Mülheim. Kein Jugendlicher soll die Schule ohne Perspektive verlassen. In Mülheim klappt das gut. Doch der Weg führt selten in betriebliche Ausbildung.
„Kein Abschluss ohne Anschluss“ – diese Devise gilt in ganz NRW und definitiv auch in Mülheim. Was Jugendliche nach zehn Jahren Schule oder Verlassen des Berufskollegs vorhaben, wird hier in der Stadt exakt ermittelt. Nun ist der neue Bericht des Bildungsbüro da. Er belegt: Nur sehr wenige Schulabgänger fallen durchs Netz.
Das wissen Bildungsbüro-Leiterin Brita Russack und ihr Team, weil sie jeweils nach den Sommerferien die Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen und den örtlichen Berufskollegs befragen. „Die Rücklaufquote liegt bei 100 Prozent.“ Auch, weil die Bezirksregierung diese Auskünfte mittlerweile zur Pflicht gemacht hat.
Jugendarbeitslosigkeit war vor Jahren noch ein großes Thema
Schon seit 2007 werden Übergangsberichte in Mülheim im Dreijahres-Rhythmus veröffentlicht. „Anfangs hatten wir noch vier Hauptschulen in Mülheim“, erinnert sich Russack. „Damals war Jugendarbeitslosigkeit ein großes Thema, heute hat sich das geändert. Was nicht heißt, dass alle glatt durchrutschen.“
Die Zahl derjenigen, die direkt nach der Schule ins Schleudern kommen, ist überschaubar. Im Report 2019, der auf Daten aus den Jahren 2017 und 2018 beruht, sind von insgesamt 1033 Jugendlichen nur neun
aufgeführt, die ohne Perspektive von der Schule gehen, überwiegend Förderschüler. Bei 25 weiteren ist unbekannt, wo sie bleiben.
Außerdem haben 44 junge Leute das Berufskolleg ohne Anschlusslösung verlassen, 39 weitere sind unbekannte Wege gegangen, darunter einige, die häufig im Unterricht gefehlt haben, heißt es im Bericht. Grundsätzlich sei das Berufskolleg aber „eine gute Auffanglösung für diejenigen, die noch etwas Zeit brauchen“, sagt Russack. Von hier geht ein Drittel der Absolventen in eine betriebliche Ausbildung, ein weiteres Drittel findet entweder direkt einen Job oder nimmt ein Studium auf.
Mittlerweile haben auch etliche Seiteneinsteiger - zugewanderte Mädchen und Jungen - einen Schulabschluss in Mülheim gemacht: 63 waren es, die im Vorjahr nach der Klasse zehn abgegangen sind. Sie seien „durchaus anschlussfähig“, heißt es im Bericht des Bildungsbüros. Rund zwei Drittel wechselten auf ein Berufskolleg, sieben in die gymnasiale Oberstufe, vier haben einen Ausbildungsplatz gefunden. „Niemand blieb unversorgt“, so das Fazit im Report 2019, der kürzlich auch im Bildungsausschuss präsentiert wurde.
Auch von den Seiteneinsteigern ist niemand unversorgt geblieben
Eine Baustelle bleibt die betriebliche Ausbildung, für die sich weiterhin sehr wenige Jugendliche gleich nach der Schule entscheiden. Am ehesten geschieht dies bei den Hauptschülern, sogar wieder mit steigender Tendenz: Hier hat mehr als ein Drittel der Schulabgänger einen dualen Ausbildungsplatz gefunden, zwei Jahre zuvor war es nicht mal ein Viertel. Rechnet man die schulischen Ausbildungen am Berufskolleg hinzu, so sind zuletzt rund 45 Prozent der ehemaligen Hauptschüler direkt in ein Ausbildungsverhältnis gegangen.
Der allergrößte Teil der Realschüler entscheidet sich anders: Hier haben nur 10,9 Prozent der Jugendlichen direkt eine betriebliche Ausbildung begonnen. Der Trend geht eindeutig zur gymnasialen Oberstufe: 48,7 Prozent der Realschulabsolventen sind dort eingestiegen, in Richtung Abitur.
Duale Ausbildung bei den Realschülern nicht sehr beliebt
Grundsätzlich, auch das verdeutlicht der Bericht, gibt es inzwischen vielfältige Einstiegsmöglichkeiten nach
der Schule. Duale oder schulische Ausbildungsgänge, Berufsfachschulen, berufsvorbereitende Maßnahmen und vieles mehr. „Das System ist sehr komplex“, meint auch Brita Russack. „Der Vorteil: Vieles ist möglich. Niemand landet in der Sackgasse.“ Von wenigen Ausnahmen abgesehen.
Ob der eingeschlagene Weg dann auch langfristig passt, steht auf einem anderen Blatt. Beim Übergang zwischen Schule und Beruf hilft in Mülheim das U25-Haus, dessen Team seit 2008 schon viele Jugendliche erfolgreich begleitet hat.