Mülheim. Nachdem in dieser Woche massive Sparpläne für den Nahverkehr in Mülheim bekannt wurden, verschärft die Gewerkschaft Verdi ihre Gegenkampagne.
„Jetzt wird es ernst“: So beginnt eine aktuelle Mitteilung der Gewerkschaft Verdi, die am späten Mittwochabend verbreitet wurde. Nachdem am Dienstag massive Sparpläne für den Nahverkehr in Mülheim bekannt geworden sind, verschärft Verdi jetzt ihre Gegenkampagne unter dem Motto „Rettet den Mülheimer ÖPNV!“ Mit einer Demonstration am 13. Juni auf dem Mülheimer Rathausmarkt soll den „wirren Sparplänen aus dem Rathaus“ begegnet werden. Am selben Tag plant die Stadt eine öffentliche Info-Veranstaltung für Bürger.
Mehr als fünf Millionen allein beim Schienennetz sparen
Das am Dienstag publik gewordene Nahverkehrskonzept „Netz 23“ sieht unter anderem vor, dass die Straßenbahnlinien 104 und 901 auf Mülheimer Gebiet aufgegeben werden. Geprüft wird eine Verlängerung der U18 bis zur Hochschule Ruhr West.
Dadurch erhofft die Stadt sich Einsparungen von 5.175.000 Euro beim Schienennetz und 3.071.000 Euro im Busbetrieb, insgesamt also mehr als acht Millionen.
Es wird auf der anderen Seite aber auch Einnahmeverluste geben, weil Fahrgäste ausbleiben, gerechnet wird hier mit etwa einer Million Euro.
Rainer Sauer, zuständiger Gewerkschaftssekretär für den Bereich Verkehr im Bezirk Ruhr-West, erklärt: „Mit ihren wirren Plänen, den öffentlichen Nahverkehr in Mülheim ein für alle Male zerschlagen, kaputtsparen und ausdünnen zu wollen, gehen Politik und Verwaltung jetzt eindeutig zu weit.“ Natürlich müsse man an sinnvollen Stellen sparen, aber es dürfe keinen Kahlschlag im ÖPNV geben, auf den Hunderttausende Menschen tagtäglich angewiesen sind: „Wer hier spart, versetzt zugleich der Mülheimer Wirtschaft einen Dolchstoß“, sagt Sauer. „Wer investiert denn noch an einem Standort, an dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht wissen, wie sie morgens zur Arbeit kommen sollen?“
Betriebsrat nennt Sparpläne „unerträglich“
Auch Ahmet Avsar, Betriebsratsvorsitzender der Ruhrbahn, bezeichnet die aktuellen Sparpläne als „unerträglich“. Er erklärt als Vertreter der Belegschaft: „Wir haben die Fusion positiv begleitet, weil uns versprochen wurde, dass dadurch die Arbeitsplätze langfristig gesichert seien.“ Die Jobs bei der Ruhrbahn dürften jetzt nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Protest-Demonstration auf dem Rathausmarkt
Die von Verdi initiierte Protest-Demonstration beginnt am Donnerstag, 13. Juni, um 15 Uhr auf dem Rathausmarkt. Sie steht unter dem Motto: „Die Politik in Mülheim schafft Mülheim ab.“ Begleitet werden soll die Kundgebung von einer stadtweiten Plakataktion, in der elf Motive für den Erhalt eines zukunftsfähigen ÖPNV in Mülheim werben
Kampagne läuft seit 1. Mai
Die Kampagne von Gewerkschaft und Ruhrbahn-Betriebsrat gegen die Kürzungen bei Bus und Bahn wurde bei der Maikundgebung in Mülheim offiziell gestartet und wird seitdem mehrgleisig voran getrieben. Unter anderem wurde eine eigene Website zum Thema eingerichtet, eine Postkartenaktion an den Stadtrat initiiert, und auch bei der Eröffnung des neuen Teilstücks des Radschnellwegs haben Verdi-Vertreter und Bürger demonstriert.
Kürzungen von 30 Prozent in Mülheim
Das ganze Ausmaß der Sparpläne, das nicht nur die Gewerkschaft als „Kahlschlag“ bewertet, ist allerdings erst Anfang dieser Woche bekannt geworden. Das Konzept, genannt „Netz 23“, sieht vor, dass komplette Linien gekappt werden, der Takt ausgedünnt wird und etliche Haltestellen in Mülheim ersatzlos wegfallen. Um insgesamt 30 Prozent weniger, wenn man die Kilometerleistung betrachtet, soll die Ruhrbahn künftig in Mülheim unterwegs sein. Angepeilt sind, spätestens ab 2023, dauerhafte Einsparungen von rund sieben Millionen Euro pro Jahr.
Aktiv werden am Tag der Bürgerversammlung
Wie Verdi-Sekretär Rainer Sauer auf Anfrage erklärt, haben diese Neuigkeiten der Kampagne noch einmal einen Schub gegeben. Die Protestkundgebung am 13. Juni wurde absichtlich so terminiert, weil die Verwaltung am selben Tag zu einer Bürgerversammlung in Sachen ÖPNV einlädt. Sie soll um 18 Uhr in der Aula der Realschule Stadtmitte stattfinden. Am 18. Juni kommen Hauptausschuss und Mobilitätsausschuss zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, am 27. Juni findet die vielleicht entscheidende Ratssitzung statt. „Wir müssen etwas unternehmen, ehe die Weichen gestellt werden“, sagt Sauer. Weitere Protestpläne habe man schon in der Tasche...