Mülheim. Das umstrittene Konzept, in Mülheim 30 Prozent im ÖPNV-Angebot zu kürzen, ist vom Tisch. CDU und Grüne machen nicht mit. Neue Ideen müssen her.

Das von Ruhrbahn und Stadtverwaltung vorgelegte ÖPNV-Sparpaket, mit dem 30 Prozent des Angebots und sieben Millionen Euro eingespart werden sollten, ist vom Tisch. CDU und Grüne sehen in dem Entwurf nicht einmal eine Diskussionsgrundlage. Sie beantragen für die anstehende Ratssitzung ein komplett neues Konzept, das Einsparungen nicht nur zulasten der Fahrgäste beinhalten soll.

Mit dem Antrag von CDU und Grünen ist das „Netz 23“ mit seinen Einschnitten insbesondere im Straßenbahnverkehr und bei den Takten schon wieder beerdigt. Vor zwei Wochen war es von der Stadtverwaltung veröffentlicht worden und hatte Bürger, Politik, die Gewerkschaft Verdi, Nachbarstädte und den Fahrgastverbund Pro Bahn in helle Aufregung versetzt.

CDU und Grüne fordern ein neues Konzept bis Ende der Sommerferien

Der Sturm der Entrüstung zeigt offensichtlich Wirkung bei den drei Parteien, die mit ihrem Haushaltsbeschluss Ende 2018 jene Einsparung von sieben Millionen Euro beschlossen sowie Verwaltung und Ruhrbahn aufgefordert hatten, zu dieser Vorgabe einen Umsetzungsvorschlag zu machen. Während die SPD-Fraktion am Dienstag den Entwurf mit fast 20 Anträgen torpedierte, gingen CDU und Grüne noch einen Schritt weiter: Sie sehen das Konzept reif für den Altpapiercontainer.

Mit ihrem Antrag für den Rat fordern sie, dass der Politik bis Ende der Sommerferien eine neue Konzeption präsentiert wird. Nicht nur am Angebot sei zu sparen. Geld sei auch zu holen durch Effizienzsteigerungen, Modernisierung, Personalkürzungen im Überbau oder gar durch Erweiterungen des Angebots, wenn sie zusätzliche Einnahmen versprächen. CDU und Grüne vermissen auch „innovative Strategien“, um den ÖPNV attraktiver zu machen, etwa On-Demand-Angebote (ÖPNV auf Bestellung). Auch sei im Konzept nichts zu ökologischen Antrieben zu lesen.

Parteien kritisieren „aufgeblähten Personalhaushalt im oberen Segment“

CDU und Grüne sind der Meinung, die Vorschläge von Ruhrbahn und Verwaltung entsprächen nicht dem „Geist des Ratsauftrages, im Haushalt der Ruhrbahn auf mannigfachen Feldern eine Summe von sieben Millionen Euro pro anno einzusparen“. Von jenen „mannigfachen Feldern“ ist im Etatbeschluss von 2018 indes nichts zu lesen. Kämmerer Frank Mendack hatte zum Etatbeschluss seinerzeit laut Protokoll noch unwidersprochen ausgeführt, dass sich der ÖPNV-Beschluss auf „Schienennetz und Busnetzplan“ beziehe.

Anderweitige Sparpläne, etwa zum „aufgeblähten Personalhaushalt im oberen Segment“, die CDU und Grüne nun aufrufen, wären ohnehin über den Aufsichtsrat der Ruhrbahn zu spielen. Und den dominieren die Essener Partner, die 75 Prozent der Anteile halten. Man solle jetzt nicht davor zurückschrecken, nur weil dicke Bretter zu bohren seien und man scheitern könne, so Grünen-Fraktionssprecher Tim Giesbert. Christina Küsters stellte für die CDU-Fraktion klar, dass man weiter zum Haushaltsbeschluss stehe. Es müssten aber auch Ideen fernab von Angebotskürzungen her.

Kämmerer: Wir werden der Politik einen neuen Vorschlag unterbreiten

Kämmerer Frank Mendack braucht bis 2023 eine strukturelle Einsparung von sieben Millionen Euro pro Jahr für den Haushaltsausgleich.
Kämmerer Frank Mendack braucht bis 2023 eine strukturelle Einsparung von sieben Millionen Euro pro Jahr für den Haushaltsausgleich. © FUNKE Foto Services | Tamara Ramos

Federführend für die Stadtverwaltung waren neben Verkehrsdezernent Peter Vermeulen Kämmerer Frank Mendack und Beteiligungsmanager Hendrik Dönnebrink in der Abstimmung mit der Ruhrbahn. Kämmerer Mendack sagte am Mittwoch zu dieser Zeitung: „Wir werden der Politik einen neuen Vorschlag unterbreiten, wenn das Konzept nicht mehrheitsfähig ist. Aber es wird Streichungen geben müssen.“

Verkehrsdezernent Peter Vermeulen äußerte sich ähnlich. Er verwies noch darauf, dass die Politik ja auch noch zum Schluss kommen könnte, zumindest einen Teil der sieben Millionen Euro anderswo im Haushalt einzusparen. Solche Bestrebungen sind bislang jedoch nicht zu vernehmen.

Bürgerversammlung am 13. Juni soll trotzdem stattfinden

Vermeulen will Henner Tilgner (CDU) als Vorsitzendem des Mobilitätsausschusses angesichts der neuen Lage vorschlagen, die Sondersitzung am 18. Juni abzusetzen. An der Bürgerversammlung am 13. Juni in der Stadthalle will der Dezernent aber festhalten. Es sei wichtig, die Bürger umfassend zu informieren und ihnen insbesondere auch wegen der „politischen Wirrungen“ die Möglichkeit einzuräumen, Fragen zu stellen.