Mülheim/Bochum. Tengelmann spendet seine Kfz-Werkstatt an einen ehemaligen gambischen Mitarbeiter aus Bochum. Er reparierte die Oldtimer von Karl-Erivan Haub.

Schon fast verlassen ist die Unternehmenszentrale von Tengelmann in Speldorf. Nur noch wenige Monate wird es dauern, bis die letzten Mitarbeiter die Tore des alten Wissoll-Geländes hinter sich ein letztes Mal schließen. Und schon jetzt hat ein Herzstück der Firma das Areal verlassen: die Kfz-Werkstatt, in der nicht nur alle Dienstwagen von Tengelmann, sondern auch die Autos des Oldtimer-Liebhabers Karl-Erivan Haub repariert wurden. Solo Sambou, der Mann, der sie in diesen Tagen demontiert und in seiner Heimat Gambia in einigen Wochen wieder aufbauen wird, hatte einen engen Kontakt zu dem vermissten ehemaligen Tengelmann-Chef.

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Zwölf Jahre lang hat Sambou als Kfz-Mechaniker für Tengelmann gearbeitet. Seine Lehre machte er in Bochum, wurde nicht übernommen, weil nach der Ausbildung die staatliche Unterstützung an den Arbeitgeber ausblieb. Zu Tengelmann brachte ihn Wolfgang Dahl, damals noch Bereichsleiter im technischen Einkauf. Weil er damit auch Leiter des Fuhrparks war, weil er gute Beziehungen zu Karl-Erivan Haubs Referentin hatte, fand er für den heute 50-jährigen Gambianer eine Anstellung in der Tengelmann-Werkstatt. „Solo ist ein unheimlicher Glücksfall“, sagt Dahl.

Tengelmann spendet Werkstatt nach Gambia

In Tanji in Gambia hat Solo Sambou seine erste Werkstatt aufgebaut.
In Tanji in Gambia hat Solo Sambou seine erste Werkstatt aufgebaut. © Solo Sambou

Der 71-Jährige engagiert sich seit über zwei Jahrzehnten in Gambia, unterstützt in dem westafrikanischen Land, in dem 50 Euro ein normales Monatseinkommen sind, eine Buschklinik und einen Kindergarten. Nun hat er Solo Sambou die Werkstatt vermittelt, die Tengelmann ihm kostenlos überlässt. In einen Container wird sie geladen, wird sechs Wochen unterwegs sein von Mülheim über die Niederlande nach Banjul, der Hauptstadt Gambias.

Zwei Hebebühnen gehören zu der Lieferung, die Sambou in seinem Heimatland entgegennehmen wird. Damit wird er dort einer der ganz Wenigen sein, die überhaupt eine Hebebühne haben. Denn kaum eine gambische Werkstatt entspricht europäischen Standards.

Solo Sambou hat Oldtimer von Karl-Erivan Haub repariert

Weil aber Sambou nicht nur die Volkswagen und Audis des Fuhrparks repariert hat, sondern neben den Oldtimern Haubs auch alle anderen Privatwagen der Mitarbeiter – so hatte Karl-Erivan Haub es beschlossen – kennt er sich aus mit allen Arten von Fahrzeugen und Marken. „In Gambia wird richtig repariert“, sagt er und lacht. Nachhaltig könnte man es nennen, doch die Autos müssen einfach halten, weil kein anderes bezahlbar ist. „Die meisten werden auf der Straße repariert.“ Nicht aber in Tanji, einem Küstenort mit vielen niederländischen und britischen Touristen, in dem Sambou vor fünf Jahren seine erste Werkstatt eröffnet.

Patenschaften in Gambia

Bis Mitte 2020 wird Tengelmann das Wissoll-Gelände in Speldorf komplett verlassen. Gemeinsam mit der Stadt erarbeitet das Unternehmen nun einen Bebauungsplan. Auf dem Areal soll Wohnraum geschaffen und Gewerbe angesiedelt werden.

Wolfgang Dahl hatte zahlreiche Tengelmann-Mitarbeiter dazu bewegen können, sein Sozialprojekt „Kindergarten Mülheim an der Ruhr in Gambia e.V.“ durch Patenschaften zu unterstützen. Auch das Unternehmen spendete regelmäßig für sein Projekt. Weitere Infos: www.marakissa.de

Die zweite, mit den Maschinen, dem Werkzeug, dem Reifenmontiergerät, den Regalsystemen aus Mülheim, soll in Brikama entstehen, mit 85.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt in Gambia. Einen Ort hat er noch nicht, will in jedem Fall selber die Mauern seiner Werkstatt-Halle bauen. Sambou ist in Deutschland verheiratet, hat einen 13-jährigen Sohn, der hier die Schule beenden soll, weil in Gambia das System so schlecht ist. Die eine Hälfte des Jahres lebt er in Bochum mit seiner Familie, die andere ist er in seiner Heimat.

Ehemaliger Tengelmann-Mechaniker hat acht Mitarbeiter und vier Azubis

Damit ist er einer der wenigen, die zurückgegangen sind von denen, die einst flüchteten; die ihre Ausbildung, die sie in Deutschland absolviert haben, in Afrika nutzen wollen. „Tengelmann leistet mit dieser Spende einen wichtigen Beitrag, über Solo Sambou Arbeits- und Ausbildungsplätze und damit wirksame Entwicklungshilfe zu schaffen“, sagt Wolfgang Dahl. Acht Mitarbeiter hat Sambou, seine vier Azubis haben erfolgreich die Berufsschule abgeschlossen, vier weitere starteten im Sommer ihre Ausbildung bei ihm.

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Es ist die Art von Hilfe zur Selbsthilfe, wie Wolfgang Dahl sie für so richtig und wichtig hält. Nicht die Gelder, die aus Europa nach Afrika gespült und nicht nachhaltig genutzt werden, die an den falschen Stellen ankommen und versanden. „Tengelmann hat Solo Sambou vor vielen Jahren eine Chance gegeben und nun gibt er dies seiner Heimat zurück.“