesem Grund werden bis 2022 vermehrt „Portalpraxen“ eröffnet, die Anlaufstelle für Patienten aus mehreren Städten sind.
Laut Kassenärztlicher Vereinigung ergebe sich eine qualitative Verbesserung, weil echte Notfälle, in denen eine Operation notwendig ist, direkt in die angrenzende Augenklinik überwiesen werden können. Zudem müssten Patienten nicht mehr über die Arztrufnummer anfragen, welche Praxis im Notdienst ist, sondern könnten auf umfangreiche Öffnungszeiten der Portalpraxis zurückgreifen.
Doch auch wenn sich der kinderärztliche Notdienst am EKO nach Anlaufschwierigkeiten eingependelt hat, bleibt die Frage, wie es weitergehen könnte, wenn auch in weiteren Fachbereichen so genannte Portalpraxen in anderen Städten eingerichtet würden. Stephan von Lackum fürchtet eine solche Entwicklung zum Beispiel bei der großen Gruppe der Frauenärzte. Und auch Uwe Brock sagt: „Wenn als nächstes die Gynäkologen kämen, wären die Auswirkungen immens.“
Denn dann wären es rund 30 Ärzte, die ebenfalls aus dem allgemeinen Notdienst rausfielen. Laut Brock mindere das die generelle Attraktivität Mülheims, sich als Arzt niederzulassen. Ohnehin sei das Ruhrgebiet aufgrund einer alten Begrenzung der Hausärzte nicht ausreichend mit Allgemeinmedizinern versorgt. „Eine hohe Dienstbelastung schadet dem Standort weiter.“