Mülheim. Am Montag lief die Frist für eine bulgarische Familie ab, Mülheim per freiwilliger Ausreise zu verlassen. Die Mutter hat das noch verhindert.

Die bulgarische Familie aus Mülheim, deren 15-jähriger Sohn als mutmaßlicher Haupttäter einer Gruppenvergewaltigung Anfang Juli angeklagt ist, ist ihrer Zwangsausweisung noch einmal zuvorgekommen. Ein neuer Arbeitsvertrag verhindert die Ausweisung aus Deutschland.

Wie Stadtsprecher Volker Wiebels am Montag mitteilte, hat die Mutter der Familie kurz vor Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise dem Ausländeramt einen Arbeitsvertrag vorgelegt. Dieser soll belegen, dass die Familie ihren Lebensunterhalt zumindest zum Teil auch mit eigenem Einkommen bestreiten kann.

Mutter legte Ausländerbehörde frisches Arbeitspapier vor

Am Donnerstag vergangener Woche, am letzten Arbeitstag der Ausländerbehörde vor Verstreichen der Frist an diesem Montag, sei die Mutter im Amt gewesen und habe jenen Arbeitsvertrag vorgelegt. Belegen soll er laut Wiebels eine geringfügige Beschäftigung über 9,5 Wochenstunden in einer Essener Gebäudereinigungsfirma.

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Damit sei der Familie nach den Regeln zur EU-Freizügigkeit bis auf Weiteres doch wieder Aufenthaltsrecht einzuräumen, sagt Wiebels. Die Frau der bulgarischen Familie habe zudem angekündigt, alsbald auch einen frischen Arbeitsvertrag für ihren Ehemann vorlegen zu können.

Wohnung gekündigt: Ehepaar lebt derzeit bei Verwandten

Zuletzt hatten Medien berichtet, die bulgarische Familie sei untergetaucht, das war von der Stadtverwaltung umgehend zurückgewiesen worden. Fakt aber ist, dass der Familie ihre Wohnung an der Neustadtstraße in Styrum gekündigt worden war. Mietrückstände sollen der Anlass gewesen sein.

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Laut Wiebels seien Vater und Mutter aktuell bei Verwandten untergekommen. Eine neue Wohnung sei laut Schilderung der Mutter in Aussicht. Der 15-jährige Sohn, der als Hauptverdächtiger einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung Anfang Juli am Eppinghofer Bruch angeklagt ist, sitzt weiter in U-Haft. Eine erwachsene Tochter war nach der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung im Juli mit ihrem Kind bereits nach Bulgarien ausgereist.

Vater hatte im August angegeben, in einem Imbiss zu arbeiten

Aufregung hatte es im Sommer gegeben, als der Familienvater der Stadt einen druckfrischen Arbeitsvertrag in einem Grillimbiss präsentiert hatte, um einer Ausweisung zuvorzukommen. Eine spätere Überprüfung des Arbeitsverhältnisses hatte ergeben, dass der Mann nie in dem Imbiss gearbeitet hatte. Mehr noch: Der Imbissbetreiber soll angegeben haben, den Bulgaren nicht einmal zu kennen, hieß es seinerzeit. Die Rede war von einem gefälschten Arbeitsvertrag.

Diese Darstellung revidierte Stadtsprecher Wiebels am Montag. Der Arbeitsvertrag sei keine Fälschung gewesen, vielmehr „ein Fake“: Zwar habe der bulgarische Mann jenen Arbeitsvertrag gehabt, er habe die Arbeit in dem Imbiss aber nie aufgenommen.

Stadtsprecher: Verfahren ist wieder auf Null gesetzt

Nun liegt der Stadt von der Mutter ein neues Arbeitspapier vor. Laut Wiebels ist „das Verfahren damit wieder auf Null gesetzt. Wir haben keine Rechtsgrundlage, um die Familie auszuweisen.“ Nun gelte es erneut zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis tatsächlich zu eigenem Einkommen führe.

Aufgrund der Vorgeschichte werde die Verwaltung „besonders kritisch drauf gucken“, sich auch Gehaltsabrechnungen vorlegen lassen. Das Sozialamt, das Leistungen zum Lebensunterhalt an die Familie zahle, sei informiert.

Gruppenvergewaltigung: 15-jähriger Sohn sieht sich Anklage gegenüber

Die Staatsanwaltschaft hatte Mitte Oktober gegen den mittlerweile 15-jährigen Sohn der Familie und zwei weitere mutmaßliche Täter Anklage erhoben. Laut Anklage soll einer der drei Angeklagten Anfang Juli eine 18-Jährige zu einem Treffpunkt bestellt und die junge Frau in ein Waldstück am Eppinghofer Bruch geführt haben. Dort soll es dann zu einer Gruppenvergewaltigung gekommen sein.