Mülheim. Wer den Leinpfad auf dem Fahrrad umfährt, steht im Konflikt mit Autos und Fußgängern. Warum die Alternativen dringend verbessert werden müssen.
Das Fahrradverbot am Leinpfad wird heiß diskutiert. Radler beklagen den Mangel an Alternativen. Wir haben sie uns angesehen – und viele Schwierigkeiten entdeckt. Ein Erfahrungsbericht.
Alternative zum Leinpfad: Rechts der Ruhr zur Mendener Brücke
Jetzt wird es auf einmal doch sehr eng für mein Fahrrad: An der Dohne, etwa auf Höhe Hausnummer 51 Richtung Mendener Brücke parken rechts Autos auf der Straße. Durch das Nadelöhr passen locker zwei Räder nebeneinander, aber kein Pkw mehr. Ich grüße strampelnd den entgegenkommenden Pedalisten, hinter ihm brummeln ungeduldig drei Autos und die Linie 151. Hoffentlich macht jetzt kein parkendes Auto die Tür auf …
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Wer als Radler den Leinpfad meidet und auch muss – zu recht, wie ich finde, denn er ist schlicht zu eng für Fußgänger, Kinderwagen, Hund und Radler – fühlt sich auf der alternativen Route über die Dohne und Mendener Straße ständig unwohl. Weil man über weite Strecken der Bremser für die motorisierte Zunft ist, ihnen im Weg steht oder man ausweichen muss. Oder man knapp geschnitten wird. Das Aufheulen der Motoren, weil sie irgendwann „endlich“ an mir vorbei können, ist ständiger Begleiter.
Viele Radfahrer auf der Dohne und Mendener Straße
Erst ab Hausnummer 81 weitet sich das Feld etwas. Vier- und Zweiräder können wieder koexistieren. Spaß macht das Strampeln deshalb immer noch nicht. Dennoch sind auffällig viele Radfahrer auf der Dohne und der Mendener Straße unterwegs. Der Leinpfad hingegen ist nahezu zweiradfrei. Haben die verstärkten Kontrollen eine Wirkung gezeigt?
An der „Tomate“ treffe ich einen Gelsenkirchener, der über Kettwig nach Mülheim geradelt ist – „zum ersten Mal über die Mendener Straße“, sagt er. Ansonsten fahre er von der Mendener Brücke über den Kahlenbergweg und das Wehr, weil ja der Leinpfad hier für ihn gesperrt ist. Er guckt vom Gehweg runter über die Brüstung auf den Pfad entlang der Ruhr: „Wär’ ja schon schön, wenn der freigegeben wäre ...“ Und schaut dann links und rechts auf den Gehweg an der Mendener Straße. „Völlig überdimensioniert“ sei der, wundert er sich, denn hier geht ja keiner lang. Weil eben alle auf dem Leinpfad sind.
ADFC forder Fahrradstraße an der Ruhr
Doch auch diese scheinbar zweckfreie „Großzügigkeit“ ändert sich auf Höhe der ehemaligen Jugendherberge. Der Gehweg endet jäh, bis zur Mülheimer Kanu-Gilde bleibt es nicht nur eng, es wird auch trotzdem weiter Tempo gemacht – mit 50 bis 60 braust es an mir vorbei, vielleicht auch mehr: ungemütlich. Eine Fahrradstraße, wie sie der ADFC unlängst wieder ins Spiel brachte, würde hier auf 30 Kilometer pro Stunde entschleunigen und damit für Radler mehr Sicherheit und auch Fahrfreude bedeuten.
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Das allein reichte wohl nicht. Auch auf der Straße parkende Auto entlang der Strecke müssten zum Teil oder ganz auf den Bürgersteig verschwinden. Das wäre vom Platz her an der Dohne möglich, denn auch dort sind die Gehwege großzügig – und ebenso einsam. So aber bleibt nach 2,5 Kilometern das Gefühl, endlich wieder sicher zu sein: auf dem Leinpfad.
Alternative: Links der Ruhr zum Wasserbahnhof
Ich gehe die Alternative zum Leinpfad noch einmal an. Diesmal von der Mendener Brücke links der Ruhr runter über den Damm zum Kahlenbergweg. Die schöne Strecke führt durch die Ruhrauen, und natürlich nicht nur die Radler, auch Familien, Paare jeden Alters, Kinder. Schnell zu fahren, ist jetzt absolut nicht drin.
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Zum Kahlenbergwehr biege ich rechts ab. Das Wehr gilt beim Routenplaner „Komoot“ als „Fahrrad-Highlight“. Man mag darüber schmunzeln oder sich ärgern, weil ausgerechnet hier der Radler absteigen muss. Am Fuße des Wehrs hängt am Mast das runde Schild mit weißen Figuren auf blauem Grund – Gehweg. Und das heißt offiziell runter vom Bike, obwohl gut sichtbar darunter ein weißes viereckiges Zeichen mit rotem Fahrrad-Symbol die offizielle Radroute des Radverkehrsnetzes NRW kennzeichnet.
Fazit: Alternativen müssten ausgebaut werden
Beide Alternativen müssten ausgebaut werden, um eine Verkehrswende zu erreichen und die Konflikte zwischen Radlern und Fußgänger anders zu lösen als über Verbote.
Die Dohne/Mendener Straße wäre als Fahrradstraße ideal für Radpendler, die schnell in Richtung Kettwig unterwegs sein wollen. Die linke Ruhrseite hingegen für alle, die das Rad als Freizeitgefährt sehen, und als Genuss, das Auto hinter sich lassen zu können.
Ein Widerspruch – vielleicht hat man auch deshalb das Gehweg-Zeichen nur schamhaft halb unter einer Baumkrone verborgen. 2,55 Minuten brauche ich, bis ich mein Rad über das etwa 2,50 Meter schmale Wehr auf den Ruhrinselweg auf Höhe der Florabrücke geschoben habe. Auf zwei Rädern wäre das sicher unter einer Minute bewältigt.
Widersprüchliche Beschilderung: Radfahrer müssen absteigen
Schiebend nehme ich allerdings mehr Platz weg. Das wird deutlich, wenn man anderen Radlern und Kinderwagen begegnet. Man quetscht sich freundlich aneinander vorbei. Mancher schaut anerkennend rüber, weil ich abgestiegen bin. Was aber die wenigstens wissen: Die Ausschilderung als Gehweg ist seit Jahren eine Art Feigenblatt für unerledigte Arbeiten der Stadt.
Das Problem ist nicht der Radler oder die Sicherheit des Fußgängers, sondern das Geländer. Es ist mit 1,10 Meter Höhe gut 20 Zentimeter zu niedrig, um die Sicherheit für Fahrradfahrer zu gewährleisten. Die Stadt hatte eigentlich 2019 geplant, das Geländer zu erhöhen. Bis heute ist nichts daraus geworden. Der Rest der Strecke, die ich auf der Ruhrinsel bis zum Wasserbahnhof zurücklege, ist eine Buckelpiste. Baumwurzeln haben den Asphalt an vielen Stellen hoch gedrückt.