Mülheim. Das Sex-Geschäft blüht in Mülheim im Verborgenen. Rund 70 Prostituierte sind offiziell gemeldet. Die Polizei muss nur selten einschreiten.
Über das Gesetz zum Schutz von Prostituierten wird in NRW gerade engagiert diskutiert. Auch in Mülheim müssen sich Frauen - und Männer - aus dem Gewerbe anmelden. Im Gegensatz zu den Nachbarstädten blüht das Geschäft hier aber im Verborgenen.
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In Essen, Oberhausen oder Duisburg ist allgemein bekannt, wo sich die Rotlichtviertel oder Straßenstriche befinden. In Mülheim gibt es keine vergleichbare offene Szene, „auch keine großen Laufhäuser“, sagt Antje Buck, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, zu deren Aufgabenbereich auch die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes gehört. Allerdings liegt dicht an der Stadtgrenze der einschlägig bevölkerte Duisburger Zoo-Parkplatz.
Drei Prostitutionsbetriebe in Mülheim mit behördlicher Erlaubnis
Seit 2017 gilt eine gesetzliche Anmeldepflicht für Bordelle und andere „Prostitutionsstätten“ sowie auch für die Sexarbeiterinnen. Zuständig ist das jeweilige Ordnungsamt. Derzeit haben nach Angaben der Stadt drei Betriebe in Mülheim eine entsprechende Erlaubnis. Zugleich sind rund 70 Prostituierte offiziell angemeldet, die damit - zumindest auf dem Paper - erklären, dass sie schwerpunktmäßig in Mülheim tätig sind.
In der Praxis lässt sich das aber kaum kontrollieren: „Wir wissen nicht, ob diese 70 Personen alle tatsächlich in Mülheim arbeiten“, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels. Denkbar ist es schon: Vor rund zwei Jahren, als die Anmeldepflicht noch neu war, gingen Kenner der Szene von einer hohen Dunkelziffer aus, wonach mindestens 200 Prostituierte in der Ruhrstadt tätig sind.
Polizei geht Hinweisen auf Zwangsprostitution nach
In Mülheim existiert keine Rotlichtszene - das bestätigt auch die Polizei, lediglich einige einschlägige Adressen, wo Prostituierte arbeiten. „Dort war es in letzter Zeit ruhig“, erklärt ein Polizeisprecher auf Anfrage. „Hinweise auf Zwangsprostitution gibt es zwar häufiger, aber bisher haben sie sich in keinem Fall bestätigt.“
Kostenlose, aber verpflichtende Termine beim Gesundheitsamt
Kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes, das ausdrücklich auf den Schutz der Prostituierten zielt, wurde eine halbe Stelle beim Gesundheitsamt der Stadt Mülheim geschaffen, um einen wichtigen Bestandteil der neuen Regelung zu gewährleisten: kostenlose und vertrauliche Gesundheitsberatung. Diese ist allerdings nicht freiwillig, sondern für die angemeldeten Frauen Pflicht: einmal pro Jahr, für sehr junge Prostituierte unter 21 Jahren jedes halbe Jahr.
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Ansprechpartnerin beim Mülheimer Gesundheitsamt ist seit November 2017 Susanne Beißel aus dem umweltmedizinischen Dienst. Um eine ärztliche Untersuchung geht es dabei definitiv nicht, sondern „um Fragen beispielsweise nach HIV-Tests, Verhütung, Schwangerschaft oder Geschlechtskrankheiten“, so die Beraterin. Durchschnittlich kämen pro Monat fünf Frauen zum Gespräch, „viele aus Rumänien, Bulgarien und Polen“. Männliche Prostituierte habe sie bisher noch nicht getroffen.
„Frauen kommen freiwillig und gerne in die Beratung“
Details aus den Beratungsgesprächen darf Beißel nicht nennen. Sie hat aber den Eindruck: „Die Frauen kommen freiwillig und gerne, weil sie froh sind, hier eine Ansprechpartnerin zu haben.“ Ob die Frauen auch freiwillig anschaffen, wisse sie nicht in jedem einzelnen Fall. Sie glaubt aber: „Wer sich definitiv unter Zwang prostituiert, kommt nicht in die Beratung.“
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Susanne Beißel hat in Mülheim ganz überwiegend mit gestandenen Frauen zu tun. „Im Durchschnitt sind die Prostituierten Anfang bis Mitte 30.“ Unter 21-Jährige sehe sie ganz selten - „Gott sei Dank“.
Betriebskonzept ist Pflicht
Um eine Prostitutionsstätte beim Ordnungsamt anzumelden, müssen die Betreiber ein umfassendes Betriebskonzept vorlegen. Dieses umfasst zum einen Daten wie Öffnungszeiten, Zahl der Beschäftigten, Notrufsystem, Sanitäranlagen oder Sozialräume.
Darüber hinaus müssen auch Maßnahmen aufgeführt werden, mit denen der Betrieb verhindert, dass sich Opfer von Menschenhandel oder Minderjährige prostituieren.
Antje Buck als städtische Gleichstellungsbeauftragte, die das Thema seit Jahren engagiert verfolgt, würde sich in Mülheim einen runden Tisch mit allen beteiligten Stellen wünschen, um über die Effekte des Prostituiertenschutzgesetzes zu reden: „Was klappt, was klappt nicht? Und wie kommen wir wirklich an die Betroffenen heran.“ Prostituierte seien in der Regel junge Frauen, oft auch mit Kindern, „darum müssen wir uns kümmern“.