Mülheim. Manche Hausärzte bieten Patienten Antikörper-Tests aufs Coronavirus an. Die muss man selbst zahlen. Experten warnen vor Selbsttests aus dem Netz.
Seit einigen Wochen gibt es auch in Mülheim sogenannte Antikörpertests, die anzeigen, ob man nach einer Erkrankung mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) eine Immunität gebildet hat. Diese Tests sollen zudem Aufschluss darüber geben, wie weit eine Durchseuchung der Bevölkerung stattgefunden hat. Doch in welchen Fällen ist es überhaupt sinnvoll, einen solchen Test zu machen?
Dr. Stephan von Lackum ist einer der wenigen Hausärzte in Mülheim, die eine solche Antikörperbestimmung anbieten. Er weiß: "Die Nachfrage nach den Tests ist hoch." Viele Patienten wollen wissen, ob sie bereits eine Corona-Erkrankung durchgemacht haben und "kommen aus eigener Veranlassung zu uns in die Praxis". In den vergangenen vier Wochen haben sich 44 Patienten testen lassen, etwa zehn Prozent von ihnen waren positiv. Warum nur wenige seiner Kollegen die Tests anbieten? "Möglicherweise haben sie Sorge, dass zu viele akut erkrankte Patienten in die Praxen kommen", vermutet von Lackum.
Corona-Antikörpertest: Ergebnisse liegen nach drei Tagen vor
Bei den Antikörpertests wird eine Blutprobe in der Praxis entnommen und anschließend in ein Labor geschickt. "Die Ergebnisse liegen in der Regel nach drei Tagen vor", sagt von Lackum, der als niedergelassener Hausarzt zwei Praxen betreibt, in Speldorf und Selbeck. Unterschieden wird zwischen dem "PCR-Test" und dem Antikörpertest.
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Ersterer sei ein "Akutphase-Test" - ein Abstrich, der gemacht wird, wenn ein Verdacht auf eine Infektion besteht. "Dieser ist immer Kassenleistung", erklärt von Lackum. Der Antikörpertest hingegen kann frühestens 14 Tage nach Krankheitsbeginn gemacht werden. "Und ist eine freiwillige, sogenannte IGEL-Leistung, die selbst bezahlt werden muss." 35 Euro kostet dieser Bluttest.
Warum Patienten einen Corona-Antikörpertest machen lassen
Die Gründe der Patienten, einen Test machen zu lassen, seien unterschiedlich. "Viele hatten eine ungeklärte Fiebersymptomatik und wollen für sich wissen, ob sie bereits erkrankt waren." Etwa, weil sie wieder arbeiten, die Kinder wieder in die Kita geben oder die Oma im Pflegeheim besuchen möchten.
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Sinnvoll sei ein Test auch für Menschen, die bereits nachweislich mit Corona infiziert waren. "Dann kann man sehen, ob der Körper bereits Antikörper gebildet hat", so von Lackum. Ein Test mache ebenso Sinn, wenn es um Sorge vor Ansteckung im Beruf geht - etwa bei Erziehern, Rettungssanitätern oder Krankenpflegern. Oder auch, wenn es irgendwann einen Impfstoff gegen das Coronavirus gibt und man sich unsicher ist, ob man sich impfen lassen soll.
Antikörpertest ist freiwillige Leistung und muss selbst bezahlt werden
Die Testergebnisse übermittelt der Hausarzt an das Mülheimer Gesundheitsamt. "Wir erfassen die Daten und schauen, ob wir sie einer zuvor erkrankten Person zuweisen können", erklärt Frank Pisani, Abteilungsleiter im Mülheimer Gesundheitsamt. Ist dies nicht der Fall, werden die Personen kontaktiert und befragt, anschließend die Daten abgeheftet und aufbewahrt, "für den Fall, dass es eine Studie zur Durchseuchungsrate gibt".
Noch seien aus den wenigen Ergebnissen der Antikörpertests keine Rückschlüsse auf die Durchseuchungsrate in Mülheim möglich, so Pisani, der die Tests ohnehin für wenig aussagekräftig hält. "Schließlich ist noch unklar, wie hoch der Antikörperlevel sein muss, damit eine Immunität besteht", erklärt er. Zumal auch ein positiv auf Antikörper getesteter Mensch noch als Wirt fungieren und ansteckend sein könne. "Unklar ist auch, wie lange der Immunschutz hält", ergänzt von Lackum. Nur wenige Monate oder ein Leben lang? Die Mülheimer Fachleute wissen: Für genaue Erkenntnisse fehlen die Langzeitstudien.
Fachleute raten von Corona-Selbsttests aus dem Internet ab
Von Selbsttests aus der Apotheke oder dem Internet raten Frank Pisani und Stephan von Lackum jedoch dringend ab. Diese haben eine geringe Spezifität. Heißt: "Es gibt verschiedene Corona-Subtypen, also harmlosere Unterarten der Coronaviren, auf die die Tests auch anschlagen", erklärt der Hausarzt. Damit gebe es also viele "falsch negative und vor allem falsch positive" Ergebnisse. Ein solcher falsch positiver Schnelltest könnte Menschen dazu verleiten, die Hygienemaßnahmen zu vernachlässigen - und damit sich selbst und andere zu gefährden.
INFO:
- In Mülheim bietet neben den Krankenhäusern und den beiden van-Lackum-Praxen in Speldorf (Ulmenallee 24) und Selbeck (Kölner Straße 407) auch die Praxis Dr. Markus Becker (Tourainer Ring 4) Antikörperbestimmungen an.
- Bei Fragen zu Antikörpertests sollten sich Patienten an ihren jeweiligen Hausarzt wenden, der weitere Informationen geben kann.