Mülheim. Für die vorgeschriebene Pflege von Bächen und Teichen erwartet Mülheim eine Kostenflut. Einen Teil will die Stadt auf Anlieger umlegen.
Das Klima hat sich in den letzten zehn Jahren stark und erkennbar verändert. Auch in Mülheim kommt es immer häufiger zu flutartigen Regenfällen. Kanäle können die plötzlich vom Himmel prasselnden Wassermassen nicht mehr fassen und abtransportieren. Gleichzeitig kommt zu Überschwemmungen, weil nach längeren Hitzeperioden der Boden das Wasser so schnell nicht aufnehmen kann. Die reißenden Wassermassen beschädigen Böschungen und Flächen. Um die Reparaturen sowie die Pflege der Gewässer dauerhaft garantieren zu können, schlägt das Umweltamt eine Gebührenfinanzierung vor – die auf Anlieger von Wasserflächen zukommen sollen. Bisher ist diese Vorlage in den politischen Beratungen steckengeblieben und nicht in Fluss gekommen.
„Die Gewässerunterhaltung hat sich bereits zu einer wichtigen kommunalen Aufgabe entwickelt“, heißt es in der Begründung der Vorlage für den Umweltausschuss. Wie kompliziert das Zusammenspiel zwischen Uferschutz, Umweltschutz und Kanalbau ist, zeigt das millionenschwere Projekt der Rumbachsanierung. Es wird sich noch über mehrere Jahre erstrecken, gerät nach Ansicht von Anliegern zu oft ins Stocken. Andere haben Angst vor den Folgen der Großbaustelle auf Dickswall und Kaiserplatz.
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Gesetze schreiben Erreichen der Gewässerqualität vor
Der Rumbach ist das größte, aber nicht das einzige Gewässersanierungsprojekt, das die Stadt erledigen muss. Mehrere Bäche schießen noch durch begradigte und betonierte, offene Steilrinnen. Außerdem geben die aus der „EU-Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 in das deutsche Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und das Landeswassergesetzt (NRW-LWG) aufgenommenen rechtlichen Bestimmungen“ vor: „Der gute chemische und ökologische Zustand aller Gewässer muss bis zu den Jahren 2021 und 2027 erreicht werden.“
Da die Stadt kürzlich die kommunalen Klimarichtlinien unterschrieben hat, muss sie bald die Ziele der Gewässerreinhaltung erreichen und anschließend diesen Standard dauerhaft halten. Dazu gehören die Instandhaltung der Gewässer, um einen geregelten Abfluss zu gewährleisten. Ebenso wichtig ist die ökologische Pflege, um die gute Wasserqualität im vorgegebenen Zeitraum zu erreichen.
Standortgerechte Ufervegetation und Sichern des Abflusses
„Eine Gebührensatzung für die Gewässerunterhaltung könnte die Finanzierung dieser zukünftig immer wichtigeren Aufgabe langfristig garantieren“, heißt es in der Vorlage für die politischen Gremien. Die Gewässerpflege ist im Wasserhaushaltsgesetz verankert. Paragraf 39 Absatz 1 regelt: „Die Erhaltung des Gewässerbettes zur Sicherung des ordnungsmäßigen Wasserabflusses, die Erhaltung der Ufer für den Wasserabfluss sowie zur Erhaltung der standortgerechten Ufervegetation, die Erhaltung und Förderung der ökologischen Haushalts der Gewässers sowie die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, welches den Abflussverhältnissen der Wasserwirtschaft gerecht wird.“
Und im nächsten Absatz heißt es: „Es ist der Erhaltung der Leistungs-und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen.“ Ferner muss sich die Gewässerunterhaltung an den Bewirtschaftungszielen ausrichten, die im WHG klar definiert sind. Die Untere Wasserbehörde (im Umweltamt) muss die Garantien übernehmen. Neben dem Wasserhaushaltsgesetz sieht auch das Landeswassergesetz die Unterhaltung der oberirdischen Gewässer sowie der Ufer vor.
Unterhaltungsaufwand auf Gewässeranlieger verteilen
Weil wegen zunehmender Überflutungsschäden die Stadt nun schneller Bachläufe reparieren und renaturieren muss, steigen dafür die Kosten. Die dauerhafte und verpflichtende Instandhaltung verursacht zusätzliche Ausgaben. Daher „ist die Finanzierung in Form einer Gebührensatzung für die Gewässerunterhaltung anzustreben“, steht in der Vorlage.
Dafür bietet Paragraf 64 des Landeswassergesetzes den Gemeinden eine Basis. Städte können den Unterhaltungsaufwand auf die Gewässeranlieger umlegen. Das bedeutet: Alle Eigentümer deren Grundstücke ein Bachlauf oder ein Teich berührt, können an der Pflege des Gewässers beteiligt werden. Häufig sind es städtische Grundstücke, die an ein Fließgewässer grenzen.
Satzung wird alle Gewässeranrainer treffen
Anlieger müssen Kosten mittragen
Am Wasser zu wohnen, das finden viele Menschen beruhigend. Häufig ist damit ein unverbaubarer Ausblick verbunden, den Bewohner in Kernbereichen selten haben. Dass mit dem Klimawandel der Gewässerschutz für Mülheim, die Stadt am Fluss, zukünftig immer wichtiger wird, zeigt sich jetzt. Entsprechende Gesetze auf EU- Bundes- und Landesebene drücken diese Pflichtaufgaben in den Gemeinden.
So wie Kanalunterhaltung, Straßenreinigung oder Müllabfuhr zu den Pflichtaufgaben einer Stadt gehören und es dafür eine Gebührensatzung für alle Betroffenen gibt, kann die Stadt auch die Pflege der Gewässer und deren Uferanlagen auf die Anlieger verteilen. Dafür soll eine neue Gebührensatzung geschaffen werden. Damit müssen alle Bach-, Fluss oder Teichanlieger einen großen Teil der Unterhaltungskosten anteilmäßig mittragen. Das Landeswassergesetzt bietet dafür die Basis.
Bis voraussichtlich 2022 soll die neue Gebührensatzung für den Gewässerunterhalt vom Rat beschlossen sein und in Kraft treten, um dem städtischen Haushalt weitere Verluste zu ersparen. „Dann werden die Kosten für die Gewässerunterhaltung auf die Anlieger umgelegt, so dass mit einer deutlichen Kostenersparnis zu rechnen ist“, heißt es in der Vorlage.
Weder CDU noch SPD bauten fürs Erste einen Staudamm: Sie haben im Umweltausschuss Beratungsbedarf angemeldet, um zuerst parteiintern darüber zu diskutieren. Damit ist diese neue Gebührensatzung, die alle Gewässeranrainer treffen wird, aber nicht den Bach runter. Die Stadt wird alle Chancen nutzen, um weiterhin für Projekte flüssig bleiben zu können.