Macht die Politik nun doch eine Rolle rückwärts beim angekündigten Sparprogramm für den ÖPNV? Im Mobilitätsausschuss hagelte es heftige Kritik.

Macht die Politik nun doch eine Rolle rückwärts beim angekündigten Sparprogramm für den ÖPNV? Im Mobilitätsausschuss hagelte es zumindest heftige Kritik an dem von der Ruhrbahn und der Verwaltung vorgelegten Plan. Werner Oesterwind (CDU) brachte es weitestgehend für alle Parteien auf den Punkt: „Ich bin verwundert und entsetzt: Wir haben damals nicht beschlossen, dass wir für 7 Millionen Euro Angebotskürzungen wollen. Ich vermisse moderne Konzepte wie Busse on demand.“

Wie die CDU plädierten auch SPD und Grüne im Ausschuss am Mittwochnachmittag für mehr Effizienz und weniger „Overhead-Kosten“, sprich einen Verwaltungsabbau, die in der Vorlage mit dem Untertitel „Harmonisierung des Liniennetzes“ aus ihrer Sicht kaum vorkommen. Angesichts der Kürzungen hegte die Politik erhebliche Zweifel an den kalkulierten Einnahmeverlusten von nur einer Millionen Euro. Daran aber hängt das Einsparungsziel im Wesentlichen.

Mehreinnahmen statt Streichungen

Daniel Mühlenfeld, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, forderte gar eine ganz andere Stoßrichtung um die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr zu senken: Eine reine Kürzungsorgie sei politisch gar nicht gewünscht gewesen, „der Ansatz der Ruhrbahn hätte auch sein können, wie man das Netz so aufstellen kann, dass man durch Attraktivität Mehrerlöse erzielt“. Mühlenfeld kündigte eine Reihe von Anträgen seiner Fraktion zur Vorlage an.

So stößt den Genossen wie auch den Grünen besonders auf, dass die U18 durch den Tunnel zwar bis zur Hochschule verlängert werden soll, allerdings laut Plan schon an der Königstraße endet – „das sind 500 Meter vor der HRW, die Studierende laufen müssten“, kritisierte Axel Hercher, es gebe dort auch keine Wendemöglichkeit für die Bahn. Er forderte daher die konsequente Verlängerung bis zur Haltestelle Hochschule.

Kunden-Umfrage: 88 Prozent wollen besseres Angebot

Die Ruhrbahn hat jüngst eine Online-Umfrage beendet, die unter anderem fragt, wie welche Maßnahmen sich Kunden aus Essen und Mülheim zur Verbesserung des ÖPNV wünschen. knapp 2000 Kunden haben daran teilgenommen.

Das Ergebnis ist eindeutig: Satte 88 Prozent wünschten sich ein besseres Angebot, 73 Prozent günstigere Tickets. Mehr Infos unter: www.ruhrbahn.de/muelheim/aktuelles/meldung/artikel/thema-mobilitaet-und-klimaschutz.html

Tunnel streichen oder fördern

Peter Beitz (FDP) hingegen will auf den „Kostentreiber Tunnel“, der erhebliche Infrastrukturkosten bedeute, komplett verzichten und oberirdisch fahren lassen. Der

FDP-Mann begrüßt das „scharfe Papier“ der Ruhrbahn, ist aber strikt gegen die Kappung der 102 ab Broicher Mitte: „Wie sollen Kinder ohne Auto zum Verein HTC Uhlenhorst kommen?“

Das politische Ringen um Kompromisse hat damit erst begonnen. Kämmerer Frank Mendack stellte jedoch schon zu Beginn der Diskussion klar, er werde darauf achten, dass die Sparziele erreicht werden. Und er wies darauf hin, dass der Mülheimer ÖPNV mit einem Defizit von 30 Millionen Euro im Städtevergleich deutlich teurer sei. „Wir können die Kosten im Sozialbereich nicht steuern, aber im ÖPNV.“

901 macht Druck

Planungsdezernent Peter Vermeulen mahnte zudem zu einem baldigen Beschluss, weil daran auch die Investitionen der Ruhrbahn hingen. Besonders dringlich ist dabei die Linie 901 nach Duisburg, die Mülheim dem Plan nach einsparen und durch eine Buslinie ersetzen will. 2,4 Millionen Euro soll ihr Wegfall bringen. Axel Hercher (Grüne) wies darauf hin, dass man den Vertrag mit Duisburg über diese Linie wohl noch vor den Sommerferien kündigen müsse.

Der teils heftige Bürgerprotest über den Spar-Vorschlag im Nahverkehr scheint dennoch politisch Wirkung zu zeigen. Denn unter Druck wollten sich weder CDU noch SPD und Grüne setzen lassen. Ein Beschluss könne erst nach ausgiebiger Diskussion mit den Bürgern und auch in den Fachausschüssen und Bezirksvertretungen gefällt werden. Mühlenfeld (SPD) kommentierte: „Es ist blauäugig zu glauben, dass man das mit einer Bürgerversammlung am 13.6. wird lösen können.“