Mülheim. Nach jahrelangen Verhandlungen mit Investoren weicht ein ehemaliges Gemeindezentrum in Mülheim Wohnhäusern. Kirchenbau wird integriert.

Nach mehr als fünf Jahren des Wartens sind jetzt Mitarbeiter und Bagger neben der Christuskirche in Saarn angerückt. Sie haben mit den Abbrucharbeiten des Gemeindehauses begonnen.

Das ist der Start für ein lange geplantes Neubauprojekt, das beinahe nicht hätte verwirklicht werden können, oder blockiert werden sollte. Darüber sind die Meinungen innerhalb der Nachbarschaft und der evangelischen Kirchengemeinde Broich-Saarn geteilt. Die Baugenehmigung für neue Wohnhäuser und Wohnen im denkmalgeschützten, ehemaligen Kirchenbau soll das städtischen Bauamt demnächst erteilen.

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Ihre größte Kirche konnte die Gemeinde nicht halten

Die Gemeinde konnte sich den Betrieb der Christuskirche nicht mehr leisten. Ursprünglich gehörten ihr vier Gotteshäuser. An das Kirchenzentrum an der Calvinstraße in Broich erinnert sich kaum noch jemand. Es ging 1965 in Betrieb. Am 31. Dezember 2005 wurde die Kirche entwidmet. Geblieben ist der Kindergarten, neue Wohnhäuser stehen auf der Fläche.

Gleiches hatte das Presbyterium für die Christuskirche am Rande Saarns beschlossen. Sie war der fassungsstärkste Kirchenbau der evangelischen Gemeinde. Mit dem Verkauf des Areals sollte das Zentrum an der Wilhelminenstraße modernisiert und das Gemeindeleben gefördert werden. Mit einem Interessenten waren die Verkaufsverhandlungen fast abgeschlossen.

Denkmalschutz machte Strich durch gute Verkaufsrechnung

Dann kam für viele eine unangenehme Überraschung. Andere bezeichneten es als bösen Schock. Hinter den Kulissen hatte jemand Denkmalschutz für das Gotteshaus aus dem Jahr 1957 beantragt. Andrea Pufke, Leiterin des Amtes für Denkmalpflege im Rheinland, folgt diesem Antrag und ordnete am 28. April 2015 die Eintragung in die Denkmalliste der Stadt an. Damit stand fest: Die Christuskirche bleibt im Dorf.

Diese Nachricht präsentierten Jürgen Liebich, früherer Leiter des Stadtplanungsamtes, und Thomas Jantzen, einst Pfarrer der evangelischen Gemeinde Broich-Saarn, am gleichen Abend auf einer Bürgerversammlung an der Waldbleeke.

Die ersten Dachteile am ehemaligen Pfarrhaus sind bereits herausgebrochen. Der Bagger wird bald den Rest erledigen.
Die ersten Dachteile am ehemaligen Pfarrhaus sind bereits herausgebrochen. Der Bagger wird bald den Rest erledigen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Im Menschen statt in Steine investieren

Vereinzelte Wünsche und heimliche Hoffnungen, die Gemeinde würde den Gottesdienstbetrieb mit Denkmalschutz am Lindenhof fortführen, erfüllte die Gemeinde nicht. Das wurde bereits in der Versammlung deutlich: „Wir können uns den Unterhalt dieser Kirche nicht mehr leisten. Wir investieren unser Geld lieber in Menschen anstatt in Steine“, sagte Pfarrer Jantzen damals.

Die Verkaufsverhandlungen mit dem Investor waren jedoch geplatzt. Für die Gemeinde begann eine lange Suche nach neuen Käufern, die auch den denkmalgeschützten Kirchenbau übernehmen. Mit dem Denkmalschutz schrumpfte der Verkaufserlös des Grundstücks. Die Gemeinde musste für die bauliche Sicherung des Ende Mai 2015 entweihten Kirchenbaus zahlen. Der Kindergarten musste auf den Ausbau seines Gartens warten. Zwischenzeitlich wohnten Asylbewerber im Pfarr- und Gemeindehaus.

Kaufvertrag endlich im Januar 2019 unterschrieben

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Vor einem Jahr dann Aufatmen: „Wir haben Erfreuliches zu berichten. Wir haben endlich einen Investor gefunden, der das Areal inklusive der Gebäude gekauft hat“, berichtete Pfarrer Jürgen Krämer Der Kaufvertrag wurde im Januar 2019 unterschrieben. Wenig später begannen rund um die ehemalige Christuskirche auf dem Gelände am Schneisberg die Rodungsarbeiten.

Am Denkmalschutz für den Kirchenbau waren zuvor mehrere Gespräche mit Investoren gescheitert – obwohl die Verhandlungen teilweise kurz vor der Vertragsunterzeichnung standen. „Das Ganze hat sich jetzt über fast fünf Jahre hingezogen. Immer wieder mal gab es neue Interessenten, aber alles ist im Sande verlaufen. Die Gesprächspartner konnten einfach mit der Kirche nichts anfangen. Deshalb sind wir froh, dass es mit dem Verkauf jetzt geklappt hat“, blickte Pfarrer Jürgen Krämer damals nach vorn. Wichtig sei, dass mit dem Gelände etwas Sinnvolles geschehe.

Das ehemalige Gemeindezentrum am Lindenhof wird ebenfalls abgerissen. Hinter der Treppe liegt die zukünftige Einfahrt zur Tiefgarage.
Das ehemalige Gemeindezentrum am Lindenhof wird ebenfalls abgerissen. Hinter der Treppe liegt die zukünftige Einfahrt zur Tiefgarage. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Ehemaliges Gemeindezentrum wird jetzt abgerissen

Das passiert nun wirklich. Das Pfarrhaus, das Küsterhaus und das Gemeindehaus am Lindenhof werden jetzt abgerissen. Optimisten hatten diese Arbeiten schon im Juli 2019 gesehen. Ein Saarner Architektenbüro hat Planungen und Projektentwicklung für das Areal zwischen Schneisberg, Lindenhof und Waldbleeke übernommen und auch die Christuskirche in das Wohnprojekt integriert.

Einzelheiten seien zwar schon geplant, aber noch nicht spruchreif, weil die Baugenehmigung noch fehle, erklärte der Bauplaner unserer Zeitung. Darum könne er jetzt auch noch nichts erläutern. Die Gemeinde konnte den Kirchenbau am Lindenhof endlich aus ihrer Verantwortung geben. „Für die Erhaltung sind künftig nicht mehr wir zuständig. Der Investor muss dafür Sorge tragen“, sagte Jürgen Krämer vor einem Jahr.