Mülheim. Vor Wochen kannte ihn kaum jemand, nun ist Frank Pisani in der Corona-Krise ein gefragter Mann geworden. Bei ihm laufen die Fäden zusammen.

Eigentlich klingt Frank Pisanis Aufgabenfeld für den Laien etwas dröge: Er ist Leiter der Abteilung für Infektionsschutz und Umweltmedizin, erstellt Gutachten für Bebauungen, untersucht Gebäude auf Schimmel, unterstützt die Wohnungsaufsicht. Doch so wichtig wie heute war seine Funktion nie. Der 38-Jährige ist zum wichtigen Mann in der Corona-Krise reüssiert. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen.

Seitdem das Coronavirus ausgebrochen ist und auch das Mülheimer Stadtleben bestimmt, ist der promovierte Mikrobiologe Frank Pisani in den Mittelpunkt gerückt. Er managet das Geschehen im Gesundheitsamt. Um 6 Uhr morgens beginnt für den Dinslakener der Arbeitstag und er endet meist nicht vor 18 Uhr.

Über 1100 Mülheimer bislang auf Coronavirus getestet

Wenn er im Gesundheitsamt ankommt, sichtet er die E-Mails, die Befunde, die eingegangen sind und in die Listen eingetragen werden müssen. Es kommen die Testergebnisse aus den Laboren – über 1100 Menschen hat die Stadt bislang in ihrem Diagnosezentrum beprobt.

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Nach einer Teambesprechung werden ab 8 Uhr die Betroffenen angerufen. Die, die in Nicht-Corona-Zeiten als Vorzimmerdamen gearbeitet haben, melden sich bei denen, deren Ergebnisse negativ sind. Pisani selbst oder einer seiner Kollegen rufen die positiven Fälle an, besprechen die weitere Vorgehensweise, die Quarantäne, die gesundheitlichen Maßnahmen.

Vermutlich der gefragteste Mann im Mülheimer Rathaus

Dreimal die Woche tagt Pisani, der als Gesundheitsingenieur eigentlich auf Trinkwasser spezialisiert ist, mit dem Krisenstab. Mit einer Kollegin teilt er sich das Krisenstabshandy; sie sind dort zum Beispiel für die Feuerwehr rund um die Uhr erreichbar.

Trifft man Frank Pisani, ist er ruhig, wirkt gelassen, auch wenn das Telefon ständig klingelt, auch wenn er derzeit vermutlich der gefragteste Mann im Rathaus ist – ansprechbar ist er immer. Er sieht auch das Positive in der Krise, die gerade so vielen so viel abverlangt. „Es ist eine gute Herausforderung“, sagt der 38-Jährige, „und eine gute teambildende Maßnahme“.

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Denn das engverzahnte Arbeiten in dieser Ausnahmesituation bedeutet auch, in andere Bereiche zu blicken, Prozesse zu verstehen, die sonst selbstverständlich scheinen. Und auch ungewöhnliche Hilfestellungen gehören nun plötzlich zum Alltag.

Manche nutzen Corona-Krise für eigene Zwecke aus

Da ist zum Beispiel das ältere Paar, das in die Quarantäne gezwungen ist, dessen Familie auf Mallorca lebt, das hier keine Angehörigen hat. „Wir haben Ehrenamtliche organisiert, die für sie einkaufen gehen“, erzählt Pisani. „Die Situation sensibilisiert für andere.“

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Aber auch mit Menschen, die die Krise ausnutzen wollen für ihre Zwecke, wird Pisani konfrontiert. So rief ihn ein Mann an, der behauptete, mit einem Corona-Infizierten Kontakt gehabt zu haben. Bei Rückfragen kannte er aber nur den Vornamen, wusste nicht, wo derjenige wohnt. „Der Mann wollte nur eine angeordnete Quarantäne, um Urlaub zu bekommen.“

Viele Gespräche, viel Koordination, viel Verantwortung

Zur Person

Der 38-jährige Frank Pisani lebt in Dinslaken und hat an der Universität Essen/Duisburg Water Science (Chemie, Mikrobiologie und Analytik) studiert.

Nach seiner Promotion zum Thema Fein- und Ultrafeinstaub hat er 2014 begonnen, für das Mülheimer Gesundheitsamt zu arbeiten. Seit Anfang 2020 ist er Abteilungsleiter für Infektionsschutz und Umweltmedizin.

Rund 70 Menschen arbeiten im Gesundheitsamt, sie alle widmen sich der Bekämpfung des Coronavirus, vom kinder- und jugendärztlichen bis zum zahnärztlichen Dienst. Ein Mitarbeiter ist abgestellt, um sich um alle anderen meldepflichtigen Krankheiten zu kümmern.

Die Kernaufgabe aller ist, Infektionsketten nachzuvollziehen und zu durchbrechen – und dabei den Überblick zu behalten. Viele Gespräche, viel Koordination, viel Verantwortung – sein Amt als Abteilungsleiter hat Frank Pisani wohl in der spannendsten Zeit überhaupt begonnen.