Mülheim. . „Radfahrer absteigen“: Dieses Schild am Wehr des Ruhrinselweges sorgt für reichlich Verwirrung. Es macht auch keinen Sinn, gibt die Stadt zu.

  • Ausgerechnet am Ruhrinselweg fordert die Stadt Mülheim Radler auf, abzusteigen
  • Das macht sie gleich doppelt: mit einem Fußgänger-Zeichen und einem Schild: Radfahrer absteigen
  • Der Grund für die doppelte Absicherung ist eine mangelnde Verkehrssicherung auf dem Ruhr-Wehr

Die Fahrradroute über den Ruhrinselweg ist bei Radlern und Flaneuren beliebt: An Ruhr und Auen entlang verbindet sie Saarn mit der Innenstadt. Wäre da nicht die Lage an der Wehrbrücke, die von der Insel über die Ruhr führt und immer wieder für Konflikte zwischen Menschen auf zwei Rädern und zwei Füßen sorgt.

Genauer gesagt, ist der Auslöser für gelegentlichen Zoff das amtliche Zusatzzeichen 1012-32, das an beiden Seiten des Wehrs angebracht ist. „Radfahrer absteigen“ heißt es dort – für die einen eine unmissverständliche Sache: Raus aus dem Sattel, absteigen und gut 150 Schritte schieben, bis man auf der anderen Seite ist. Dauert vielleicht zwei Minuten, machbar. Zumal das Zusatzzeichen unter dem blauen „Gehweg“ (Zeichen 239) hängt. Radfahren wäre also zumindest allen unter zehn Jahren ohnehin verboten.

Kaum jemand hält sich an das Fahrverbot

Wer ein paar Minuten am Wehr verweilt, stellt allerdings fest: Die Wenigsten halten sich dran, sondern ziehen auf zwei Rädern schnell rüber. Denn die Querung über die Ruhr misst an ihrer breitesten Stelle gerade einmal 2,50 Meter. Wenn sich Fußgänger und Radfahrer begegnen, wird’s schon eng. Erst recht aber zu einem Nadelöhr, wenn entgegenkommende Fußgänger neben sich noch ein Rad schieben müssen.

Für die anderen ist „1012-32“ deshalb eine in Blech gestanzte Ausrede der Verkehrsbehörde, denn schließlich hat man die Radler ja zuvor mit dem Angebot einer Fahrradroute auf den Ruhrinselweg „gelockt“. Sogar noch über dem Gehweg-Zeichen auf beiden Seiten des Wehrs prangt eben die in rot gefasste Ausschilderung mit dem roten Fahrradsymbol.

ADFC sieht in Beschilderung einen Rechtsverstoß

Auch der NRW-Landesverband „Allgemeiner Deutsche Fahrradclub“ (ADFC) diskutiert das Zusatzzeichen auf seiner Homepage. „Die Verwendung des Zusatzschildes „Radfahrer absteigen“ im Zusammenhang mit dem Verkehrszeichen 239 (Fußgänger) verstößt gegen § 39 Abs. 1 StVO“, heißt es dort und weiter: Das Rad auf engen Fußwegen schieben zu müssen, könne „unzulässig“ sein. Denn „Fußgänger, die ein Fahrrad schieben, müssen die Fahrbahn benutzen, sofern wegen des mitgeführten Fahrzeuges andere Fußgänger erheblich behindert werden (§ 25 Abs. 2 StVO)“.

Was also gilt nun: schieben oder strampeln? Das Zusatzzeichen am Wehr sei wegen des Gehweg-Zeichens zwar überflüssig, räumt des städtische Fahrradbeauftragte Helmut Voß durchaus ein. Für das Absteigen sieht er dennoch gute Gründe: die Sicherheit. Das Gelände der Brücke sei nur etwa 1,10 Meter hoch. Aufgrund einer Rechtsprechung müsse es aber wenigstens 1,30 Meter hoch sein. Wer auf einem Rad sitzt, liegt damit fast höher und könnte im Ernstfall über das Geländer stürzen.

2019 will die Stadt ein höheres Geländer anbringen

„An der Konrad-Adenauer-Brücke ist die Situation ähnlich, nur haben wir hier durch den Gehweg einen Sicherheitsabstand zwischen Geländer und Radfahrer erreicht“, führt Voß ein anderes Beispiel an. Sonst hätten Radler auch diese weitaus längere Strecke schieben müssen.

Das Schieben auf dem Wehr soll allerdings ein absehbares Ende haben: „Wir haben die Erhöhung des Geländers bereits in Planung, die Haushaltsmittel sind ebenfalls eingestellt“, sagt Voß. Dann würde auch der Übergang etwas breiter. Bis dahin fließt jedoch noch viel Wasser durch die Ruhr. Termin für die Maßnahme: 2019.