Mülheim. Erst wegen Corona nach Hause geschickt, jetzt zurückgeholt: Mitarbeiter des Mülheimer Jobcenters sind verärgert. Der Grund für die Rückholaktion.

Erst vor zwei Tagen hatte Mülheims Stadtverwaltung erklärt, wegen der Corona-Krise auf Notbetrieb runterzufahren. Jetzt beorderte sie doch rund 200 Mitarbeiter des Jobcenters zurück an ihren Arbeitsplatz, obwohl diese mitunter gar nichts zu tun hatten.

Die Reduzierung der Ansteckungsgefahr sei oberste Maxime, hatte Stadtdirektor Frank Steinfort, gleichzeitig Personaldezernent der Stadt, den Notbetrieb am Dienstag begründet. „Unsere Publikumsämter reduzieren ihre Leistungen auf das Notwendigste, das bedeutet die Schließung und Einrichtung von Notdiensten“, hatte Stadtsprecher Volker Wiebels dazu am Dienstag erklärt. Der Notbetrieb gilt seit Mittwoch.

Sozialamtsleiter wies an, das Mitarbeiter nach Hause zu schicken seien

Sozialamtsleiter Thomas Konietzka hatte bereits am Montag per Mail alle Mitarbeiter seines Amtes informiert, das Schreiben liegt dieser Redaktion vor. Das Sozialamt werde bis mindestens zum Ende der Osterferien nur noch im Notdienst arbeiten. Alle Termine mit Bürgern seien abzusagen, „die Anzahl der Mitarbeiter wird auf das für den Notdienst notwendige Maß beschränkt“. Alle Abteilungen und Bereiche sollten nun festlegen, was für den Notdienst noch unbedingt erforderlich sei.

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Konietzka führte weiter aus, das sich nicht benötigte Mitarbeiter zu Hause für einen sofortigen Einsatz auch in anderen, durch die Corona-Krise stark belasteten Bereichen der Stadtverwaltung zur Verfügung halten sollten. Für ein Home Office fehle es zwar an den technischen Voraussetzungen, aber vielleicht seien ja doch „Möglichkeiten der Heimarbeit kreativ und intelligent zu nutzen“.

Mitarbeiter des Jobcenters sollten sich „auf Abruf“ verfügbar halten

Die Chefin des Jobcenters, Anke Schürmann-Rupp, ließ schließlich am Dienstagnachmittag eine Mail an ihre Mitarbeiter folgen und erklärte den Jobcenter ab Mittwoch für geschlossen – auch für die Mitarbeiter. Nur ein Notdienst sei sicherzustellen. Ein Notdienstplan wurde aufgestellt. Nach Hause geschickte Mitarbeiter sollten sicherstellen, per Telefon oder Mail erreichbar zu sein. Für den Einsatz auf Abruf.

Nicht einmal 24 Stunden später beorderte die Jobcenter-Chefin am Donnerstag ihre Mitarbeiter zurück an ihre Schreibtische in der Behörde. Alles Vorherige sei „umgehend zu widerrufen“. Eilig wurden Teamleiter und im Dienst befindliche Mitarbeiter aufgefordert, die Listen der tags zuvor nach Hause geschickten Kollegen abzutelefonieren, um diese zur Rückkehr in den Jobcenter aufzufordern. „Ab morgen sind bitte alle wieder wie gewohnt im Dienst“, schrieb Schürmann-Rupp und forderte zum Ein- und Ausstempeln auf.

„Wir haben Bereiche, in denen jetzt wirklich nichts zu tun ist“

Nicht jeder kam ohne Murren zurück. „Das ist ein großer Unsinn. Wir haben Bereiche, in denen jetzt wirklich nichts zu tun ist“, sagte ein Mitarbeiter im Gespräch mit dieser Zeitung. Am Donnerstagmorgen hätten Mitarbeiter im Jobcenter ohne Beschäftigung herumgesessen. „Hier sitzen jetzt über 200 Menschen. Die Gefahr, sich anzustecken, ist groß“, warf er Stadtdirektor und Personaldezernent Frank Steinfort mangelndes Verantwortungsbewusstsein vor.

Für Steinfort nahm auf Anfrage dieser Redaktion Stadtsprecher Volker Wiebels Stellung. Dass die Mitarbeiter nach Hause geschickt worden seien, sei „ein Kommunikationsproblem“ gewesen seitens der Sozialamtsleitung.

Stadtsprecher: Mitarbeiter sollen sofort für andere Aufgaben verfügbar

Im Krisenstab sei klar verabredet worden, dass Mitarbeiter, die in ihrem angestammten Tätigkeitsbereich nichts zu tun haben derzeit, an anderer Stelle in der Verwaltung eingesetzt werden sollen, „sonst wäre das ja ein bezahlter Urlaub“. Die Mitarbeiter in ihren Büros zu halten, sei sinnvoll, um sie bei Bedarf schnell für einen Einsatz in stark belasteten Verwaltungseinheiten anfordern zu können.

Angesichts der Corona-Krise könnten Mitarbeiter etwa die Feuerwehr im internen Dienst entlasten. Auch liefen im Kommunikationscenter sehr viele Bürgeranfragen auf, dass dort Hilfe gut zu gebrauchen sei. Einsätze kämen auch im Ordnungs- oder Gesundheitsamt infrage, „wo Hochbetrieb herrscht“.

„Dafür werden die Mitarbeiter bezahlt“

Wiebels räumte ein, dass nicht für jeden Mitarbeiter direkt Arbeit da sei. Vieles sei aktuell immer wieder neu zu organisieren, je nach aktueller Entwicklung. Es sei aber wichtig, dass die Beschäftigten „auf Abruf“ seien, „dafür werden sie bezahlt“. Wer das nicht wolle, müsse schon Urlaub nehmen, zur Not auch unbezahlten.