Banjul. Klaus Peter betreibt 49 Bäckereien im Revier und eine in Gambia. Nach einer Rallye lernte er die Projekthilfe in dem afrikanischen Land kennen.
Klaus Peter steht in der Backstube und macht mit Lehrling Willy Dembela Teig auf: Sie formen gemeinsam Brote, Brötchen und Stutenkerle, legen Martinsbrezeln. Das ist nichts besonderes, das passt zur Jahreszeit und Peter ist Bäckermeister und Inhaber zahlreicher Bäckerei-Filialen in Essen und Mülheim, Bottrop und Hattingen. Draußen, vor dieser Backstube aber, ist die Außentemperatur mindestens so hoch wie direkt vor dem Ofen.
In das Geschäft kommen Frauen in knallbunten Kleidern, Schulkinder in ordentlichen Uniformen, die Mädchen haben die Haare eng geflochten. Die Bäckerei mit dem Schild „Bäcker Peter, German Bakery“ steht rund 6000 Kilometer von Essen entfernt im westafrikanischen Gambia. „Eines unserer Herzensprojekte“, sagt Peter, dem gesellschaftliches Engagement in der Heimat und in der weiten Welt wichtig ist.
Heinz Bormann ist Vater der Idee
Schon mehrfach haben seine Frau Dorotheé und er an der Rallye Dresden-Dakar-Banjul teilgenommen: Drei Wochen fahren die Teilnehmer mit bis zu 50 Autos durch halb Europa, Marokko, Mauretanien, die Sahara, den Senegal und Gambia. Dort werden die Fahrzeuge versteigert, die Erlöse fließen in die Projekthilfe von Heinz Bormann: ein Deutscher, der seit Jahrzehnten in Afrika lebt und die Rallye organisiert.
Mehrere Schulen hat er gebaut, unterstützt Gesundheitsstationen und betreibt ein Lehrrestaurant. Neben ausgebildetem Personal lernen junge Menschen im „Blue Kitchen“ kellnern und kochen – keine Selbstverständlichkeit in einem Land, in dem es keine Ausbildung gibt, die mit einer deutschen Lehre vergleichbar wäre.
Die Rallye Dresden-Dakar-Banjul
Was im Restaurant und im angrenzenden Gemüsegarten an Gewinn erwirtschaftet wird, kommt Bedürftigen zu Gute. So werden in zwei Kliniken belegte Brote an werdende und frisch gebackene Mütter ausgegeben. All diese Projekte haben sich die Eheleute Peter angeschaut und überlegt, wie sie noch mehr helfen können, statt nur ihr Auto zu versteigern.
Während der Unruhen flackerte das Licht wenn der Ofen lief
Vor zwei Jahren verschifften sie das Inventar einer ganzen Bäckerei – Elektrobackofen, eine Knetmaschine, Bleche und viele Utensilien – in das kleinste Land auf dem afrikanischen Kontinent und eröffneten die (vermutlich) modernste Backstube Gambias, direkt neben dem Lehrrestaurant „Blue Kitchen“. Nicht alles lief glatt. Der Ofen benötigt Elektrizität, viel sogar.
Als politische Unruhen die Stromversorgung im Land beeinträchtigten, flackerte draußen das Licht, wenn drinnen der Ofen lief. Auch Personal zu finden, das mit der modernen Technik umzugehen wusste, war nicht einfach. „Die örtlichen Bäcker arbeiten mit Holzöfen und kneten den Teig in einer Badewanne”, erklärt Peter.
Ein Essener Bäcker in Gambia
Deshalb beließ er es nicht bei der Materialspende. Ein bis zwei Mal im Jahr reist er nach Gambia, um vor Ort anzupacken. William Dembela ist noch neu in der Bäckerei. Er hat früher in Frankreich bei einem Konditor gearbeitet. Interessiert lässt er sich von Klaus Peter zeigen, welches Brot Deutsche mögen. Ein Roggen-Mischbrot und auch die Stutenkerle könnten sie gut an die Rallye-Teilnehmer, die Hotels mit den vielen Urlaubern oder Europäer, die in Gambia leben, verkaufen. Kalkuliert man die Preise geschickt, kann die Armenspeisung so mitfinanziert werden.
Immer wieder muss Peter improvisieren. Roggenmehl ist in Gambia kaum zu kriegen, es müsste kostspielig importiert werden. Schließlich überlegt er mit William zusammen, welche Zutaten vor Ort verfügbar sind. Zwei Stunden später holen sie ein duftendes Bananenbrot aus dem Ofen und William drückt vergnügt Erdnüsse statt Rosinen in die Stutenkerle.
Dorotheé Peter ist in der Zwischenzeit auf dem Markt. Meterweise bunte Stoffe ersteht sie und bringt sie in die Lehrschneiderei. Auch so ein Projekt von Heinz Bormann: Schneidern ist in Gambia Männersache, doch hier werden junge Mädchen ausgebildet. Sie lernen, Taschen zu nähen, natürlich mit orangenen Trägern, der Firmenfarbe von Bäcker Peter. Nach einiger Zeit werden die Mädchen geprüft, wer besteht, bekommt eine fußbetriebene Nähmaschine und kann sich selbstständig machen.
Bunte Taschen für die Filialen hier
Zurück in der deutsch-afrikanischen Bäckerei merkt Klaus Peter, dass ihm die Zeit davon rennt. „Eigentlich müsste ich mal zwei Monate am Stück vor Ort sein. Dann könnte ich ein Ausbildungskonzept und eine Produktpalette erarbeiten, so kann ich nur Impulse setzen”, sagt Peter. Mit der Industrie- und Handelskammer hat er schon Kontakt aufgenommen, die würden den Aufenthalt eines Meisters vor Ort unterstützen. Peter selbst hat dazu zu wenig Zeit.
Neben den Backwaren hat er jetzt ein neues Produkt in seinen Filialen: Bunte Stofftaschen mit orangenen Trägern. Beim Rückflug waren 600 Taschen im Gepäck, die Kunden in den Filialen kaufen und so junge Schneiderinnen unterstützen können – 6000 Kilometer entfernt, in Gambia.