Sieben Prostituierte, drei Gewerbe sind in Mülheim registriert – Dunkelziffer: 200. Gesetz zum Schutz von Sexarbeiterinnen startet schleppend

Noch hat das neue Gesetz zum Schutz von Prostituierten kaum gegriffen. Nur sehr wenige Sexarbeiterinnen haben wie nun vorgeschrieben, ihre „Tätigkeit“ – so heißt es im Amtsdeutsch des Gesetzes – bei den Behörden angemeldet. Auch in Mülheim ist das so. Gerade einmal sieben Prostituierte und drei Gewerbe haben sich bislang bei der eigens eingerichteten Stelle im Ordnungsamt registrieren lassen. Dabei gehen Experten von einer Dunkelziffer von wenigstens 200 Prostituierten in der Ruhrstadt aus.

Ihre geringe Anmeldezahl ist wohl auch der kurzen Laufzeit des sperrig betitelten „Prostituiertenschutzgesetzes“ geschuldet. Im Juli 2017 wurde es eingeführt, seit Januar 2018 ist es für Prostituierte Pflicht, ihr Gewerbe anzumelden. Und doch sind die Zahlen in ganz NRW vergleichsweise nicht viel besser. Nachbarstadt Oberhausen zählte 39 Anmeldungen – angesichts des vorhandenen Sperrbezirks offenkundig ein Bruchteil. Und auch die Stadt Duisburg mit ihrer umfangreichen Rocker- und Rotlichtszene hat nur 89 auf dem Zettel.

Gut 3000 Registrierungen zählte man zum Jahresende im Land, dabei sollen rund 45 000 Frauen und wenige Männer dem Gewerbe nachgehen. Und gerade für sie wollte man per Gesetz bessere Bedingungen und Schutz im harten Sex-Geschäft schaffen. Prostituierte sollen gesundheitlich beraten, auf Wunsch untersucht werden.

Doch wirklich „sexy“ wirkt die „Anmeldepflicht für Prostituierte“ nicht: „Wer eine Tätigkeit als Prostituierte ausüben will, hat dies bei Aufnahme der Tätigkeit persönlich bei der Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt werden soll, anzumelden“, heißt es kühl. Statt von Schutz ist von Pflicht die Rede.

Die Kritik, mit dem Gesetz ein Bürokratiemonster aufzubauen, das Prostituierte stigmatisiert, aushorcht und mit Pflichten belegt wie Kondome bereitzustellen, hat den Entwurf von Anfang an begleitet. Andere wiederum sehen den Umgang mit Prostitution nun auf die Kommunen verlagert. Sie sollen dem Gewerbe Herr werden. In Mülheim steht dafür jedoch lediglich eine halbe Stelle im Ordnungsamt bzw. eine ganze im Gesundheitsamt zur Verfügung. Eine Prüfung oder Kontrolle, wer Prostitution betreibt oder Prostituierte beschäftigt, ist damit eine nahezu unlösbare Aufgabe.

Ein traditionell gewachsenes Misstrauen gegenüber Amtsstuben, vermutet auch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Antje Buck hinter den geringen Anmeldungen. Selbst wenn sie den zuständigen Mülheimer Kollegen im Ordnungs- und Gesundheitsamt einen menschlichen Umgang bescheinigt. Man könne sich für die Beratung sogar mit Alias-Namen anmelden.

Doch an der Scheu vor Behörden liegt es nicht allein: „Viele Frauen, gerade diejenigen, die aus dem Ausland hierher gebracht wurden, kennen nur ihr enges Umfeld, sprechen unsere Sprache nicht, kennen die Gesetze nicht und wissen oft nicht einmal, in welchem Land sie sich gerade aufhalten“, schildert Buck den rohen Alltag im Milieu. Es sei eben kein Gewerbe wie jedes andere: 200 Euro Raummiete am Tag, oft schlechte Hygienemöglichkeiten, kaum Pausen- und Rückzugsräume, Nähe zu kriminellen Milieus, kein Mutterschutz, sogar Beschäftigungsverbot, zählt Buck auf.

Am Gesetz hält die Gleichstellungsbeauftragte dennoch fest, denn die Beratung ist gerade für Prostituierte aus dem Ausland ein Schritt aus der Isolation und möglicherweise aus der Prostitution. „Der Sinn dieses Gesetzes ist es vornehmlich, dass sich Prostituierte wieder wie Menschen fühlen können.“