Mülheim. Kunst und Architektur im öffentlichen Raum geht oft im Alltag unter. Eine neue Tour des Museum Temporär deckt den Reichtum im Südviertel auf.

Die eine filigran und abstrakt, die andere Figur ein Schauspiel aus Muskeln und massiver Körperlichkeit – beide Skulpturen strahlen auf ihre Weise Bewegung und Dynamik aus. Die Akrobaten von Lajos Barta und die Fohlen von Jupp Rübsam sind nur zwei faszinierende Plastiken, die das Quartier südlich der Innenstadt zieren. Das Kunstmuseum Temporär widmet in diesem Jahr dem von Architektur und Kunst geprägten Viertel eine weitere Stadtkunsttour.

„Wer hätte gedacht, dass die Reihe über Kunst im öffentlichen Raum im vergangenen Jahr eine so große Resonanz erfährt?“, wirkt Museumsleiterin Beate Resse fast ein bisschen überrascht. Mehr als 30 Führungen in die Innenstadt und zum Müga-Gelände mit aufschlussreichen Blicken auf Architektur und zahlreiche Plastiken etwa von Rasche, Hajek und Schad bot das Museum Temporär an. Gut 230 Menschen gingen auf Entdeckungsreise durch ihre eigene Stadt. „Wir haben in Mülheim ein regelrechtes Freilichtmuseum mit unzähligen Schätzen, die man sogar ohne Eintritt bewundern kann“, lobt Reese den Kunstreichtum.

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Neue Stadtkunsttour hebt kunstvolle Architektur und Plastiken aus dem Alltag hervor

Auch die neue Tour durch das Viertel südlich des Muhrenkamps frischt den Blick für die gestalterischen Besonderheiten auf, die im Alltag oft ausgeblendet werden. So steht die Architektur der späten 1920er Jahre im Zusammenspiel mit den bauplastischen Arbeiten etwa der Mülheimer Künstlerin Grete Schick im Fokus. Ihr Relief „Mädchen mit Vögeln“ (1928) ist am Eingangsportal der Realschule Stadtmitte zu bewundern.

Die Skulptur Fohlengruppe von Jupp Rübsam (1927, Bronze) steht an der Realschule Stadtmitte. Hier startet die Entdeckertour durch das Quartier.
Die Skulptur Fohlengruppe von Jupp Rübsam (1927, Bronze) steht an der Realschule Stadtmitte. Hier startet die Entdeckertour durch das Quartier. © Ralf Raßloff | Ralf Raßloff

Die Arbeiten Willi Hoselmanns an den Wohnhäusern der Kämpchen-, Adolf- und Eduardstraße – Löwe oder Drache mit einer Erdkugel sowie ein Greif – werden auf der Tour ebenfalls betrachtet. Die Gebäude wurden übrigens 1927 von den Architekten Pfeffer und Großmann entworfen.

Bartas Akrobaten sind erst im Herbst restauriert worden

Einen Schwerpunkt setzt die Tour bei den Skulpturen von Barta und Rübsam, die auf dem Gelände der Schulen Otto-Pankok beziehungsweise Realschule Stadtmitte stehen. Erst im vergangenen Herbst hat das Kunstmuseum der Akrobaten-Skulptur von Lajos Barta zu neuem Glanz verholfen und sie restauriert. „Es ist ein Highlight im Viertel geworden – das Balancierende, Labile hat Barta sehr schön dargestellt“, schwärmt Reese von der künstlerischen Aussagekraft des ungarischen Bildhauers. Warum sie dort stehen, erfährt man auf der Tour vor Ort.

Erfolgreiche Stadtkunsttouren werden neu aufgelegt

Neue Tour startet schon am 8. März

Die Kunsttouren starten im März und April und werden bis Oktober regelmäßig sonntags und dienstags angeboten.

Die neue Tour III hat bereits am Sonntag, 8. März, um 14 Uhr Premiere. Die Führung leitet Georg Reinders, Kosten: 4 Euro, Treffpunkt ist an der Realschule Stadtmitte, Oberstraße 92 vor der Fohlengruppe. Tickets telefonisch: 960 960.

Tour I „Kunst im Zentrum“ beginnt am 5. April, 14 Uhr vor dem Museum Temporär an der Schloßstraße 28. Tour II startet am 29. März, um 14 Uhr an gleicher Stelle. Eintritt: 4 Euro. Tickets: 455 41 71.

Die beiden bisherigen Stadtkunsttouren „Kunst im Zentrum“ und „Kunst im Zusammenspiel mit Architektur mit Architektur und Natur“ werden ebenfalls fortgesetzt. Die erste zeigt, wie der Bau des Forums und die Umgestaltung der Innenstadt zur Fußgängerzone auch den Raum für die Kunst öffnete. Das Ensemble von Ernst Rasche an der Kreuzung Löhberg und auch der Hajek-Brunnen auf dem Synagogenplatz wäre inmitten von Autoverkehr undenkbar.

Einen weiteren Umbruch im Stadtbild markieren die Skulpturen von Robers Schad und weitere, die mit der Errichtung des Müga-Geländes einhergingen. Die zweite Stadttour macht sich – wie schon 2019 – wieder von der Innenstadt auf zur Müga. Der Weg ist hier das Ziel: So kommt man vorbei am Woolworth-Gebäude von Emil Fahrenkamp, dem Rathaus von Pfeifer und Großmann, und der Stadthalle.

Wichtig bei allen drei Touren durch das „Freilichtmuseum Mülheim“ ist allerdings wetterfeste Kleidung. Denn die Führungen finden bei jedem Wetter statt.