Mülheim/Oberhausen. Seit Juli leisten Mülheimer und Oberhausener Kinderärzte den Notdienst gemeinsam. Reibungslos läuft es noch nicht. Verbesserungen sind in Sicht.
Seit gut zwei Monaten sind die Mülheimer Kinderärzte in die Notfallpraxis am EKO in Oberhausen mit eingebunden. Wie das neue Modell funktioniert, dazu gibt es gegensätzliche Einschätzungen. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein verspricht auf jeden Fall Nachbesserungen.
Die KV hatte die Neuorganisation zum 1. Juli durchgesetzt - gegen den Willen der Mülheimer Kinderärzte, die für eine Anlaufstelle hier in der Stadt plädieren. Die KV setzte sich darüber hinweg. Hauptargumente waren, dass man „Portalpraxen“ einrichten möchte, mit ambulanter und stationärer Versorgung unter einem Dach. Zudem hatten die Oberhausener Ärzte eine übermäßige Dienstbelastung beklagt, da die EKO-Praxis auch von Mülheimer Familien genutzt werde. Die Kinder-Notdienstpraxis am EKO ist täglich geöffnet, insgesamt 30 Stunden pro Woche. Seit Juli leisten hier 14 Kinderärzte aus Oberhausen und zehn aus Mülheim abwechselnd Dienst.
Anteil der Mülheimer Patienten in jüngster Zeit gestiegen
An diesem Mittwoch war Dr. Christa Langen an der Reihe, die in Oberhausen praktiziert. Nach ihrer Einschätzung, die auch von der KV geteilt wird, ist der Anteil der Patienten aus Mülheim in den letzten beiden Monaten um etwa zehn Prozent auf knapp ein Drittel gestiegen.
Der Andrang sei aber sehr schwankend: „Bei meinem ersten Dienst im Juli hatte ich 20 Patienten innerhalb
von zwei Stunden“, so Christa Langen. „Es kann aber auch passieren, dass nur eine Familie kommt.“ Die Kinder fiebern, haben entzündete Insektenstiche oder sind vom Klettergerüst gefallen. Im Sommer ist es generell ruhiger: „Hochbetrieb herrscht im Herbst und Winter, wenn die Erkältungssaison beginnt.“
Neue Notdienststruktur habe sich insgesamt gut eingespielt
Auch Christopher Schneider, Sprecher der KV Nordrhein, sagt: „Wie sich die Nachfrage entwickelt, wird man erst am Jahresende sehen. Dann haben wir aussagekräftige Zahlen.“ Nach Auskunft der Beteiligten vor Ort habe sich die neue Notdienststruktur insgesamt gut eingespielt.
Die Mülheimer sehen das anders. „Aktuell sind die Bedingungen in der Notdienstpraxis unverändert schlecht“, teilt Dr. Martin Knorr mit, der den Kinderärztlichen Notdienst für Mülheim koordiniert. Er kritisiert zum einen, dass es noch keine einheitliche Software gibt: Jeder Notfallschein, jedes Rezept müsse per Hand ausgefüllt werden. „Das ist ein sehr großer Zeitaufwand.“
Mülheimer Ärzte kritisieren unzureichende Arbeitsbedingungen in der Notdienstpraxis
Auch die Räumlichkeiten seien ungenügend: „Es gibt nur eine provisorische Patientenannahme ohne Theke.“ Erst in der vergangenen Woche habe seine Praxis einen eigenen, abschließbaren Schrank bekommen, in dem Notfallmaterial, Medikamente, Formulare gelagert werden können. Eine gemeinsame Grundausstattung der Praxis fehle weiterhin. Allerdings werde derzeit durch die KV „nach erheblichem Druck von unserer Seite einiges vorbereitet, was eine Verbesserung bringen könnte“.
Die KV ist in der Pflicht. Zum 1. Juli hat sie die Praxis offiziell übernommen, die bis dato von einer GbR der Oberhausener Pädiater betrieben worden war. Ein einheitliches Computersystem soll zeitnah eingerichtet werden und ab Oktober laufen, so KV-Sprecher Schneider. An der Patientenannahme wird künftig eine Mitarbeiterin der KV sitzen.
Mülheimer und Oberhausener wünschen sich, mit ihrem eigenen Personal zu arbeiten
Momentan bringen die diensthabenden Ärztinnen und Ärzte ihre eigenen Leute mit, würden es auch gerne weiter so halten. „Sowohl die Mülheimer als auch die Oberhausener wünschen sich, mit ihrem eigenen Personal zu arbeiten“, räumt der KV-Sprecher ein. Kinderärztin Dr. Christa Langen bestätigt das: „Unsere Mitarbeiterinnen kennen unsere Eigenheiten, was die Arbeit in der Praxis sehr erleichtert.“ Im Winter, wenn es voller wird, werde sie weiterhin jemanden aus dem eigenen Team mitbringen.
Der Erkältungssaison sehen die Mülheimer Ärzte mit Schaudern entgegen. Stellvertretend auch für die
Ministerium hat nachgefragt
Zuständig für die Sicherstellung des ärztlichen Notdienstes ist die Kassenärztliche Vereinigung. Allerdings hat sich das NRW-Gesundheitsministerium als aufsichtsführendes Ressort über die Änderungen und die Gründe berichten lassen, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit.
Auch in der jüngsten Ratssitzung wurde das Thema Kindernotdienst kurz angesprochen. Sozialdezernent Marc Buchholz kündigte an, im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 20. September über den aktuellen Stand zu berichten.
Kollegen erklären Olaf Kaiser, Thomas Lamberti und Martin Knorr: „Wir haben Sorgen, dass die Praxis in den Monaten mit vielen Infektionen kollabiert.“ Die kassenärztliche Vereinigung wolle sparen – auf Kosten der Kinder.
Wird der Widerspruch abgelehnt, wollen sie vor Gericht ziehen
Ihren Widerspruch gegen die Neuregelung, den sie im Sommer bei der KV eingereicht haben, halten die Mülheimer Mediziner daher aufrecht. Voraussichtlich im November wird der Widerspruchsausschuss der KV darüber entscheiden. Wenn er abgelehnt wird, was die Mülheimer erwarten, wollen sie vor Gericht ziehen.